Am Wochenende vom 24. bis 26. Juni lud die Landesversammlung der deutschen Vereine (LV) wieder zu einem Bildungsseminar für Führungskräfte der deutschen Minderheit ein. Gastgeber war diesmal der Deutsche Kulturverein Region Brünn.
LV-Präsident Martin H. Dzingel eröffnete die Begegnung am Freitagnachmittag und begrüßte insbesondere Valentina Tarasova-Ebling und Thomas Laux, die von Baden-Württemberg International (BWI) angereist waren. Auch Eleonore Jeřábková, die neue Vorsitzende des Deutschen Kulturvereins Region Brünn und Gastgeberin des Treffens, begrüßte die Anwesenden und präsentierte die Arbeit des Verbandes. Danach ging es mit den Präsentationen weiter: Thomas Laux startete die Fachvorträge mit der Vorstellung der Anträge für das Jahr 2023 beim Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Es folgte die detaillierte Auslegung der Antragstabellen von Frau Tarasova-Ebling. In lebendiger Diskussion wurden sehr detailliert die Antragsformulare besprochen und die Bedingungen für die erfolgreiche Antragstellung erläutert.
Südmährens Persönlichkeiten
Am Samstagvormittag startete Dr. Eleonore Jeřábková das Programm mit einem Vortrag über die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. „Wie wissen bis heute nicht, wie klug sie war!“ startete Jeřábková ihren Vortrag. Ebner-Eschenbach heiratete ihren Cousin und konnte daher keine Kinder haben. Die Schizophrenie ihrer Schwiegermutter und die Ehe selbst beeinflusste das Werk Ebner-Eschenbachs grundsätzlich. Sehr berühmt sind ihre besonders detaillierten Tagebücher. Ebner-Eschenbachs Freund war u. a. Hieronymus Lorm (Pseudonym des Schriftstellers Heinrich Landesmann), welcher das Lorm-Alphabet erfand. 1910 und 1911 wurde Ebner-Eschenbach für den Nobelpreis für Literatur nominiert. Den zweiten Vortrag hielt Dr. Vojen Drlík aus Brünn: „Sechs (un)bekannte Frauen aus Brünn des 20. Jahrhunderts“. Die wohl interessantesten drei Persönlichkeiten für mich waren Fränze Grubner, Vanda Zitová und Lili Czech. Grubner war eine Brünner Fotografin, die Theresienstadt überlebte, aber nach der der Machtübernahme durch die Kommunisten in 1948 nach Israel ging, wo sie 1994 verstarb. Vanda Zitová war eine Opern-Diva, die 1953 ihre Karriere aufgab und als „Frühstücksbesorgerin“ in der „1. Brünner Maschinenfabrik“ arbeitete. Lili Czech war die Frau von Ludwig Czech, langjähriger Vorsitzender der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakei“. Sie folgte ihrem Mann nach Theresienstadt, wo dieser starb. Lili überlebte die Nazi-Zeit und starb 1973 in Wien.
Eleonore Jeřábková beim Vortrag, Foto: Richard Šulko
Die Villa Löw Beer
Eine Führung durch das deutsch-jüdische Brünn mit anschließender Besichtigung der Villa Löw Beer durch Dr. Zdeněk Mareček war der erste Programmpunkt nach dem Mittagessen. Weil die Villa Löw durch einen Park mit der Villa Tugendhat verbunden ist – die Tochter von Alfred und Marianne Löw-Beer, Grete, heiratete Fritz Tugendhat – konnten die Seminarteilnehmer auch die Villa Tugendhat von außen besichtigen.
Nach dem Kulturellen kam das Leibliche. Die Teilnehmer des Seminars fuhren nach Brünn–Turas (Tuřany), wo schon der Winzer mit deutschen Wurzeln, Herr Miroslav Drápela, wartete. Nach einer Kostprobe seiner Weine und einem großen Schnitzel ging es wieder zurück ins Hotel. Einige nutzten noch das schöne Wetter zu einem Spaziergang in die Stadt.
Am Sonntagvormittag versammelten sich alle im dortigen deutsch-tschechischen Begegnungszentrum, wo eine Evaluierung des Seminars stattfand und Pläne für das nächste Bildungsseminar gemacht wurden. Ein großer Dank geht nicht nur nach Stuttgart an die Sudetendeutsche Landsmannschaft in Baden-Württemberg, sondern auch an die Landesversammlung, BWI und den Kulturverein Brünn mit Milan Neužil.
Zdeněk Mareček in der Villa Löw-Beer. Foto: Richard Šulko