Etwa 200 Schülerinnen und Schüler aus Tschechien beteiligten sich am Gedenkmarsch von Postelberg nach Saaz. Sie erinnerten an die deutsche Zivilbevölkerung, die im Juni 1945 Opfer eines der tragischsten Massaker während der Wilden Vertreibung wurde.
Am Dienstag, den 27. Mai 2025, fand zum vierten Mal der „Schüler-Gedenkmarsch“ von Postelberg (Postoloprty) nach Saaz (Žatec) statt. Etwa 200 Schülerinnen und Schüler aus Saaz, Laun (Louny), Kaaden (Kadaň), Komotau (Chomutov) und Prag waren diesmal dabei und erinnerten an die Opfer des sogenannten Postelberg-Massakers Anfang Juni 1945.
Der Gedenkmarsch begann um 10 Uhr am Schlosspark neben der Kirche Mariä Himmelfahrt in Postelberg. Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden eingeladen, symbolisch eine Wäscheklammer und ein Namensschild für eines der Opfer mitzubringen – eine persönliche Form des Erinnerns, die den Menschen hinter der anonymen Zahl sichtbar machen sollte. Die 14 Kilometer lange Route führte über historische Orte wie die ehemaligen Kasernen, das Kreuz in der Levonice-Fasanerie sowie das Schloss Stekník bis nach Saaz.

Symbolische Rückkehr der Opfer
Anschließend fand um 16.30 Uhr auf dem Platz der Freiheit in Saaz unter der Mariensäule eine Gedenkveranstaltung statt. „Die Tschechen sehen sich gerne als Opfer der großen Geschichte und vergessen, dass sie ihre eigene Geschichte schreiben. Und dass diese Geschichte schöne Seiten hat, aber auch schlechte, für die wir uns schämen und an die wir uns nicht gerne erinnern. Aber es ist notwendig“, erklärte Martin Kos vom Saazer Verschönerungskollektiv ŽOK (Žatecký okrašlovací kolektiv), der das Gedenken zusammen mit dem Verleger Jürgen Tschirner dem Prager Geschichtslehrer Zemánek organisiert hatte. Eine ökumenische Versöhnungsandacht hielt P. Mgr. Vilém M. Štěpán, O. Praem., auf Tschechisch und Deutsch. Anwesend war unter anderem auch der Bürgermeister der Stadt Saaz, Radim Laibl, und Vertreter der Deutschen Botschaft Prag.

Mitorganisator Jürgen Tschirner zeigt sich erfreut über das in diesem Jahr große Interesse am Gedenkmarsch, sowohl seitens der Schulen als auch der tschechischen und deutschen Medien. „Ich denke, dieses Jahr ist der Knoten geplatzt“, sagte der Leipziger Verleger gegenüber dem LandesEcho. Besonders bewegend sei die Idee gewesen, dass die Teilnehmenden Namensschilder der Opfer trugen: „Die Opfer kehren also symbolisch zurück.“
Am 3. Juni wird das Gedenken auf dem Stadtfriedhof in Saaz fortgesetzt. Dort wollen der Heimatkreis Saaz und die Stadt Žatec eine Gedenktafel am sogenannten „Schwarzen Kreuz“ enthüllen.
Verdrängtes Kapitel in Tschechien
Das Massaker von Postelberg ereignete sich in den ersten Junitagen 1945, wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Hunderte Deutsche aus Saaz und der Umgebung – überwiegend erwachsene Männer, aber auch einige Jugendliche und Frauen – wurden von tschechoslowakischen Sicherheitskräften festgenommen, misshandelt und schließlich ohne Gerichtsverfahren auf dem Postelberger Kasernenhof erschossen. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt, die sterblichen Überreste von 763 Menschen wurden 1947 aus Massengräbern geborgen. Die Geschichtsschreibung geht von deutlich mehr Opfern – bis zu mehrere Tausend – aus. Damit gehört das Massaker zu den tragischsten Ereignissen während der Wilden Vertreibung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Jahrzehntelang wurden die Geschehnisse in der Tschechoslowakei und auch noch in der unabhängigen Tschechischen Republik tabuisiert.
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