Bereits zum zwölften Mal kamen Journalisten zu den „Deutsch-Polnischen Medientagen“, dem grenzübergreifenden Stelldichein für Medienschaffende, zusammen. In diesem Jahr traf man sich turnusgemäß wieder in Polen, diesmal am 13. und 14. Juni im Breslauer (Wrocław) Niederschlesischen Filmzentrum.
220 Medienschaffende von beiden Seiten der Oder tauschten sich bei Seminaren zu aktuellen Themen aus, erörterten die Frage „Zerfällt Europa?“ und diskutierten teils sehr kontrovers den Einfluss der Presse auf die Politik und der Politik auf die Medien. Mit dabei waren diesmal auch Pressevertreter aus Frankreich, Italien und Tschechien.
„Journalisten spielen eine zentrale Rolle bei der Vermittlung unterschiedlicher Perspektiven,“ sagte zum Auftakt Markus Meckel, der als ehemaliger DDR-Oppositioneller, späterer Bundestagsabgeordneter und als Ko-Vorsitzender des Rats der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit die Beziehungen zwischen Polen und Deutschen seit der Wendezeit mitprägte. Er merkte aber auch an, dass man europäische Werte, etwa die Freiheit der Medien und die Gewaltenteilung, gemeinsam verteidigen muss.
Die gute EU
Das Europäische Parlament wird nach der Europawahl von populistischen und nationalistischen Kräften dominiert werden. So sah noch bis kurz vor der Wahl das allerorten in den Medien vorhergesagte Horror-Szenario aus. Obwohl sich diese Befürchtungen letztlich nicht bewahrheiteten, so konnten die extremeren politischen Strömungen in Europa dennoch in den letzten Jahren ihren Einfluss deutlich ausbauen. Um dem entgegen zu wirken, solle man mehr über die positiven Aspekte der EU sprechen, schlug Thomas Kralinski, Beauftragter des Landes Brandenburg für Internationale Beziehungen, in der Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Medientage vor. Immerhin hätten Deutschland und die mitteleuropäische Region stark von der Mitgliedschaft in der EU profitiert – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell.
Die Medien müssen sich allerdings vielerorts auch auf eine veränderte politische Situation einstellen. Die Pressefreiheit wird in Frage gestellt, angegriffen und manchmal sogar als Bedrohung für den Staat dargestellt. Verhältnisse wie in Russland, wo unliebsamen Journalisten Drogenvergehen vorgeworfen werden, damit man sie vor Gericht einschüchtern kann, oder Kasachstan, wo Demonstranten für leere Plakate verhaftet werden, bleiben den Ländern der EU bislang erspart.
Gefahren und Chancen
Dennoch geht ein Riss durch die EU, was das Verhältnis zur Demokratie und ihren Institutionen anbelangt. Es wird darum gestritten, wo die Reise hingehen soll. Mitteleuropa habe gerade jetzt die Chance, ein Wachstumsmotor zu sein und ein eigenes, europäisches Profil zu entwickeln, wünschte sich Oliver Schenk, Sachsens Europaminister, in Breslau. Dazu müsse man aber ein gutes Leben für alle ermöglichen, auch in den Peripherien, gab Maciej Zathey, Direktor des Instituts für Territoriale Entwicklung in Breslau, zu bedenken.
Wie die Presse diese Herausforderungen grenzübergreifend begleiten und thematisieren kann, war dann das große Thema der Abschlussdiskussion. Positive Ansätze wie Journalistennetzwerke und Redaktionskooperationen kamen dabei ebenso zur Sprache, wie die Gefahren der politischen und wirtschaftlichen Einflussnahme auf die Berichterstattung. Einig war man sich darüber, dass internationale Zusammenarbeit auch für die Presse in einer globalisierten Welt unabdingbar ist, Inhalte aber für das jeweils eigene Publikum speziell aufbereitet werden müssen.
Die Medien der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa haben auf diesem Gebiet bereits einige Erfahrung und ihre eigenen Netzwerke aufgebaut. Auf den Medientagen waren am Stand des Wochenblatts aus Oppeln (Opole) auch das LandesEcho aus Tschechien und das Karpatenblatt aus der Slowakei vertreten. Im Internet bildet die Plattform Mind_Netz des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) zudem grenzübergreifend interessante Inhalte deutschsprachiger Medien aus ganz Mittel- und Osteuropa ab. Auf diesem Gebiet haben die Minderheitenmedien ihren Kollegen aus der Mehrheitsgesellschaft also einiges voraus.
Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreis 2019
Der Höhepunkt der Medientage war die diesjährige Verleihung des Tadeusz-Mazowiecki-Journalistenpreises auf Schloss Topacz in der Nähe von Breslau. Geehrt wurden herausragende journalistische Arbeiten in fünf Kategorien, die deutsch-polnische Themen aufgreifen. Benannt ist der Preis nach dem 2013 verstorbenen polnischen Publizisten und Politiker Tadeusz Mazowiecki.
Preisträger 2019:
Print: „Uchodźcze dzieci dużo rozumieją.” Urszula Ptak, in „Krytyka Polityczna“
Hörfunk: „Fahrraddiebe – Folge 4.” Pia Rauschenberger. bei „Deutschlandfunk Nova“
Fernsehen: „Gott – Ehre – Vaterland. Polens Nationalisten marschieren.“ Natalie Steger, Milena Drzewiecka. für „Phoenix Dokumentationen“
Multimedia: „Polnische Jugend: Karriere unter Tage.“ Helene Bienvenu, Kasia Strek. in „Cafébabel – das Europamagazin“
„Journalismus in der Grenzregion“: „W domu mówimy po polsku.“ Małgorzata Jurgiel. bei „Polskie Radio Szczecin“
Das könnte Sie auch interessieren:
In Mährisch Schönberg (Šumperk) sind bei der zweiten „Johnny“-Klein-Preisverleihung zwei erste Preise und ein Förderpreis vergeben worden.