Volkstrauertag im Hultschiner Ländchen. Foto: Wolfgang Wranicki

Seit 1952 findet jedes Jahr zwei Sonntage vor dem ersten Advent der Volkstrauertag statt, an dem der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht wird. Traditionell beteiligt sich auch die deutsche Minderheit in Tschechien am Gedenken, das in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie allerdings nur in beschränktem Umfang stattfinden konnte. Deutsche Vereine aus dem Egerland und Schlesien haben darüber berichtet.

Volkstrauertag in Troppau

Die Corona-Pandemie stellt das öffentliche und gesellschaftliche Leben vor große Herausforderungen. Auch am Volkstrauertag mussten neue Wege gefunden werden, um trotz Versammlungsverbot der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Dies ist in Troppau gelungen, wo man in diesem Jahr unter Einhaltung der Auflagen den Gedenktag beging.

In den letzten Jahren fand anlässlich des Volkstrauertages eine Prozession vom Eingangstor des Troppauer Friedhofs bis zum Kreuz des deutschen Soldatenfriedhofs statt, wo ein Kranz niedergelegt und eine Andacht gehalten wurde. In diesem Jahr wurde auf die Prozession verzichtet und die Teilnehmer der Veranstaltung trafen sich in kleinen Gruppen direkt beim Kreuz des deutschen Soldatenfriedhofs zur Kranzniederlegung. Der Kranz, der mit einem weißen und roten Band verziert war – weiß und rot sind die Farben der Stadt Troppau – wurde vom Vorsitzenden des Schlesisch-Deutschen Vereins Troppau, Hans Korbel, auf eine Steinplatte vor dem Kreuz niedergelegt. Danach eröffnete der Vorsitzende die Andacht mit Worten des Totengedenkens des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Die Andacht führte P. Norbert Jan Maria Hnatek vom Deutschen Orden. Auch wenn in diesem Jahr auf Musik und Gesang verzichtet werden musste, wurde der Opfer von Kriegen und Gewalt in der Vergangenheit, aber auch in der heutigen Welt würdevoll gedacht.

Mit einer Kranzniederlegung am Kreuz des deutschen Soldatenfriedhofs gedachte der Schlesisch-Deutsche Verein der Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Hans Korbel

Mit einer Kranzniederlegung am Kreuz des deutschen Soldatenfriedhofs gedachte der Schlesisch-Deutsche Verein der Opfer von Krieg und Gewalt. Foto: Hans Korbel

Hans Korbel

Volkstrauertag im Hultschiner Ländchen

Anlässlich des Volkstrauertags, dem Gedenktag zur Erinnerung an Gefallene und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen, gedachte auch eine Delegation des Deutschen Vereins im Hultschiner Ländchen der Verstorbenen. Jedes Jahr im November erinnern wir uns am Volkstrauertag an die Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft. Mit großer Ehrfurcht gedenken wir der Staatsbürger und Soldaten, die während der Kriege in unserer Region das wertvollste verloren haben, ihr Leben.

Da die Feierlichkeiten in diesem Jahr durch die Corona-Pandemie nur eingeschränkt stattfinden konnten, haben wir uns dazu entschlossen, die Denkmäler und Gräber der gefallenen deutschen Soldaten im Hultschiner Ländchen (Hlučínsko) zu besuchen. Die Delegation des Deutschen Vereins im Hultschiner Ländchen hat während ihres Besuches mehrere Denkmäler besichtigt, Kränze niedergelegt und Kerzen entzündet. Der Großteil der Gräber liegt auf dem Stadtfriedhof in Hultschin (Hlučín). Außerdem besuchten wir Schreibersdorf (Hněvošice), wo seit 1991 ein Denkmal an die deutschen Soldaten erinnert. Bei den Soldaten, derer hier gedacht wird, handelt es sich um Gebirgsjäger, die fast ausschließlich aus Bad Tölz stammten.

