Foto: Hausmeister hängt deutsche Fahne neber der tschechischen Fahne auf - Bild: LE/tra

Angela Merkel hat nach den Erfahrungen der vergangenen Woche mit Donald Trump die verbale Reißleine gezogen und Sätze gesagt, die aufhorchen lassen: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt.“ Und: „Europa muss sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen.“

Merkel neigt nicht zu solchen unmissverständlichen Aussagen. Sie ist gewöhnlich sehr viel vorsichtiger, sondiert, überlegt lange, konsultiert sich mit anderen. Ganz selten kommen dann am Ende auch wirklich harte Worte von ihr. Dass sie jetzt kein Blatt mehr vor den Mund nahm, hat viele Gründe. Vor allem scheint ihr Trump völlig beratungsresistent zu sein. Der schwadroniert wie in Wahlkampfzeiten und in seinem ersten Interview im Amt für die Zeitungen Bild und die Londoner Times noch immer darüber, dass die Europäer und vor allem die Deutschen Schuld an der schlechten Handelsbilanz der USA haben. „Die Deutschen sind böse, sehr böse“, soll er in Brüssel bei den EU-Oberen gesagt haben. Dass deutsche Autobauer in den USA Arbeitsplätze schaffen und BMW beispielsweise der größte US-Autoexporteur ist, geht Trump nicht in den Kopf. Das ist nur ein Beispiel von vielen.

Bei der Nato düpierte er die anderen Partner, warf ihnen vor, riesige Schulden in den USA zu haben (was es in der Nato überhaupt nicht gibt) und weigerte sich, ein klares Bekenntnis zum Bündnisfall abzugeben. Bündnisfall heißt: wenn ein Nato-Partner angegriffen wird, reagiert die Nato als Ganzes darauf. Prima Aussichten für die baltischen Länder oder auch für Tschechien. Sollte es Russland nach alten Einflusssphären gelüsten – wie beispielsweise bei der Krim – ist nicht klar, ob die Amerikaner unter Trump wegsehen werden. 

Angesichts dessen sind die eingangs zitierten Worte Merkels eigentlich verständlich. Wenn die USA den Schutzschild verweigern, müssen die Europäer selbst zusammenrücken. Das Problem, das es dabei gibt, beschrieb am Dienstag treffend die dänische Zeitung Jyllands Posten: „Das Besondere mit den Deutschen ist, dass sie Ärger bekommen, wenn sie die Führungsrolle übernehmen, und ebenfalls Ärger bekommen, wenn sie es nicht tun. … Deutschland verdient Anerkennung, wenn es sich weiter ins Geschirr legt. Die Bundesrepublik ist eine der solidesten Demokratien, die man sich denken kann. Wer sonst also sollte es tun?“

In Tschechien sehen das manche Leute auch so, aber es gibt eine geballte Macht, die schon bei dem Gedanken einer deutschen Führungsrolle die Krise bekommt. Da werden etwa vermeintlich zu deutschfreundliche Journalisten vom ODS-Europaabgeordneten Jan Zahradil auf Facebook des „rektalen Alpinismus“ gegenüber den Deutschen geziehen. Mit anderen Worten, diese Leute würden Merkel in den Hintern kriechen. Andere ODS-Mitglieder bekommen fast einen Herzkasper, weil diese Aussicht die schlimmste ist, die es geben könne. Erklärt Deutschland den USA jetzt etwa den Krieg, wird da ernsthaft gefragt. Ernsthaft kann man eine solche Frage eigentlich gar nicht stellen. Dazu ist sie schlichtweg zu blöd. Entschuldigung!

Hier verfängt einmal mehr die unselige jahrelange Gehirnwäsche eines Vaclav Klaus, der den Tschechen einredete, Deutschland gehe es immer nur um die Oberherrschaft, wenn nicht mit Panzern, dann mit seiner Wirtschaft. Selbst wenn es so wäre: Tschechien profitiert wie kein zweites Land Mittelosteuropas vom deutschen Wachstum. Kein anderes Land in dieser Region ist wirtschaftlich so eng mit Deutschland verbunden und kann darüber froh sein. Aber die Deutschland-Phobie ist stärker als jedes rationale Denken. Sorry, diese Leute sind genauso beratungsresistent wie Trump. 

Jetzt warte ich darauf, dass noch Präsident Miloš Zeman bei seinem aktuellen Besuch in der Provinz ein paar Bonmots über die verhassten Deutschen ablässt, bei denen sich seine Fans auf die Schenkel hauen. Das kommt mit Sicherheit – wenn nicht diejenigen recht haben sollten, die meinen, das Staatsoberhaupt sei gesundheitlich völlig überfordert und sollte sich seine neuerliche Kandidatur besser noch einmal überlegen. Aber wie ich Zeman kenne, wird er bis zum letzten Blutstropfen gegen zu viel Einfluss der Deutschen kämpfen. 

Wenn in der alten Bundesrepublik Kommunisten an den dortigen Zuständen Kritik übten, sagte man ihnen gern: „Dann geht doch rüber in die DDR!“ Ich vermeide einen solchen Spruch in Richtung der tschechischen Deutschen-Hasser. Wo sollte ich sie auch hinwünschen? Amerika ist weit weg. Aber wenn es ihnen gefällt – es gibt Flugzeuge und Schiffe Richtung USA. Gute Reise! 

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