Auf dem Gelände der russisch-orthodoxen Kirche in Karlsbad sollen geheime Treffen russischer Militärgeheimdienstagenten (GRU) stattgefunden haben. Das gab der tschechische Geheimdienst bekannt. Die Sicherheitskräfte wurden aufgrund ihrer Aktivitäten in der Kirche aufmerksam.

Bereits 2022 soll es zu mehreren Besuchen von GRU-Agenten in Karlsbad (Karlovy Vary) gekommen sein, die ins Visier des tschechischen Sicherheits- und Informationsdienstes (BIS) gerieten. Nach Angaben des Sicherheitsdienstes sollen russische Agenten bei ihren Treffen im Pfarrhaus der Kirche Anschläge gegen Tschechien und andere EU-Staaten geplant haben. „Ich nehme an, dass sie sich nicht nur mit der Kirche beschäftigen, sondern auch intensiv für den russischen Staat tätig sind“, kommentierte Außenminister Jan Lipavský (parteilos) die Vorwürfe. 

Russisch-Orthodoxe Kirche pflegt Verbindungen zum Kreml

Seit der Sowjetunion bestehe laut Jan Paďourek, dem leitenden Direktor der Abteilung für innere Sicherheit im Innenministerium, eine enge Zusammenarbeit zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und den Geheimdiensten. Die Pfarrgemeinde in Karlsbad sei dabei keine Ausnahme. Als sogenannter Hof des Moskauer Patriarchen Kirill gelte sie als eine Art Botschaft der russisch-orthodoxen Kirche. „Seine enge Zusammenarbeit mit der Russisch-Orthodoxen Kirche schafft ein ziemlich mächtiges und wertvolles Einflussinstrument mit großer Reichweite, mit dem er Kontrolle über die Gemeinschaft der Gläubigen ausüben kann“, erklärte BIS-Direktor Michal Koudelka.

Auch der tschechisch-orthodoxe Priester Rafael Moravský hält die Verbindungen der russisch-orthodoxen Kirche für problematisch. Er bezeichnet die Institution als einen verlängerten Arm des Kreml. „Sie machen den Menschen Angst mit der Vorstellung, dass man nicht gerettet werden kann, wenn man nicht prorussisch ist und sich nicht gegen die westliche Zivilisation stellt, weil man dann automatisch auf der Seite Satans steht“, so Moravský.

Ähnliche Fälle in Europa

Dem Leiter der russisch-orthodoxen Kirche in Tschechien, Erzbischof Nikolai Lischtschenjuk, wurde die unbefristete Aufenthaltserlaubnis entzogen und er wurde aus Tschechien ausgewiesen. Seit 2007 war er im Pfarramt in Karlsbad tätig und gilt als loyaler Mitarbeiter der Russischen Föderation, der Propaganda gegen die Ukraine und den Westen verbreitete. Das gab der Historiker und Abgeordnete Adam Klsák (KOA) bekannt.  

Tschechien ist nicht das erste Land, das auf Verdächtigungen gegen die russisch-orthodoxe Kirche reagiert. Auch in anderen Ländern Europas standen deren Vertreter bereits im Visier der Sicherheitsdienste. Im September 2023 wurden beispielsweise drei Geistliche aus Bulgarien ausgewiesen. Laut BIS-Direktor Koudelka waren sie aktiv an hybriden Aktivitäten beteiligt, um den russischen Einfluss auszuweiten und die geopolitischen Interessen der Russischen Föderation zu wahren.

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