Um kurz vor halb drei am 30. Mai, füllte sich der Saal im Prager Musikmuseum. Anlass war das tschechische Landesfinale von „Jugend debattiert international“. Vier Schüler diskutierten auf Deutsch und wurden dabei von einer Jury beurteilt. Die beiden Besten dürfen dann im Oktober ihr Land beim internationalen Finale in Budapest vertreten.
„Ich bin ziemlich glücklich, dass ich in das Finale komme, das war mein Traum.“, sagte Jiří Štráberger. Er hat es geschafft und zieht als Zweitbester nach Budapest. Ruhiger zeigte sich der Gewinner David Gerasimov: „Um ehrlich zu sein, habe ich nicht erwartet zu gewinnen, deshalb bin ich noch nicht so euphorisch.“ Zum 15. Mal entsendet Tschechien damit Kandidaten zum Finale des Wettbewerbs, wo sie auf Schüler aus elf weiteren Ländern treffen.
Das circa zweistündige Programm des Landesfinales wurde mit Grußworten der Ehrengäste eröffnet. Unter anderem sprach der deutsche Botschafter Christoph Israng. Er betonte: „Demokratie braucht eine freie, faire Debatte.“ Auch in den anderen Reden von Ladislav Bánovec vom tschechischen Ministerium für Schulwesen, Jugend und Sport, Tomáš Jelinek, Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und Wanja Hargens von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ wurde die Wichtigkeit des Debattierens für eine Demokratie hervorgehoben. Ebenso wie das kritische Denken.
In nur 24 Minuten haben sich die beiden 18-jährigen, frisch gebackenen Abiturienten Gerasimov und Štráberger in einer Diskussion gegen Otto Eden (3. Platz) und Amálie Evgenieva (4. Platz) durchgesetzt. Die Debattierfrage war: „Sollen Abgeordnete jederzeit geheim abstimmen dürfen?“
Wie die beiden Gewinner erzählten, waren sie anfangs nicht so begeistert von der Frage. „Als wir das Thema in der Schule hatten, hatten wir keine Ideen was man auf der Pro-Seite sagen kann. Aber nach dem Expertengespräch, bei dem wir auch viele Fragen gestellt haben, ist das Bild ein bisschen klarer geworden und im Endeffekt bin ich zufrieden mit dem Thema.“, erzählte Gerasimov. Vor dem Wettbewerb, hielt ein Experte den Diskutanten einen Vortrag über das Diskussionsthema und gab ihnen die Möglichkeit Nachfragen zu stellen.
Bei Jugend debattiert international, wird ausgelost, welcher Schüler welche Position vertritt. Eden und Štráberger mussten sich im Landesfinale für eine geheime Abstimmung von Abgeordneten aussprechen, während Gerasimov und Evgenieva auf der Contra-Seite waren.
Die Teilnehmer des Landesfinales wurden erst am Vortag bestimmt, als acht Schüler im Landeshalbfinale gegeneinander antraten. Drei der diesjährigen Finalisten kamen von der Deutschen Schule Prag, Otto Eden war vom Křenová Gymnasium Brünn (Brno) angereist.
Das Finale war streng strukturiert. In ihren Eröffnungsreden durften die Diskutanten jeweils zwei Minuten reden, in der Schlussrede nur eine Minute. Dazwischen bekamen sie zwölf Minuten in einer offenen Aussprache, bei der die Reihenfolge der Redner nach den ausgelosten Positionen — Pro1, Contra1, Pro2, Contra2 — festgelegt ist. Am Ende erhielt jeder Schüler dann ein individuelles Feedback von einem der Juroren, die als Lehrer arbeiten oder selbst bei Jugend debattiert international teilgenommen haben. Und auch der Jury-Vorsitzende Jörg Buchfeld gab den Teilnehmern einen Tipp, nämlich das Spektrum der Argumente auszuweiten.
Tatsächlich drehte sich die Diskussion vor allem um zwei Hauptpunkte: Die Sicherheit für die Abgeordneten durch Meinungsfreiheit und die Transparenz von politischer Arbeit. Was davon ist entscheidender für eine Demokratie? Die Pro-Seite plädierte dafür, dass die Abgeordneten eher nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden könnten, wenn die Abstimmung geheim sei. So könnten sie sich zum Beispiel von Vorstellungen ihrer Partei lösen, wenn sie davon überzeugt seien, so das Beste für das Volk zu tun. Durch eine geheime Abstimmung müssten sie dann keine Sanktionen durch ihre Partei befürchten. Was die Contra-Seite dem entgegen hielt, war insbesondere, dass die Abgeordneten nach ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden, sie also auch die Interessen der Partei zu vertreten haben. Außerdem sei es für die Demokratie wichtig zu sehen, welcher Politiker wofür stimmt.
Der Wettbewerb hat Gerasimov und Štráberger auch eine persönliche Bereicherung gebracht. So sagte der Gewinner: „Ich kann meine Gedanken nun gut organisieren. Ich bin konzentrierter geworden und kann schneller sagen, was ich will; so, dass alles es verstehen und ich mein Ziel erreichen kann.“ Für Štráberger zählte vor allem: „Für mich war wichtig, dass es wirklich viel Spaß gemacht hat, wir haben viele Menschen kennengelernt und viel erlebt.“ Im Finale hofft er auf Diskussionsfragen aus dem politischen Bereich, die seien konkret und naheliegend. Auch Gerasimov diskutiert gerne über Politik, wünscht sich aber lieber eine philosophische Frage: „Die sind meiner Meinung nach wichtiger, als die politischen Themen.“
Nun freuen sich die beiden auf das Finale in Budapest und die dazugehörigen Vorbereitungen. Auch wenn Štráberger erwartet, dass es nun etwas anspruchsvoller wird. International geht es für sie auch nach der Schule weiter. Gerasimov wird an einer Universität in den Niederlanden studieren, wo hauptsächlich auf Englisch unterrichtet wird. Štráberger möchte zum Studieren nach Deutschland, am liebsten nach Mannheim.
Das könnte Sie auch interessieren:
„Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich mich fühlen soll.“
Direkt nach seinem Sieg 2017 beim tschechischen Landesfinale von „Jugend debattiert international“ sprach Jan Bednář mit dem LandesEcho über den deutschsprachigen Wettbewerb und seinen Erfolg.