In Prag haben am Montag zahlreiche Menschen gegen die geplante Regierung aus ANO, SPD und Motoristen demonstriert. Die Kundgebung richtete sich vor allem gegen mögliche Gefährdungen demokratischer Institutionen und gegen die Rolle von Andrej Babiš. Prominente Gäste unterstützten den Aufruf, politische Verantwortung zu übernehmen und demokratische Grundwerte zu schützen.
Am frühen Montagabend füllte sich der Altstädter Ring zunehmend mit Demonstranten, die Flaggen Tschechiens, der EU, der Ukraine und der NATO mitbrachten. Die Initiative Milion chvilek pro demokracii (Eine Million Momente für die Demokratie), die seit Jahren für die Stärkung demokratischer Standards eintritt, stellte die Kundgebung unter das Motto „Tschechien steht nicht zum Verkauf“. Redner warnten vor einem Regierungsstil, der auf gegenseitiger Abhängigkeit und politischem Druck basieren könne, und riefen dazu auf, den Schutz unabhängiger Institutionen nicht dem politischen Zufall zu überlassen. Im Mittelpunkt vieler Reden stand die Forderung, mögliche Interessenkonflikte von ANO-Chef Andrej Babiš transparent und verbindlich zu klären.
Sorge um demokratische Institutionen
Vereinsmitbegründer Mikuláš Minář nannte vier Bereiche, die Milion chvilek künftig besonders beobachten will: öffentlich-rechtliche Medien, Justiz, Polizei sowie politische Interessenkonflikte. Sollten diese Grundlinien überschritten werden, wolle man erneut mobilisieren. Viele Plakate richteten sich direkt gegen Babiš und weitere mögliche Regierungsmitglieder. Gleichzeitig wurde Präsident Petr Pavel, der auf eine transparente Klärung der Eigentumsverhältnisse rund um die Agrofert-Holding pocht, mehrfach mit Beifall bedacht.
Mahnungen aus Politik und Kultur
Unter den Rednern waren neben ehemaligen Politikern auch Kulturschaffende und Wissenschaftler. Sie erinnerten an die Errungenschaften von 1989, betonten die Bedeutung europäischer Zusammenarbeit und warnten vor Angriffen auf die Zivilgesellschaft. Mehrere Beiträge beschäftigten sich mit den Folgen politischer Desinformation und der Verantwortung jedes Einzelnen, etwas für die Demokratie zu tun und sich stärker politisch zu engagieren. „Wir müssen mehr opfern. Nichts auf dieser Welt ist ohne Opfer entstanden“, erklärte der ehemalige Ministerpräsident und Senatspräsident Petr Pithart.
Anhänger der Initiative betonten, dass es sich nicht um eine Ablehnung des Wahlergebnisses handle, sondern um einen Appell, demokratische Regeln einzuhalten. Vertreter von ANO warfen Milion chvilek dagegen vor, in früheren Korruptionsaffären geschwiegen zu haben. Die Bewegung selbst entstand nach den Parlamentswahlen 2017 und machte durch Massenkundgebungen landesweit auf sich aufmerksam.
Am Montag beging Tschechien den Tag des Kampfes für die Demokratie und Freiheit. Der Feiertag bezieht sich sowohl auf den Beginn der Samtenen Revolution 1989 als auch auf die Schließung der tschechischen Hochschulen im Jahr 1939 durch die nationalsozialistischen Besatzer. Bei den Gedenken rund um den 17. November spielen immer auch demokratische Werte eine bedeutende Rolle.
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