Zollbeamte und Polizei nahmen bei Hausdurchsuchungen im Oktober letzten Jahres acht Personen tschechischer Nationalität fest, die zusammen mit einem polnischen Staatsbürger in großem Stil Handel mit Cannabis und Kokain betrieben haben sollen. Dies gab am Dienstag die tschechische Zolldirektion zusammen mit Vertretern der polnischen Polizei auf einer Pressekonferenz bekannt. Derweil wird in Tschechien über eine mögliche Legalisierung des Cannabis-Verkaufs spekuliert.
Bei Hausdurchsuchungen in den südmährischen Landkreisen Ungarisch Hradisch (Uherské Hradiště) und Göding (Hodonín) im Oktober 2021 beschlagnahmten Zollbeamte nach Angaben des Leiters der Anti-Drogen-Einheit des Zolls, Aleš Gorčík, 743 Kilogramm Cannabis und 30 ausgewachsene Cannabis-Pflanzen. Das Marihuana stammte sowohl aus Südeuropa als auch aus dem eigenen Anbau. Dieses verkauften die mutmaßlichen Verdächtigten nach Polen. Anschließend importierten sie Kokain aus dem Nachbarland in die Tschechische Republik. Gorčík zufolge habe das Cannabis einen extrem hohen THC-Anteil von 24 Prozent. Die Gruppe war bereits seit 2020 im Visier der Zollbeamten aus Tschechien und Polen. Neben den Drogen beschlagnahmten die Zollbeamten auch rund eine Million Kronen (ca. 41.000 Euro), Luxusautos, ein Boot und Drohnen. „Für rund 90 Kilogramm Cannabis kassierten die Täter vier Millionen Kronen (ca. 163.000 Euro)“, sagte der Leiter der Einheit.
Nach Angaben der polnischen Polizei führte die Gruppe etwa 50 Transporte durch und brachte so etwa 2,5 Tonnen Marihuana nach Polen. Dort beschlagnahmten die Zollbeamten weitere 322 Kilogramm Cannabis.
Einsatz von Drohnen und Störsendern
Laut Zollbeamten habe die organisierte Gruppe beim Handel sehr vorsichtig agiert. Sie setzte GPS-Störsender, Fotofallen, Drohnen und Nachtsichtgeräte ein. Außerdem wechselte sie die Fahrzeuge. Beim Transport von Cannabis aus Südeuropa änderte sie zudem die Route und benutzte gefälschte Dokumente, wonach sie legale Waren transportieren würde. Das Kokain aus Polen verteilten die mutmaßlichen Täter an Bekannte in den Regionen Olmütz (Olomouc), Zlin (Zlín) und Südmähren.
Die Polizei beschuldigt die Gruppe der illegalen Herstellung und Einlagerung von Betäubungsmitteln, psychotropen Substanzen und Giften. Den Angeklagten drohe laut Gorčík eine Freiheitsstrafe von zehn bis 18 Jahren beziehungsweise von acht bis zwölf Jahren. Der Fall wird von der Bezirksstaatsanwaltschaft in Brünn (Brno) untersucht.
Diskussion über legalen Cannabisverkauf
In Tschechien wird seit einiger Zeit über einen Vorschlag zum regulierten Verkauf von Cannabis spekuliert. Der Koordinator der Regierung für Drogenbekämpfung, Jindřich Vobořil (ODS), will bis Ende des Jahres einen Vorschlag für einen regulierten Cannabismarkt vorlegen. Dieser könnte den Verkauf, den Konsum und – in kleinen Mengen – den Anbau der Pflanzen erlauben.
„Das, was das Verbot versprechen sollte, ist im Sinne der Prävention überhaupt nicht erfolgreich, es ist eine extreme Maßnahme. Das streng kontrollierte Marktmodell bietet bessere Kontrollmöglichkeiten als ein Verbot. Wenn wir es richtig machen, haben wir die Möglichkeit, eine größere präventive Wirkung der Schadensbegrenzung zu erzielen“, sagte Vobořil nach einem Treffen der nationalen Drogenkoordinatoren beim Rat der Europäischen Union. Er will, dass Tschechien den gleichen Weg geht wie Deutschland oder die Niederlande.
Der Vorschlag wird durch eine Wirkungsstudie unterstützt, die von der Piraten-Partei in Zusammenarbeit mit dem Koordinator für Drogenbekämpfung erstellt wird. „Das neue Modell fördert die Gesundheit der Konsumenten und die Sicherheit von Minderjährigen. Es wird auch Steuereinnahmen generieren und den Schwarzmarkt für Cannabis eindämmen. Politische Verhandlungen werden folgen“, sagte Janka Michailidu (Piraten), Leiterin des abteilungsübergreifenden Programmteams für Suchtverhalten. Wenn das Gesetz schnell umgesetzt wird, könnte es bereits ab 2024 in Kraft treten.
Bisher ist in der Tschechischen Republik die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke erlaubt und kann von etwa 200 Ärzten verschrieben werden. Der „Staatlichen Agentur für Cannabis zur medizinischen Kontrolle“ (Státní agentura pro konopí pro léčebné použití) zufolge sei Cannabis im vergangenen Jahr 4600 Patienten verordnet worden; diese Zahl stieg um etwa ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr.