Der November steht stets im Zeichen von Trauer und Abschied. Aber nicht jeder fand in den früheren Zeiten die ewige Ruhe, wie es Sagen aus dem Erzgebirge bestätigen.
Eine gespenstische Frau in Joachimsthal wird zur Ruhe gebracht
In Joachimsthal (Jáchymov) hat sich´s begeben, dass ein Gespenst in Gestalt einer daselbst verstorbenen Frau immer in ihres hinterlassenen Mannes Haus kam und ihn bei Tag und Nacht beunruhigte. Der Witwer klagte seine Not dem Pfarrer und bat, ob er nicht gegen Mittag zu ihm kommen und wider den Geist beistehen möchte. Der Pfarrer kam endlich auf des Mannes inständiges Bitten, und da erschien die gespenstische Frau gleich am Mittage in ihrem Todeshabit, wie sie im Sarg war beschicket worden. Der Pfarrer redete den Geist getrost an und fragte ihn, was er hier im Hause zu schaffen habe. Das Gespenst sagte: Ich habe eine Kette verborgen, die liegt da und da vergraben; ebenso fürchte ich auch, mein Mann möchte eine Person in der Nachbarschaft heiraten, mit der ich nicht kann zufrieden sein, darum kann ich auch im Grabe nicht ruhen. Der Pfarrer aber verwies dem Teufel seine Bosheit und trieb ihn mit Gottes Wort so weit, dass er keine Ausflucht mehr hatte, sondern es verschwand die gespenstische Gestalt allmählich und ließ endlich an der Stelle, da sie gestanden, eine Hand voll Asche übrig. Sie ist auch von der Zeit an nicht wieder gesehen worden.
(Lehmann, Hist. Schauplatz, S. 946)
Eine Verstorbene verhilft ihrer Schwester zu ihrem Rechte
Im Jahre 1694 hat sich im September in einem Bergstädtchen zugetragen, dass eines Fleischhackers Frau vier Wochen nach ihrem Begräbnis wieder kam. Sie hatte sonst den Nachruf eines frommen und eingezogenen Lebens und man sagte von ihr, dass sie sich zu ihren Lebzeiten unterschiedliche Mal über das böse Leben beklagt habe, so ihr zweiter Mann mit Fluchen und Streit nebst den Kindern treibe, und dass sie es nicht vertragen könne, sie müsse viel leiden, dass es kein Wunder wäre, sie ließe sich lebendig begraben. Als sie kurz darauf starb, hinterließ sie auch eine arme Schwester, welche bei dem Witwer allerhand Erbstücke suchte, aber nichts erhalten konnte. Ungeachtet nun diese Erbforderung gerichtlich beigelegt worden war, wollte sich doch die blutarme Schwester nicht so abweisen lassen und vergoss viel Tränen. Der Witwer lag nebst seinem Sohne krank in der Unterstube. Da kommt ein Gespenst zu Mitternacht in Gestalt der Verstorbenen und setzt sich vor sein Bett. Er erschrickt und fängt an zu beten: Gott, der Vater steh‘ uns bei! Zu dreien malen, aber die gespenstische Frau will nicht weichen, der Kranke kann nicht fort und schwitzt gar sehr. Es schlägt 12 Uhr, da meint er, nun werde sie fortgehen, aber sie bleibt sitzen bis nach 2 Uhr. Da fängt er an: Alle guten Geister loben Gott den Herrn. Sie antwortet, zwei Schritte zurücktretend: Ich auch. Der Kranke fragt: Was wollet ihr hier? Gehet hin, wo ihr hingehöret. Sie antwortet: Ihr sollt meiner Schwester Magdalena nicht alles nehmen. Und damit fuhr der Geist zum vorderen Fenster hinaus. Eine Hausgenossin wohnte in der Oberstube, die auf der Bank liegend eben dieses Gespenst gesehen, welches sie angegriffen und begehrt, man solle ihre Schwester nicht kränken; damit warf’s ein Biermaß nach ihr und blieb außen.
(Lehmann, Hist. Schauplatz, S. 947)
Das Klösterlein in Zelle im Erzgebirge. Foto: Wikimedia Commons, gemeinfrei
Das Fräulein auf der Mulde bei Klösterlein Zelle
Vor langer Zeit war auf dem Rittergute Klösterlein bei Aue ein Fräulein gestorben, welches nach seinem Tode des Nachts auf der Mulde dahinschweben sollte. Da geschah es, dass zwei Bergleute einst eines Sonntags in einer schönen Sommernacht von Schlema nach Zelle gingen, um daselbst Musik zu machen. Ihr Weg führte sie über die sogenannte Ochsenwiese und den Klostersteg. Als sie an die Ochsenwiese kamen, setzten sie sich nieder, um ein wenig auszuruhen; dabei kamen sie auf den Gedanken, dem Fräulein ein Morgenständchen zu bringen, und als sie eine Weile geblasen hatten, näherte sich ihnen das in einen Schleier gehüllte Fräulein und warf jedem ein Sträußchen in den Schoß. Der eine von ihnen steckte dasselbe in eine Tasche seines Kittels, der andere aber warf es weg. Als am nächsten Morgen derjenige, welcher sein Sträußchen eingesteckt hatte, den Kittel wieder anziehen wollte, kam ihm derselbe so schwer vor, und da er in die Tasche griff, um nachzusehen, zog er sein Sträußchen heraus, welches sich in pures Gold verwandelt hatte. Voll Freude teilte er dies seinem Kameraden mit. Da nun derselbe eilends nach der Ochsenwiese lief, um das andere Sträußchen zu suchen, konnte er es nirgends finden und er musste unverrichteter Sache wieder nach Hause zurückkehren.
(Nach einer Mitteilung von L. Fischer aus Aue)