Im Anschluss besuchten wir den Friedhof in Zauditz (Sudice) und Koberwitz (Kobeřice), wo wir von der schönen Dekoration der Gräber sehr beeindruckt waren. Es ist schön zu sehen, dass hier viele Menschen ihrer Vorfahren gedenken, und ihrer Erinnerung mit dem Schmücken der Gräber Ausdruck verleihen. Außerdem waren wir auf dem Friedhof in Bolatitz (Bolatice), wo es ein großes Denkmal gibt, auf dem die Namen der Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs vermerkt sind. Auch hier wurde ein Blumenstrauß mit der Aufschrift „Im stillen Gedenken“ durch den Verein niedergelegt. An jeder Gedenkstätte verharrten die Gäste in Stille als Ausdruck der Ehrerbietung an die, deren Namen auf den Tafeln niedergeschrieben sind und an diejenigen, die hier weit entfernt von ihrer Heimat und Familien ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Unsere Erinnerung galt auch den Verstorbenen anderer Nationalitäten und Konfessionen. Aus ganzem Herzen äußern wir allen unseren Dank, die sich ihrer Gefallenen der letzten Kriege erinnern. Diese gibt es auch auf jüdischen und russischen Friedhöfen: Menschen, die in ihren Herzen gedenken. Hier in Schlesien sind Tausende gefallen, viele tausende Soldaten haben gekämpft – unsere Vorfahren. Wir sind froh darüber, dass die Denkmäler in Stand gehalten wurden und die Menschen, die diese Orte besuchen, sich ihrer Vergangenheit nicht schämen oder fürchten müssen.

Den Abschluss fand der Besuch der Delegation in Benischau (Dolní Benešov) und Bobrownik (Bobrovníky). An jedem der besuchten Orte spielte ein Musiker aus unserem Verein das Lied „Ich hatt‘ einen Kameraden“.

Marie Rončka

Kranzniederlegung Friedhof Eger 

Zum Volkstrauertag am 15.11.2020 besuchten die Vertreter vom Bund der Deutschen Landschaft Egerland und der Balthasar-Neumann-Gesellschaft die Kriegsgräberstätte vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V. auf dem Friedhof zu Eger (Cheb). Zum Andenken and viele Kriegsopfer legten wir an dem Kreuz einen Kranz nieder. Wir gedachten auch der Flüchtlinge, andere Fremde und Einwohner der Stadt Eger, die bei dem Luftangriffen 1944 und 1945 ums Leben kamen. Sie wurden in einem Massengrab auf dem ehemaligen Soldatenfriedhof im hinteren Teil vom Friedhof bestattet, wo sie im Massengrab ihre letzte Ruhestätte fanden. Eine genaue Zahl der Todesopfer konnte nie ermittelt werden. Die Schätzung liegt bei 1.000 Opfern.

Vertreter vom Bund der Deutschen Landschaft Egerland und der Balthasar-Neumann-Gesellschaft auf dem Egerer Friedhof. Foto: Ernst Franke

Vertreter vom Bund der Deutschen Landschaft Egerland und der Balthasar-Neumann-Gesellschaft auf dem Egerer Friedhof. Foto: Ernst Franke

Diese Kriegsgräberstätte in Eger/Cheb für deutsche Kriegstote des Zweiten Weltkrieges in der Tschechischen Republik hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in den Jahren 2008 bis 2010 errichtet. Die Stadt Eger stellte dafür das Gelände auf dem städtischen Friedhof zur Verfügung. Inzwischen wurden hier 6.004 Tote bestattet. Darunter befinden sich auch zahlreiche Menschen, deren Identität leider nicht zu ermitteln war. Weitere Einbettungen werden folgen. Nach Abschluss der Arbeiten sollen hier einmal über 7.700 Kriegstote ruhen. Die Namen und Lebensdaten der vom Volksbund identifizierten Toten sind auf Grabkreuzen verzeichnet. Auf den Pultsteinen stehen die Namen der hier bestatteten Kriegstoten, die zwar nicht direkt identifiziert werden konnten, aber auf dem Friedhof bestattet sind. Ein besonderes Gedenkbuch enthält außerdem die Namen der bei den Umbettungen nicht zu bergenden Kriegstoten.

Im Ausstellungsraum in der Friedhofsverwaltung liegen die Gesamt-Namenbücher aus. Sie enthalten die Namen und Lebensdaten der auf dem Gebiet der Tschechischen Republik liegenden Kriegstoten und der dort Vermissten.

Alois Rott, Ernst Franke, Günther Wohlrab

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.