Das historische Zentrum Prags zwischen Wenzelsplatz, Karlsbrücke und Prager Burg ist voll von überteuerten Souvenirläden mit allerhand Ramsch und Andenken, die mit Prag und Tschechien wenig bis nichts zu tun haben. Wechselstuben tricksen mit dubiosen Wechselkursen oder versteckten Gebühren. Auch von „visuellem Smog“ in der Prager Altstadt ist die Rede. Schon lange möchte die Stadt dagegen vorgehen.
„Prag den Pragern“
„In der Stadt wird es keinen Touristenkitsch und andere Scheußlichkeiten mehr geben“, äußerte sich der Prager Oberbürgermeister Zdeněk Hřib (Piraten) Mitte Januar auf seinem offiziellen Facebook-Profil. Die Mitteilung enthält ein Foto, auf dem Hřib vor Matrjoschkas posiert, den bunt bemalten, schachtelbaren russischen Holzpuppen, die nahezu in jedem Souvenirladen im Prager Zentrum angeboten werden. In Prag werden sie oft einfach nur „babušky“ genannt, Russisch für „Omas“. In dem Beitrag auf Facebook spricht sich Hřib gegen den Verkauf derartiger Souvenirs im historischen Zentrum aus und erklärt, wie die Situation geändert werden könnte. Und zwar solle bei den Auswahlverfahren bezüglich der Vermietung von Verkaufsräumen durch die Stadt Prag künftig auch berücksichtigt werden, welchen Nutzen das Mietverhältnis für Prag bringt. „Die Bedingungen zukünftiger Mietverträge sehen vor, dass die Räumlichkeiten nicht als Diskotheken, Wechselstuben, Glücksspielclubs, Buchmacher- oder Souvenirläden genutzt werden dürfen, wenn sie nicht der Prager oder tschechischen Traditionen entsprechen“, so Hřib auf Facebook.
In einer Pressemitteilung gab der Magistrat die neuen Regeln bei der Bewertung von Angeboten aus Ausschreibungen bekannt. Demnach solle der Preis eine Gewichtung von 60 Prozent, der Zweck 30 Prozent und zehn Prozent die Erfahrung des Mieters ausmachen. Es werde auch bewertet, wie der Mietvertrag den Pragern und der Entwicklung des Territoriums zugutekommt, ob der beabsichtigte Betrieb am Standort erforderlich ist, wie lange die Mietdauer ist und welche Investitionen der Betreiber in städtische Immobilienpläne tätigt. „Schritt für Schritt bringen wir den Pragern Prag zurück“, schrieb Oberbürgermeister Hřib auf Facebook über die Pläne und dankte Stadtrat Jan Chabr (Vereinte Kräfte für Prag, TOP 09), der sich in diesem Bereich besonders stark einsetze. Auch gegen „visuellen Smog“ möchte der Magistrat vorgehen. So wird die „Verschmutzung“ des öffentlichen Raumes durch – meist aggressiv leuchtende – Werbung bezeichnet.
Kampf gegen Windmühlen
Neu ist die Idee, den Verkauf von geschmacklosen Souvenirs, russischen Matrjoschkas und sowjetischen Devotionalien, wie etwa Tassen mit Stalin-Konterfei oder Fellmützen mit Hammer und Sichel, zu beschränken, allerdings nicht. Bereits Anfang letzten Jahres kündigte Stadtrat Jan Chabr eine breitangelegte Initiative an. Der Stadtrat ließ eine Revision der Mietverträge, die die Händler als Untermieter mit der kommunalen Firma Trade Centre Praha geschlossen hatten, ausarbeiten und wies die Kündigung ausgewählter Verträge an. Gefördert werden sollten in Zukunft vor allem tschechisches Kunsthandwerk und Souvenirläden mit Waren aus tschechischer Produktion, wie etwa böhmisches Glas. Geändert hat sich bislang allerdings nur wenig. Schon oft wurde das Ende von russischen Souvenirs in Prag ausgerufen. Inwiefern die neuen Maßnahmen ihre Wirkung zeigen, bleibt abzuwarten. Unumstritten sind die Maßnahmen zudem nicht, in der Vergangenheit musste Chabr sich öfter gegen den Vorwurf erwehren, er würde in das freie Unternehmertum eingreifen wollen.
Auch Wechselstuben im Visier
Von den neuen Regelungen betroffen wären auch Wechselstuben im Prager Zentrum. Diese sind berüchtigt für schlechte Umrechnungskurse, Tricksereien und versteckte Gebühren. Schon lange versucht Prag gegen die Touristenfallen vorzugehen, mit mäßigem Erfolg. Seit ca. zwei Jahren gibt es bereits ein Gesetz, nach dem die Wechselstuben bis zu drei Stunden nach der Transaktion das Geld zurücktauschen müssen, wenn Kunden sich beschweren. Verdeckte Recherchen im tschechischen Privatfernsehen haben aber gezeigt, dass manche Wechselstuben sich weigern, das Geld zurückzunehmen. Einige Wechselstuben, wie eine für Tricksereien bekannte Wechselstube in der Železná-Straße, mussten letztes Jahr bereits schließen.
„Souvenirs“ sorgten für diplomatischen Wirbel
Wie umstritten die Situation mit Souvenirs in Prag ist, zeigte auch ein Vorfall im letzten November. Damals wurde in sozialen Medien ein Foto publik, das einen Prager Souvenirladen mit Hitler-Masken im Angebot zeigte. Der Deutsche Botschafter in Prag, Christoph Israng, äußerte sich empört auf Twitter: „Die Tschechen haben so unter den Nationalsozialisten gelitten. Warum wird solcher Schund mitten in Prag verkauft?“ Kurz darauf gab die Prager Stadtverwaltung bekannt, dass der Mietvertrag mit dem betroffenen Geschäft gekündigt werden soll.