Trotz einiger wirtschaftlichen Lockerungen in Deutschland gilt nach wie vor die soziale Isolation. Unsere LandesBloggerin berichtet in dieser Woche, was sie unternimmt, um in Zeiten von „Social Distancing“ durch Corona keine Langeweile aufkommen zu lassen.

Welcher Wochentag ist heute eigentlich? Wie viele Tage ist es her, dass ich mich „offline“ mit Freunden getroffen habe? Und wann war ich das letzte Mal auf einer Veranstaltung mit vielen Menschen, ohne mir um einen „Mindestabstand“ Gedanken zu machen?

Meinem Empfinden nach ist es ewig her. Die Ausgangsbeschränkung in Bayern, wo ich mich gerade befinde, gilt seit dem 21. März. Das sind mittlerweile knapp über 30 Tage. Ab heute greift in Bayern wie auch in allen anderen Bundesländern eine Maskenpflicht für den gesamten öffentlichen Verkehr und alle Geschäfte. Es gibt zwar schrittweise Lockerungen des wirtschaftlichen Lebens, so dürfen Bau- und Gartenmärkte, Gärtnereien und Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern wieder öffnen, allerdings steigt die Zahl der Infizierten weiter an. Das Oktoberfest im September ist abgesagt und so dürfte es noch eine ganze Weile dauern, bis wieder so etwas wie „Normalität“ einkehrt.

Durch die soziale Isolation und der daraus resultierenden freien Zeit ist jetzt ein guter Zeitpunkt, neue Dinge – natürlich im Rahmen der begrenzten Möglichkeiten – auszuprobieren. Und so begab ich mich auf die Suche nach einer neuen Aktivität. Ich durchforstete sämtliche Foren, die mit Titeln wie „Tipps gegen die Corona-Langeweile“ oder „Corona Blues – 10 Ideen gegen Langweile“ förmlich aus dem Boden zu sprießen scheinen. Viele der Vorschläge habe ich bereits gemacht, aber bei einem Thema wurde ich neugierig: Eine Brieffreundschaft beginnen. Brieffreundschaft? Gibt es sowas in 2020 überhaupt noch?

Auf der Suche nach einer Brieffreundschaft

Da ich mir Briefe schreiben als eine gelungene Abwechslung zur derzeitigen vermehrten Zeit vor dem Laptop vorstelle, entschied ich mich dafür, es auszuprobieren. Bei der Google-Suche nach einer passenden Webseite stieß ich als erstes auf die Seite www.brieffreunde.de, die einen vielversprechenden Eindruck macht und damit wirbt, Brieffreunde auf der ganzen Welt in den Sprachen Deutsch, Englisch, Italienisch, Polnisch und Tschechisch zu vermitteln. Ich legte mir ein kostenloses Profil an und nach genau elf Minuten erreichte mich die erste Nachricht. Eine 30-jährige Nutzerin aus Deutschland begrüßte mich auf der Webseite und fragte mich direkt, ob ich mit ihr eine Brieffreundschaft aufnehmen will.

Da ich eigentlich an einem deutsch-tschechischen Austausch interessiert bin, suchte ich erst mal weiter. Es gibt auf der Webseite zwar die Möglichkeit, potenzielle Brieffreunde je nach Land zu filtern, aber schnell wurde mir klar, dass keine aktiven Mitglieder aus Tschechien registriert sind. Die große Mehrheit kommt aus Deutschland. Vielleicht ist es einfach die falsche Webseite. Dann fand ich die Seite http://www.nj.cz/brieffreunde1.html, auf der mehrere Nutzer aus Tschechien eine Anzeige geschaltet haben, in denen sie nach deutschen Brieffreunden suchen. Das klang gut. Ich schrieb einer tschechischen Frau in meinem Alter eine E-Mail, erhielt aber keine Rückmeldung. Auf der Seite ist kein Datum vorhanden, deswegen kann es gut sein, dass die Anzeigen nicht mehr aktuell sind. Aufgeben kam nicht in Frage und deswegen registrierte ich mich auf einer dritten Seite namens Mylanguageexchange, die damit wirbt, Brieffreundschaften zum Sprachaustausch zu vermitteln. Nachdem ich mich registriert hatte und meine erste potenzielle tschechische Brieffreundin anschreiben wollte, wurde mir angezeigt, dass Nachrichtenschreiben  kostenpflichtig und nur für Premium-Mitglieder möglich ist. Wie schade. Auf dieser Webseite konnte ich zwar selbst niemanden anschreiben, aber ich gab in meinem Profil an, dass ich auf der Suche nach einem deutsch-tschechischen Austausch bin und hoffte, dass mich ein Premium-Mitglied anschreiben würde. Mich erreichten tatsächlich einige Nachrichten, allerdings von Nutzern aus den USA und Finnland, aus Tschechien war leider nichts dabei. Ab zur Post! Foto: Stephanie Bergwinkl

Mein Fazit – Habe ich einen Brieffreund gefunden?

Es ist also gar nicht so einfach, eine länderspezifische Brieffreundschaft, wie in meinem Fall deutsch-tschechisch, zu finden. Insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass es – auch in 2020 – durchaus Menschen gibt, die daran Interesse haben. Ich checkte nochmals meinen Posteingang der ersten Webseite brieffreunde.de und hatte mittlerweile vier weitere Anfragen von deutschen Nutzern bezüglich einer Brieffreundschaft. Ich entschied mich für eine sympathisch klingende Nachricht eines Nutzers aus Paderborn und kurze Zeit später erhielt ich die Adresse meines potenziellen Brieffreundes. Und dann machte ich mich endlich ans Schreiben, nachdem ich doch so viel Zeit mit der Suche verbracht hatte. Es war wirklich nicht einfach, einem fremden Menschen aus dem Nichts einen Brief zu schreiben, aber es ist eine gute Möglichkeit, über sein eigenes Leben und Umwelt zu reflektieren. Es entschleunigt und spätestens, wenn man den fertigen Brief in den Händen hält, hat man das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Man kann bei einer internationalen Brieffreundschaft einen Einblick in eine neue Kultur bekommen und eine Sprache üben, aber auch bei einem innerdeutschen Austausch vergeht einem mit Sicherheit jeglicher Corona-Blues.


Sie leben in Tschechien, sprechen Deutsch und sind an einer Brieffreundschaft mit unserer LandesBloggerin Stephanie interessiert? Dann schreiben Sie gerne eine Nachricht an praktikant@landesecho.cz!

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