Welche Schätze sich in der Osterzeit im Erzgebirge finden lassen, verraten die Sagen zur Karwoche.
Das Aberthamer „Fels´l“
Nördlich von Abertham (Abertamy), dort, wo fruchtbarer Ackerboden und ein ziemlich ausgedehntes Torfmoor sich scheiden, erhebt sich eine eigentümliche Felspartie, im Volksmunde „das Fels’l“ genannt. Der Sage zufolge sind diese Felsen eine Burgruine, in deren Innerem große Schätze an Gold- und Silbermünzen, Edelsteinen und Perlen verzaubert liegen. Der Zutritt zu denselben soll sich während der Christmette und der Passion am Karfreitage öffnen. Aber schon mancher, der die vermeintlichen Schätze an genannten Tagen heben wollte, holte sich durch das lange und vergebliche Zuwarten bei stürmischem Wetter nicht unbedeutende Krankheiten. Bis in die dreißiger Jahre machten Personen, deren Söhne heute noch leben, den Versuch, der Schätze habhaft zu werden.
Die Schätze im Hausberg bei Graslitz
In der Umgegend von Graslitz (Kraslice) erhebt sich der Hausberg, von welchem viele Sagen erzählt werden. Früher sollen darauf die Überreste einer Burg gesehen worden sein; sie wurden aber zum Baue einer großen Fabrik verwendet.
Einem Weibe träumte einmal, sie solle in den Hausberg gehen, dort würde ihr ein schwarzes Zicklein mit feurigen Augen begegnen, dem solle sie folgen. Als sie erwachte, erzählte sie den Traum ihrem Manne. Dieser aber ärgerte sich darüber und verbot ihr zu gehen. Da ihr aber in der zweiten und dritten Nacht das nämliche träumte, ging sie doch auf den Berg. Und wirklich, dort kam ihr ein schwarzes Zicklein entgegen, das hatte feurige Augen und meckerte ihr freundlich zu. Sie folgte dem Zicklein und kam in eine Höhle, wo das Zicklein verschwand. In der Höhle aber erblickte sie eine schöne Jungfrau, die winkte ihr zu und füllte ihr die Schürze mit den Steinen, die neben ihr lagen. Hierauf entfernte sich das Weib und als sie heimkam, hatte sie goldene Münzen in der Schürze. Der Berg soll sich regelmäßig am Karfreitag während der Passion öffnen. Eine Mutter, die zu dieser Zeit eindrang und von den Schätzen, die darin aufgespeichert sind, nahm, vergaß ihr Kind darin, fand es aber nach einem Jahre unversehrt wieder, von einer Jungfrau behütet.
Die Jungfrau auf dem Braunstein
Droben am Braunstein zwischen Schlackenwerth (Ostrov) und Joachimsthal hat ein verwunschenes Schloss gestanden, das ist mit einer verwunschenen Jungfrau und vielen Schätzen versunken. Holt sie einmal ein recht frommer Mann, dann wird er mit ihr auch die Schätze heimführen.
Der Petermüller unten hat es mit seinen eigenen Ohren zu Ostern jedes Mal in der Passionszeit gehört, wie die Jungfrau im Berge drinnen geweint hat, und bald darauf hörte er auch einen solchen Engelsgesang, wie ihn die Leute niemals vernahmen. Die Jungfrau hat noch niemand zu holen versucht.
An einem heißen Augusttage des Jahres 1848 schritt um die elfte Vormittagsstunde ein Mann aus Joachimsthal heiteren Sinnes an der „Petermühle“ vorbei. Seine Verwunderung war nicht gering, als er bemerkte, dass die Müllerin, seine Verwandte, auf der unterhalb der Mühle gelegenen Wiese Heu wendete, da doch Sonntag war. Überzeugung kann nicht schaden, dachte sich unser Joachimsthaler und ging in die Mühle, um dort nach der Ursache zu fragen, dass die Frau des Hauses heute am Sonntage, am Tage des Herrn, Heu mache. Doch welche Überraschung! Seine Verwandte stand gerade beim Ofen und bereitete das Mittagsmahl. Man eilte schnurstracks auf die Wiese, allein die Heumacherin, welche die Braunsteiner Jungfrau gewesen sein soll, war verschwunden. Derselbe Mann erzählte, dass sein Vater, als er Schafe hütete, die Braunsteiner Jungfrau habe herrliche Lieder singen hören.
Drei Männer aus Mariasorg träumten einmal, sie sollten auf den Braunstein gehen, dort würden sie ungeheure Schätze finden, welche von einer verwunschenen Jungfrau bewacht würden. Als die Männer früh zusammenkamen, erzählten sie sich gegenseitig den seltsamen Traum und entschlossen sich, in der folgenden Nacht zwischen elf und zwölf Uhr auf den Braunstein zu gehen. Dort angelangt, fanden sie den Berg offen, gingen furchtlos hinein und erblickten wirklich eine große Pfanne mit Gold- und Silbermünzen und eine schöne Jungfrau, welche die Männer freundlich begrüßte und zu ihnen mit wohltönender Stimme sprach: „Diese Schätze gehören Euch; doch müsst Ihr die Pfanne samt dem Inhalte auf einmal forttragen.“ Als aber einer der Männer, der die Ausführung dieser Forderung für unmöglich hielt, seine Meinung unverhohlen zum Ausdrucke brachte, verspürten alle drei gleichzeitig eine so derbe Ohrfeige, dass sie besinnungslos zu Boden sanken. Als die Männer wieder zum Bewusstsein erwacht waren, machten sie große Augen, weil sie sich, in ihrer Hoffnung getäuscht, auf der Oberfläche des Berges befanden.
Zusammengetragen von Irene Kunc