Hans Adamec brachte mit seiner Art viele Menschen zusammen. Nun ist er 94-jährig gestorben.

Trauer in Aussig (Ústí nad Labem). Im Alter von 94 Jahren starb am 22. März Hanuš Adamec, vielen bekannt als Hans Adamec. Mit ihm verliert die Stadt einen wichtigen Zeitzeugen der Vorkriegszeit, aber auch einen begeisterten Einer, der ganz unterschiedliche Menschen verbinden konnte. Die Stadt Ústí würdigt in ihrer Traueranzeige seinen Einsatz für die deutsch-tschechischen Beziehungen mit Sinn für Europa. Das Stadtmuseum trauert um einen großen Unterstützer und Mitarbeiter. „Durch seine Arbeit hat er in bedeutendem Maße zum Erhalt des historischen Gedächtnisses der Stadt beigetragen“, sagt Museumsdirektor Václav Houfek.

Unter der Todesanzeige des Museums auf Facebook fanden sich viele Kommentare und Erinnerungen „an einen feinen Menschen“, so der überwiegende Tenor. Hans Adamec kannten viele Menschen schon allein durch sein Auftreten. Kontaktfreudig, nie um Worte verlegen, gewann er die Menschen in seiner Umgebung. Wichtig war er für die deutsche Minderheit. Obwohl aus einer überwiegend tschechischen Familie stammend, setzte er sich für die Pflege der deutschen Sprache und Kultur ein. Adamec hatte einen deutschen Opa und hatte noch vor 1945 die deutsche Schule besucht. Er sprach deshalb fließend beide Sprachen.

Wo an die deutsch geprägte Vergangenheit von Ústí erinnert wurde, war auch Hans Adamec dabei. Man konnte ihn in seiner freundlichen, positiven Art weder übersehen noch überhören. Charmant und direkt zugleich musste man ihn einfach mögen. Fast bis zu seinem Tod vertrat er die deutsche Minderheit im Minderheitenausschuss des Bezirks Aussig.

Tscheche und Deutscher in einem

Hanuš Adamec wurde am 20. November 1928 als Hans Adamec in Aussig geboren. Seine Eltern sahen sich als Tschechen, sein Opa mütterlicherseits hatte deutsche Wurzeln. Seine Eltern legten Wert darauf, in beiden Sprachen zu Hause zu sein, was dazu führte, dass Hans auf die deutschen und seine Schwester auf die tschechische Schule geschickt wurde und er lange besser Deutsch als Tschechisch sprach. Nach der Besetzung des Sudetenlandes durch die Wehrmacht im Herbst 1938 blieb die Familie, die damals in Türmitz (Trmice) lebte. Damit wurden sie zu deutschen Staatsbürgern. Nach 1945 wurden sie als eine von wenigen Familien trotzdem nicht vertrieben. Ihnen wurde attestiert, nicht mit den Deutschen kollaboriert zu haben. Doch noch Jahre später wurde Hans Adamec zum Verhängnis, dass er als Jugendlicher in die Hitlerjugend eintreten musste, um an die Handelsakademie zu gelangen. Nach 1945 wurde ihm der berufliche Aufstieg lange verwehrt. Das Stigma des Deutschen hing ihm nach. Hans Adamec nahm es immer mit Humor. Er fand seine Erfüllung auch so, weil er das Leben liebte. Schon von Kindheit an musizierte er und sang seit seiner Jugend in Chören als Tenor. Auch seine Eltern waren schon Musiker.

Mit den Jahren erlangte Hans Adamec Respekt auch von Tschechen. Für die Stadt, deren Bevölkerung nach 1945 fast komplett ausgetauscht wurde, war er vor allem nach 1990 ein wichtiger Zeitzeuge. Zu manch kritischer Aufarbeitung der Vergangenheit war er skeptisch. Er wusste aus eigenem Erleben, wie schnell man verurteilt wurde, nur weil man scheinbar der falschen Seite angehörte.

Ein Musiker bis zuletzt

Bis zuletzt war Hans Adamec aktiv. Er sagte immer: „Was man einmal lässt, das kommt nicht wieder zurück.“ Also war er trotz Gehbeschwerden viel unterwegs und freute sich auch immer über Besuch. Wer Glück hatte, bekam bei ihm zu Hause ein wunderbares Konzert: Hans Adamec gab Liebesschlager der 1920er zum Besten und begleitete sich am Klavier selbst – und das mit über 90 Jahren. Das hätte er auch gern noch mit 100 gemacht. Das war ihm leider nicht vergönnt. Ein Wunsch wurde ihm aber erfüllt. Nach jahrelangen Verzögerungen war er bei der Eröffnung der Dauerausstellung der Geschichte und Kultur der Deutschen in Böhmen und Mähren im Stadtmuseum von Aussig dabei. Damit ging für ihn ein Traum in Erfüllung.

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