Dank seiner Stahlbrücke als Filmkulisse ist Davle in der Welt berühmt geworden. / Foto: Jiří Bernard

Mit diesem Artikel starten wir eine kleine „Best-Of-Serie“ und zeigen Ihnen jeden Samstag Artikel aus unserem Archiv, die unsere Leserinnen und Leser besonders spannend fanden. Wir starten mit dem Artikel über die „Brücke von Remagen“ südlich von Prag: Mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen am 21. August 1968 wurden nicht nur die liberalen und demokratisierenden Reformen im Land unterbrochen, sondern auch die Dreharbeiten zu dem US-Blockbuster „Die Brücke von Remagen“ im Städtchen Davle südlich von Prag. 

Vorletztes Jahr wurde auf zahlreichen Veranstaltungen jeglicher Art des 100-jährigen Jahrestages der Gründung der Ersten Tschechoslowakischen Republik gedacht. Ebenso der einschneidenden Ereignisse des „Prager Frühlings“ vor über 50 Jahren. Mit dem Einmarsch sowjetischer Truppen am 21. August 1968 wurden damals aber nicht nur die liberalen und demokratisierenden Reformen im Land unterbrochen, sondern auch die Dreharbeiten zu dem US-Blockbuster „Die Brücke von Remagen“ im Städtchen Davle südlich von Prag. Da es sich laut der tschechoslowakischen Staatssicherheit angeblich um eine „konterrevolutionäre Aktion“ gehandelt habe. 

Amerikaner an der Moldau

Hollywood vom Zusammenfluss von Moldau und Sázava, im Staubereich der Talsperre Vrané, 21 Kilometer südlich von der tschechischen Hauptstadt, im Bezirk Prag-West befindet sich der kleine Ort Davle mit seinen 1685 Einwohnern. Mit ihren 141 Metern und drei Stahlkonstruktionsbögen auf drei Steinsäulen verbindet die dortige Fußgängerbrücke Davle mit dem Ortsteil Jílové auf der rechten Seite flussabwärts. Diese Brücke diente 1968 einem amerikanischen Filmteam als Kulisse für das Weltkriegsdrama „Die Brücke von Remagen“. 

Filmproduzent David L. Wolper hatte das tschechoslowakische Davle deshalb als Drehort gewählt, weil die dortige Stahlgitterbrücke über die Moldau der Ludendorff-Brücke über den Rhein bei Remagen wenigstens von Weitem glich. Jene war bereits 1945 als Folge schwerer Beschädigungen am Ende des Zweiten Weltkriegs eingestürzt. In Davle wurde sie für den Film als Kulisse wiederaufgebaut. Das idyllische Moldautal bot eine ideale Szenerie für das Drama. Waffen und Panzer für den Film stammten von der österreichischen Armee und aus dem Fundus des Prager Filmstudios Barrandov. Die Dreharbeiten begannen im März 1968. Die Brücke und Umgebung wurden für den Durchgangsverkehr gesperrt. Als Ersatz diente eine Dampffähre. Die heutige moderne Betonstraßenbrücke von 1991 gab es damals noch nicht. 

Das Filmteam bestand aus neunzig Amerikanern. Die rund 800 Statisten und Techniker kamen vorwiegend aus dem Ort selbst, aus Prag und der Umgebung. Regisseur John Guillermin und seine Filmcrew wollten das berühmte Drama um Remagen ins Bild setzen: den legendären ersten Rheinübergang durch Verbände der US Army im Zweiten Weltkrieg. Die Filmhandlung lehnte sich an den historischen Hintergrund an, schilderte aber nicht die tatsächlichen Geschehnisse vom März 1945.

Historische Brückenquerung durch die US Army bei Remagen im März 1945: die historische Grundlage des Films „Die Brücke von Remagen“. / Foto: Bundesarchiv, Bild 173-0422 / CC-BY-SA 3.0

So trafen sich dann in Davle Ost und West, Vergangenheit und Gegenwart. Wie im Film eben: Gespielte Schüler trugen die Uniformen der Hitlerjugend auch im Alltag, Passanten trafen während der Dreharbeiten auf eine abgekämpfte deutsche Infanteriekompanie. Eine Angestellte der Ortsverwaltung, die damals als Komparsin an den Massenszenen beteiligt war, erinnert sich, dass bei einer Explosion sogar ein Pferd in den Fluss gefallen sei. Es konnte gerettet werden, aber: „Die riskanten Trickaufnahmen wurden größtenteils mit hiesigen Stunt-Leuten gedreht, die mit ihren Leistungen großen Erfolg beim Drehstab hatten. Die Atmosphäre war authentisch“, kommentierte sie. „Es war ein überwältigendes Erlebnis für mich“, erzählt auch Vít Olmer, der damals einen deutschen Offizier spielte. „Ich traf so berühmte amerikanische Schauspieler wie Robert Vaughn, den ich aus dem Film ‚Die glorreichen Sieben‘ kannte. Und als dann im August sowjetische Panzer anrollten, schien uns ein wirklicher Krieg eingeholt zu haben“, fügte er hinzu.

Das vorzeitige Ende 

Schon mit Beginn der Dreharbeiten wurden durch die tschechoslowakische Polizei der Filmfundus durchforstet und die Dreharbeiten massiv behindert. Das verdächtige Filmteam aus dem Westen stand unter permanenter Beobachtung. Die Staatssicherheit befürchtete, die Dreharbeiten seien nur eine Tarnoperation des amerikanischen Geheimdienstes CIA und amerikanische Spione hätten sich als Schauspieler, Techniker und Touristen verkleidet, um Waffen und Panzer in die ČSSR einzuschleusen. 

Und dann kam der Einmarsch sowjetischer Truppen am 21. August 1968 in Prag, der den so hoffnungsvollen „Prager Frühling“ vollends zerschlagen sollte. Dieser hatte auch den Abbruch der Dreharbeiten zur Folge, obwohl der Streifen erst zu zwei Dritteln abgedreht war. Die Amerikaner drohten mit einer Konventionalstrafe. Zwar erhielt der amerikanische Drehstab dann noch die Erlaubnis, im September ein paar unerlässliche Szenen nachzudrehen. Trotzdem mussten die meisten Arbeiten verlegt werden – nach Deutschland und Italien. „Das ist sehr schade, denn die Amerikaner hatten die Absicht gehabt, hier noch weitere Filme zu drehen“, erinnert sich Olmer.

Trotz all der Schwierigkeiten wurde der Film ein großer Erfolg: Er kam im August 1969 in den USA, im November in der BRD in die Kinos, lief in den folgenden Jahren auch nochmal als Fernsehserie in Deutschland. Übrigens existiert auch noch eine gleichnamige deutsche Fernsehproduktion von 1967.

Im Davler Gasthaus „Remagen“ in direkter Brückennähe kann man noch heute historische Aufnahmen von Davle, seiner berühmten Brücke und auch den Dreharbeiten sehen.

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