Gregor Mendel. Foto: Wikimedia Commons/ gemeinfrei

Am 20. Juli dieses Jahres jährt sich zum 200. Mal der Geburtstag des Brünner Augustinermönchs und Begründers der modernen Genetik Gregor Mendel.

Durch seine Kreuzungsexperimente mit Erbsen im Brünner Klostergarten und die nach ihm benannten Vererbungsregeln legte der Abt von St. Thomas in Alt Brünn (Staré Brno) eine wichtige Grundlage für die Vererbungslehre und gilt als Vater der modernen Genetik. Sehr anschaulich kann man sich vorstellen, wie Mendel in seinem idyllischen Garten arbeitet und sich geduldig um seine Erbsenpflanzen kümmert, mit wissenschaftlicher Präzision seine Pflanzen zählt, die Verteilung ihrer Merkmale berechnet, seine Einsichten zu Papier bringt und von ihnen berichtet. Lange wurde seine Arbeit in Fachkreisen zwar wahrgenommen, aber nicht wirklich verstanden. Mendel war das wohl bewusst und kommentierte dies mit dem berühmten Ausspruch: „Meine Zeit wird schon kommen!“ Erst um die Jahrhundertwende wurde er als Forscher wiederentdeckt.

Mit seinen Entdeckungen bereitete Mendel die Forschungsbasis für weitere grundlegende Erkenntnisse im 20. Jahrhundert, so z. B. dass sich die vererbbaren Eigenschaften in den Genen befinden, welche wiederum auf den Chromosomen platziert sind. Und dass die Informationen der Gene im DNS-Molekül verpackt sind. Schließlich konnte sogar der Code der DNS entschlüsselt werden. Für die Medizin haben sich damit völlig neue Möglichkeiten der Behandlung genetischer Erkrankungen eröffnet, aber auch neue ethische Verantwortlichkeiten sowie Gefahren ergeben, wenn man beispielsweise an eugenische und sozialdarwinistische Tendenzen denkt.

Forschen unter idealen Bedingungen

Mendels Forscher-Laufbahn schien zunächst nicht vorbestimmt. Geboren wurde er 1822 in Heinzendorf (Hynčice) bei Odrau (Odry) im damaligen Österreichisch-Schlesien. Mit zwei Schwestern wuchs er auf dem Bauernhof seiner Eltern in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Studium der Philosophie konnte er aufgrund seiner prekären Lebenssituation nicht abschließen. So trat er schließlich 1843 in das Augustinerkloster in Brünn ein und wurde 1847 nach seinem Theologiestudium zum Priester geweiht. Zusätzlich absolvierte er Vorlesungen über die Zucht von Obstbäumen und Weinbau und erwarb so erste Kenntnisse über das Kreuzen von Pflanzen, was für seine Experimente noch von Bedeutung sein sollte. Im Grunde war sein Forschungsumfeld ideal. Die Augustiner maßen der Forschung eine große Bedeutung zu, noch größer als dem Gebet. Im Österreich des 19. Jahrhunderts wurde der Wissenschaft ein hoher Stellenwert eingeräumt und auch Brünn selbst war in dieser Hinsicht eine aufgeschlossene und fortschrittsorientierte Stadt.1865 präsentierte Mendel seine Forschungsergebnisse im Naturforschenden Verein in Brünn, ein Jahr später veröffentlichte er seine Arbeit in dessen Mitteilungen. Die Resonanz war allerdings verhalten. Auch nach seiner Wahl 1867 zum Abt des Stiftes St. Thomas blieb er seinen wissenschaftlichen Ambitionen treu. Er engagierte sich in der Meteorologischen Gesellschaft und wurde 1869 Vizepräsident des Naturforschenden Vereins Brünn. Am 6. Januar 1884 verstarb Mendel infolge eines Nierenleidens. Tragischerweise wurden seine persönlichen und wissenschaftlichen Aufzeichnungen verbrannt, an der Stelle im Innenhof des Klosters, an dem einst sein Gewächshaus stand. Niemand schien an den Papieren ein besonderes Interesse zu haben. Und auch diese Begebenheit bestätigt, dass Mendels Größe zu Lebzeiten nicht erkannt wurde und ihm die gebührende Anerkennung verwehrt blieb.

Am Thomas-Kloster in Alt Brünn legte Mendel die Grundlagen für die moderne Genetik. Heute befi ndet sich hier auch ein Mendel-Museum. Foto: Wikimedia Commons/ SchiDD (CC BY-SA 4.0)

Am Thomas-Kloster in Alt Brünn legte Mendel die Grundlagen für die moderne Genetik. Heute befi ndet sich hier auch ein Mendel-Museum. Foto: Wikimedia Commons/ SchiDD (CC BY-SA 4.0)

Späte Ehrung

In der Tschechoslowakei der Nachkriegszeit war Mendel in Vergessenheit geraten, widersprach seine Herkunft aus einer deutschsprachigen Familie und sein Wirken als Kleriker den kommunistischen Idealvorstellungen. Und seine Vererbungslehre wurde als „bürgerlich“ diffamiert. Die 1910 zu seinen Ehren am Mendelplatz aufgestellte Statue wurde 1950 in einen Hinterhof des Klosters verbannt, erst 1964 auf Druck von Wissenschaftlern in den zugänglicheren der beiden Klosterhöfe aufgestellt. Nach 1989 wollte man die Statue wieder am ursprünglichen Ort, dem Mendelplatz, aufstellen; der war aber so heruntergekommen, dass man beschloss, die Statue im Kloster zu belassen.

Doch die Zeiten haben sich geändert und heute ehrt die Stadt Brünn im Gedenkjahr ihren großen Sohn mit einem vielfältigen Jahresprogramm. So wurde im April dieses Jahres bereits ein Spazierweg mit 17 Stationen zu den wichtigsten Ereignissen in Mendels Leben und Wirken der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein weiterer Höhepunkt wird das Mendel-Festival sein, das vom 17. bis 24. Juli 2022 stattfindet und unter anderem mit einem Programm für die ganze Familie wirbt.

Mehr unter: www.mendel.brno.cz oder www.mendelje.cz


Dieser Beitrag erschien zuerst in der LandesECHO-Printausgabe vom Juli 2022.

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