Foto: Gruppenfoto der Spieler - Bild: DFC Prag

Der 2016 neugegründete DFC Prag absolvierte am vorletzten Wochenende sein erstes Spiel gegen eine Auswahl der Slavia Prag-Freunde. Mit im DFC-Team kickten die LandesEcho-Praktikanten Felix und Patrik. Mit freundlicher Genehmigung veröffentlichen wir den Spielbericht von Felix‘ Heimatverein SV Dessau 05 als Gastbeitrag.

Zilke schreibt Geschichte

Im Schatten der über 20.000 Zuschauer fassenden Eden Aréna zu Prag lief gerade die 77. Spielminute im Duell gegen den alten Rivalen und mehrfachen tschechischen Meister SK Slavia. Patrik Schumacher führte den Anstoß aus und Felix Zilke, der Mittelfeldmotor aus dem Schillerpark, bewies einmal mehr, dass er auf dem Platz ein Schlitzohr ist. Zilke hatte im Augenwinkel genau beobachtet, dass Slavias Schlussmann ein paar Meter zu weit vor seinem Kasten stand, hat aus dem Mittelkreis einfach mal Maß genommen und den Ball unhaltbar im gegnerischen Tor untergebracht. Zilke hatte für seinen „Leihclub“, dem DFC Prag, das 1:10 im traditionsreichen Stadtderby gegen Slavia Prag erzielt. Ein sicherlich unbeutendes Tor in einem Spiel, dass der haushohe Favorit am Ende mit 3:13 für sich entscheiden konnte. Doch blickt man auf die Historie beider Vereine zurück, erzielte der 22-Jährige Dessauer einen Treffer für die Geschichtsbücher.

Der Deutsche Fußball-Club Prag, wie der DFC mit vollen Namen heißt, zählte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den besten Fußballmanschaften Europas. Am 31. Mai 1903 standen sich in Hamburg-Altona der spätere deutsche Meister VfB Leipzig und eben jener DFC im erstmals ausgetragenen Finale um die deutsche Meisterschaft gegenüber. Zwar konnten sich die Leipziger mit 7:2 recht deutlich gegen Prag durchsetzen. Dennoch steht der DFC Prag seither als erster Vizemeister in der Geschichte des DFB.

Bereits im Mai 1896 wurde der Verein von deutsch-tschechischen Juden in Prag gedründet. Das erste offizielle Spiel wurde aber erst ein Jahr später gegen den Studentenclub SK Slavia Prag ausgetragen. Obwohl territorial dem damaligen Österreich-Ungarn angehörend, durfte der junge Verein an der deutschen Fußballmeisterschaft teilnehmen. Der DFB suchte zu jener Zeit Mitglieder für seinen Spielbetrieb und erlaubte den deutschen Teams aus dem Nachbarland die Teilnahme an der Meisterschaft. Der DFC Prag gehörte damit im Januar 1900 zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Fußballbundes. Jedoch endete vorerst die Geschichte des DFC im Jahr 1939, noch vor Ausbruch des 2. Weltkrieges. Als „jüdischer Verein“ wurde der Fußballclub verboten und löste sich in der Folge auf.

Am 9. Juni 2016 wurde der DFC Prag im Hybernia Theater neu gegründet und steht laut seiner Satzung in der Traditionslinie seines berühmten Vorgängers von 1896. In enger Kooperation mit den drei deutschen Schulen in der tschechischen Hauptstadt, gilt die volle Konzentration des Vereins derzeit der Nachwuchsförderung. Eine Erwachsenenabteilung ist aber in Planung.

Zum Jahrestag der Neugründung, sowie des ersten offiziellen Spiels im Jahre 1897, traf am vergangen Sonntag eine Delegation des DFC Prag auf ein von Ex-Profi Pavel Řehák angeführtes Allstar-Team des SK Slavia Prag. Da es dem Deutschen Fußball-Club derzeit noch an einer Herrenmannschaft mangelt, rekrutierte Vorstandsmitglied Thomas Oellermann kurzerhand eine wettkampffähige Mannschaft aus Mitarbeitern von deutsch-tschechischen Einrichtungen in Prag. Darunter befand sich auch Nullfünfer Felix Zilke, der im Rahmen seines Studiums aktuell ein Praxissemester in der goldenen Stadt absolviert. Und eben jener Zilke erzielte das erste Tor in der neuen Geschichte des DFC Prag.

„So ein schöner Treffer und dann auch noch der Erste seit der Neugründung des Vereins. Vielleicht wird man irgendwann mal auf jenes Spiel zurückblicken und sich an dieses Tor erinnern. Das macht mich natürlich schon ein wenig stolz“, kommentierte der bald in den Schillerpark zurückkehrende Zilke seinen wahrscheinlich historischen Volltreffer.

Dieser Artikel erschien zuerst auf SV Dessau 05. Wir danken für die freundliche Genehmigung zum Abdruck auf LandesEcho.cz.

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