Die Grenze zu Österreich bei Nikolsburg (Mikulov)/Ottenthal, Foto: ČTK/Odehnalová, Martina

Zuletzt hatte eine Aussage von Präsident Zeman zur Dauer der Grenzschließung für Verärgerung gesorgt. Doch selbst aus der Regierung kommen widersprüchliche Töne. An einem klaren Fahrplan zur Öffnung fehlt es bislang.

Tschechiens Präsident Miloš Zeman hält es für angebracht, dass die Grenzen Tschechiens noch für ein Jahr geschlossen bleiben. Die Aussage des Präsidenten fiel in einem Interview mit dem Radiosender Frekvence 1 und sie wurde sogleich von internationalen Medien übernommen. Die meldeten das so, dass es ausgemachte Sache sei, dass die Grenzen zu Tschechien noch ein Jahr geschlossen bleiben.

Darüber, wie lange die Grenzen zu Tschechien noch geschlossen bleiben, entscheidet aber nicht der Präsident, sondern die Regierung. Und diese Entscheidung ist so schwerwiegend, dass sie auch ganz sicher nicht beiläufig in einem Radiointerview verkündet wird.

Die Reaktionen in Tschechien auf die Aussage des Präsidenten waren zumindest auf politischer Ebene vergleichsweise zurückhaltend. Einige Oppositionspolitiker wiesen sie strikt zurück. Aber das war auch schon alles. Der Grund dürfte darin liegen, dass der Präsident in dieser Frage ohnehin keine Vollmachten hat. Trotzdem ist sein indirekter Einfluss groß und keinesfalls zu unterschätzen, zumal die Zustimmung für die geschlossenen Grenzen in der Bevölkerung je nach Umfrage überwältigend ist. Je nach Umfrage werden sie von 60 bis 70 Prozent der Befragten gutgeheißen.

Die Aussage des Präsidenten zur Grenzschließung ist aber nur die letzte in einer ganzen Reihe. Das Schweigen zumindest der Verantwortlichen konnte also auch daher rühren. Denn mit widersprüchlichen Aussagen hatten diese bereits vorher für Verwirrung gesorgt.

Wenige Wochen bis zwei Jahre

Als erster hatte der Vizegesundheitsminister und zwischenzeitliche Chef des Krisenstabs Roman Prymula die Bevölkerung darauf eingestimmt, dass die Grenzen noch sehr lange geschlossen bleiben könnten, möglicherweise sogar bis zu zwei Jahren. Später kamen weitere Wortmeldungen, die von einer längeren Dauer sprachen. In den letzten 1-2 Wochen änderte sich jedoch die Rhetorik fast um 180 Grad. Außenminister Tomáš Petříček sah in einem Interview keinen Grund, seine Urlaubspläne zu ändern und zeigte sich optimistisch, dass die Grenzbarrieren schon bald fallen. Auch Premierminister Andrej Babiš blies zuletzt ins gleiche Horn, dass zumindest in vom Coronavirus eher verschont gebliebene Länder wie Slowakei und Kroatien doch bereist werden dürfen. Das erklärt sich durch die Vorliebe der Tschechen für Kroatien. Spätestens seit der Jahrtausendwende sind die Tschechen in dem Balkanstaat im Sommer in ihrem zweiten Zuhause. Babiš wird also vor allem seine Wähler im Blick gehabt haben.

Dass solch widersprüchliche Aussagen eher schaden als nutzen, erkannte auch der Innenminister und jetzige Chef des Krisenstabs Jan Hamáček, der auf Twitter schrieb: „Es geht nicht, mal über die Grenzschließung für zwei Jahre und im nächsten Moment von Reisen nach Kroatien schon ab August zu sprechen. Das klingt nicht sehr professionell. Kein Wunder, dass uns die Menschen nicht ernst nehmen.“ Hamáček selbst fährt bislang eher einen sicherheitspolitischen Kurs, Restriktionen eher später als früher herunterzufahren. Früher als andere hatte er die Ausrufung des Notstands gefordert und letztendlich die Grenzschließung durchgesetzt. Er gehört auch eher zu jenen, die das Pendeln über die Grenze zur Arbeit erschweren wollen.

Erst Arbeit, dann Urlaub

Dabei wird Tschechien dieses Problem bald lösen müssen. Einigkeit herrscht darin, dass zunächst Reisen zur Arbeit oder klassische Dienstreisen wieder erleichtert werden und erst dann das touristische Reisen.

Der Druck, die Grenzen nicht noch lange geschlossen zu halten, wächst auch im Ausland. Dort hatte die Aussage Zemans, wie sie vermittelt wurde, fast für größeren Protest gesorgt. Der Alleingang Tschechiens, Schengen aufzukündigen, sorgt weiterhin für Unmut, auch wenn inzwischen fast alle europäischen Staaten ihre Grenzen mehr oder weniger geschlossen haben. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretzschmer äußerte sich in einem Interview mit der Tageszeitung „Welt“ enttäuscht von dem unabgestimmten Vorgehen Tschechiens. „Ich hätte mir ein anderes Vorgehen gewünscht.“

Seit Mitte März ist die Aus- und Einreise aus und nach Tschechien bis auf wenige Ausnahmen verboten. Inzwischen wurde das strikte Verbot gelockert. Seit Dienstag nach Ostern ist für Einwohner Tschechiens eine Ausreise aus triftigen Gründen wieder möglich. Für Ausländer bleibt die Einreise nach Tschechien bis auf wenige Ausnahmen jedoch weiterhin verboten.

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