Tomáš Garrigue Masaryk – erster Präsident der Tschechoslowakei und Symbol für demokratische Werte und humanistisches Denken.
Tomáš Garrigue Masaryk – erster Präsident der Tschechoslowakei und Symbol für demokratische Werte und humanistisches Denken. Credit: Československá obec legionářská

Vergangene Woche wurde der komplette Wortlaut der Nachricht des ehemaligen tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk, die er vor seinem Tod seinem Sohn Jan diktierte, veröffentlicht. LandesEcho präsentiert nun eine vollständige deutsche Übersetzung.

Der Umschlag, den Jan Masaryks persönlicher Sekretär 2005 dem Nationalarchiv übergab, mit der Anweisung, ihn erst nach 20 Jahren zu öffnen, enthielt einen älteren Umschlag mit drei Blättern, insgesamt fünf Seiten Text, überwiegend in englischer Sprache.

Experten zufolge stammt die Nachricht bereits aus dem Jahr 1934, als Tomáš Garrigue Masaryk glaubte, er würde sterben. An seinem Bett im Schloss Lahn (Lány) hatten sich seine engsten Vertrauten, darunter seine Familie und der damalige Außenminister Edvard Beneš, versammelt. Beneš galt als Masaryks Nachfolger, die Botschaft galt also vermutlich vor allem ihm. Masaryks Gedanken wurden von seinem Sohn Jan aufgezeichnet. Masaryk starb erst drei Jahre später, im September 1937, es handelt sich also weder um ein Testament noch um seine tatsächlichen letzten Worte.

Der geheimnisvolle Umschlag, der Masaryks „letzte Worte“ enthalten sollte, wurde am 19. September 2025 im Schloss Lahn (Lány) geöffnet. Foto: Národní Archiv

Die lange Reise eines Umschlags

Masaryk reflektiert in den Aufzeichnungen über seine Krankheit, über die Arbeit an der Republik, über sein Begräbnis und über Persönlichkeiten seiner Zeit. Daneben äußert er sich auch zur Nationalitätenpolitik der damaligen Tschechoslowakei, wobei er vor allem auch die Deutschen anspricht, die mit mehr als drei Millionen Angehörigen die größte nationale Minderheit im Land stellten. Dabei enthalten Masaryks Äußerungen überraschend scharfe Urteile.

Seit den 1930er Jahren wechselte der Umschlag mehrmals seinen Standort. Bis 1948 befand er sich wahrscheinlich im Besitz des Sohnes des Präsidenten und tschechoslowakischen Außenministers Jan Masaryk. Nach dessen Tod wurde das Dokument heimlich ins Exil nach Schottland gebracht und befand sich später auch in Frankreich. In den 1990er Jahren begann dann die Rückführung von Masaryks Nachlass nach Tschechien.

Am vergangenen Mittwoch, den 15. Oktober 2025, wurde der vollständige Inhalt von Masaryks Botschaft veröffentlicht. Nach der ersten Öffnung des Umschlags Mitte September waren nur Ausschnitte bekannt geworden. Mit freundlicher Genehmigung des tschechischen Nationalarchivs lesen Sie nachfolgend eine deutsche Übersetzung des kompletten Wortlauts:


Ich bin krank – schwer krank –

es ist das Ende – aber ich habe

keine Angst –

Ihr setzt die Arbeit fort – Ihr wisst

wie – Ihr müsst vorsichtig sein.

Vorsicht – aber Ihr wisst, wie Ihr

Euch zu benehmen habt – also muss ich

nichts weiter sagen – ich bin ganz

nutzlos /(durchgestrichene Buchstaben) schon(?)/ – ganz nutzlos

Die Ungarn – werdet einige los

– sonst wird es keinen Frieden geben –

600.000 – genug

Die Deutschen sollen bei uns bleiben – sie sind

merkwürdige Leute – gebt ihnen alles, was sie

verdienen, nicht mehr

Hlinka ist dumm – einmal machte er

einen Fehler mit den Magyaren, wir müssen

ihm verzeihen.

Ich muss meine Angelegenheiten bzgl. meines Todes regeln –

sie werden ein großes Begräbnis machen –

erster Präsident und all dieser Unsinn

warum sich lustig machen, denn ich war

so dumm wie die anderen – aber sie werden

ein Begräbnis machen –

Einige Leute werden in Ordnung sein – wir

haben alle richtigen Leute – es wird

in Ordnung sein –

Wenn Ihr ruhig bleibt –

wenn die Neger(?) –

wenn Menschen unterdrückt werden

halten sie es nicht aus, aber wenn

Ihr sagt, dass sie nicht länger

unterdrückt sind, sondern ihnen

den Portier gemacht(?) habt, dann sind sie zufrieden

(er) hat (eine) Uniform und dient bis

zur Erschöpfung – die ganze Philosophie

unserer Politik – die Tschechen sind praktische

Arbeiter – aber sie stehlen. Die Deutschen

haben eine Art Ehrlichkeit, aber sie stehlen

mehr als wir.

Aber lass es sein – Du weißt

mein lieber Freund – die Leute sind

dumm, die Tschechen mögen Begräbnisse

am liebsten haben sie ein Begräbnis, also

sollen sie es haben

Der erste sogenannte erste Präsident, Ihr könnt ihn benutzen

und verkaufen – macht es – denn

der erste Präsident sie werden denken,

dass er Hahnenmilch getrunken hat –

wenn Menschen ungebildet und

dumm sind – kann man nicht viel machen

Die Menschen fürchten den Tod, aber er ist nichts –

Furchtbares – Ihr müsst nur neue

Kleider kaufen, das ist alles ein

vor allem ein Begräbnis –

sie haben(?) /oder lieben/ ein Begräbnis, sofort

wenn sie das Begräbnis beendet haben

so salben sie sich – und

sie sind wieder glücklich –

Du musst etwa 3 Arbeiten bleiben (?)/

Die Leute mögen es, dumm zu sein –

macht es ihnen nicht leicht

streitet und streitet und dann

Krofta ist in Ordnung

Quelle: Národní archiv, fond Masaryk Jan, Dr. h. c.


Die Öffentlichkeit kann Masaryks Botschaft vom Dienstag, den 21. Oktober, bis Freitag, den 24. Oktober, täglich von 10 bis 18 Uhr im Ausstellungssaal des Nationalarchivs in Prag besichtigen. Mehr auf der Website des Nationalarchivs.

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