Prag füllt sich wieder mit Leben. Foto: ČTK/Šimánek Vít

Die Infektionsstatistik entwickelt sich besser als erwartet. Gleichzeitig steigt der Druck aus der Wirtschaft. Ein Gerichtsurteil von heute gab den Rest. Jetzt öffnet in Tschechien alles früher als geplant.

Tschechiens Plan zum Ausstieg aus den Anti-Corona-Restriktionen ist gerade mal eine Woche alt, da wurde er schon überarbeitet. Unter dem Eindruck einer dauerhaft sinkenden Ansteckung mit dem Coronavirus zog das Kabinett von Premierminister Andrej Babiš auf ihrer Sitzung am Donnerstag die Öffnung von Einzelhandel und Dienstleistungsbetrieben um zwei bzw. vier Wochen vor. Gleichzeitig begegnete die Regierung der anhaltenden Kritik aus der Wirtschaft. Vor allem das Hotel- und Gaststättenwesen hatte sich bitter beklagt, als eine der letzten öffnen zu dürfen.

Nach dem neuen Plan gehen am kommenden Montag bereits wieder Fahrschulen und Fitnesszentren an den Start. In letzteren darf allerdings nach dem Sport noch nicht geduscht werden und auch die Garderoben bleiben geschlossen. Außerdem dürfen Zoos, Botanische Gärten und Bibliotheken ihre Tore wieder öffnen. Gottesdienste sind mit maximal 15 Personen erlaubt. Der größte Gewinner der Neuerung ist aber der Einzelhandel. Ab Montag dürfen Geschäfte mit bis zu 2.500 Quadratmeter öffnen. Zumindest die Geschäfte mit über 1.000 Quadratmeter Fläche wären erst am 8. Juni dran gewesen.

Alle Geschäfte mit über 2.500 Quadratmeter Fläche sowie sämtliche große Einkaufszentren gehen dann am 11. Mai wieder an den Start. Auch das ist immerhin noch zwei Wochen früher als bisher geplant.

Mit den Einkaufszentren folgen am 11. Mai bereits die Außenanlagen von Restaurants, Cafés, Bars usw. ohne Bedienung, Friseurläden, Massagesalons, Solarien, Fußpflegen und ähnliche Dienstleister. An diesem Tag öffnen auch Museen, Galerien und die Außenanlagen von Schlössern und Burgen sowie Freilichtmuseen und der Profisport kann unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Außenanlagen das Training wieder aufnehmen.

Komplette Öffnung bis Ende Mai

Die schrittweise Öffnung wird nach dem neuen Plan bereits am 25. Mai abgeschlossen, wenn als letztes Restaurants, Cafés und Bars wieder vollständig öffnen können. Auch für Hotels, Pensionen und Campingplätze geht der Betrieb wieder los, wie für alle Taxidienste, Kultur- und Sporteinrichtungen wie Theater, Schlösser, Burgen sowie entsprechende Veranstaltungen sowie die Innenräume von Zoos und botanischen Gärten. Auch Veranstaltungen wie Kinderfreizeiten oder touristische Aktionen sind unter bestimmten Bedingungen wieder erlaubt. Premier Andrej Babiš brachte außerdem staatliche Hilfen für den Tourismus ins Spiel. Demnach könnten der Urlaub im Inland sowie Kuraufenthalte staatlich gefördert werden.

Die Kabinettssitzung stand auch unter dem Eindruck des Prager Gerichtsurteils, das einige Maßnahmen wie Ausgehsperren und die Schließung vieler Einzelhändler gekippt hatte. Zwar ging es im Kern nur darum, dass diese Maßnahmen vom Gesundheitsministerium und nicht im Rahmen des Krisengesetzes erlassen wurden. Aber es war ein wichtiges Signal, dass solche Maßnahmen gut begründet sein müssen. In diesem Zusammenhang bekam auch die Debatte um eine Verlängerung des Notstands über Ende April hinaus neue Nahrung. Am Ende beschloss die Regierung, eine Verlängerung bis 25. Mai zu beantragen. Darüber soll das Parlament noch am Freitag entscheiden.

Noch offen war am Donnerstagabend das weitere Schicksal der Pendler. Für sie sollten Erleichterungen geschaffen werden. Eine entsprechender Beschluss sollte bereits am Montag gefällt werden. Danach wurde die Entscheidung immer wieder vertagt.

Nur noch wenig Ansteckungen

Indessen hat sich die Infektionsrate mit dem Coronavirus in Tschechien stark abgeschwächt. Innenminister Jan Hamáček berichtete einen Faktor von 0,74. Am Donnerstagabend waren 7.138 mit dem Virus infiziert. Damit ist sicher, dass auch das avisierte positive Ergebnis von 10.000 Infizierten bis Ende April noch unterschritten wird. Gleichzeitig schreitet die Genesung voran. An COVID-19 waren knapp 4.800 Personen erkrankt. In Krankenhäusern mussten nur um die 400 Menschen behandelt werden.

Am Donnerstag startete zudem eine breite Testkampagne, um Aufschluss über entwickelte Antikörper zu erhalten. Die Tests werden voraussichtlich bis Ende April in den am meisten betroffenen Regionen wie der Hauptstadt Prag, der südmährischen Metropole Brünn, in und um Olmütz (Olomouc) sowie in und um die nordböhmische Stadt Leitmeritz (Litoměřice) durchgeführt.

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