Zum ersten Mal seit 1945 verzeichnet die deutsche Minderheit in Tschechien einen Anstieg ihrer Mitglieder. Das zeigen die ersten Ergebnisse der Volkszählung von 2021.
Am Donnerstag, den 13. Januar, stellte das Tschechische Statistikamt (Český statistický úřad, ČSÚ) die ersten Ergebnisse der Volkszählung vor. Im Fokus standen die Entwicklung der Altersstruktur, die Bevölkerungsentwicklung in den Regionen und die Veränderungen im Bildungshintergrund. Aber auch die Angaben zur Volkszugehörigkeit wurden vorgestellt.
Die Zusammensetzung der deutschen Minderheit
Bei der Volkszählung im vergangenen Jahr konnten in der Kategorie „Nationalität“ (národnost) erstmals zwei Angaben gemacht werden. 24.190 Menschen machten bei mindestens einer ihrer Angaben ein Kreuz bei dem Kästchen „německý“ (Deutsch). Allein die deutsche Nationalität gaben davon 9.128 Personen an. Die Mehrheit der deutschen Minderheit gab jedoch an, gleichzeitig der tschechischen Nationalität anzugehören. Sie bildet mit 13.637 Mitgliedern die größte Gruppe der deutschen Minderheit. Zudem gaben innerhalb der deutschen Minderheit 476 Menschen die schlesische, 432 die mährische und 165 die russische Volkszugehörigkeit an. Auch die slowakische, ukrainische, vietnamesische, polnische und „europäische“ Nationalität sowie die Nationalität der Roma finden sich innerhalb der deutschen Minderheit wieder.
Erster Anstieg seit 1945
Erstmals seit 1945 steigt damit die Zahl der Deutschen in der Tschechischen Republik. Diese sank von 159.950 im Jahre 1950 auf 18.658 in der Befragung vor zehn Jahren ab. Mit 24.209 vergrößerte sich die Minderheit nun um mehr als 5.000 Angehörige. Der überraschende Anstieg kann mit der neuen Möglichkeit der doppelten Angabe bezüglich der Nationalität erklärt werden. In bisherigen Volkszählungen konnten die Befragten nur eine Angabe zur Nationalität machen.
In der deutschen Minderheit in Tschechien stößt dieses Ergebnis auf ein positives Echo. Martin H. Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine, der Dachorganisation der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik, bezeichnet das Ergebnis der Volkszählung als erfreulich und als einen Erfolg ihrer Medienkampagne. „Die Möglichkeit, zwei Nationalitäten anzugeben, bot vielen Mitgliedern der deutschen Minderheit die Möglichkeit, sich nicht zwischen ihrer tschechischen und deutschen Identität entscheiden zu müssen. Das bildet auch die heutige Realität, dass viele Menschen mit mehreren nationalen Identitäten leben, viel besser ab“, sagt Dzingel.