Unsere WanderBloggerin folgt einer ungeahnten Vorahnung, verwirrt Wildschweine und genießt den Sonnenuntergang in einem Flusstal – und all das an einem Wochentag.
Es gibt Tage, an denen spürt der Mensch, dass er etwas Neues wagen muss. So einen Tag habe ich in Pilsen (Plzeň) gespürt und mich Folgendes gefragt: Warum eigentlich wandern wir nur am Wochenende? Gibt es eine Regel, die besagt, dass man nur am Wochenende ins Grüne geht und eine längere Tour machen kann? Nein.
Also beschloss ich, eine sogenannte „After Work Wandertour“ in Pilsen zu organisieren, an einem gewöhnlichen Mittwoch. Ich dachte mir, die Tage sind jetzt lang genug und ein echter Wanderer oder eine echte Wanderin scheut sich auch nicht vor der Dämmerung. Und ich fand schnell Unterstützer für meine spontane Idee. Es gab noch andere von der Stadt Geplagte, die frische Luft und Bewegung brauchten!
Wir machten uns auf nach Bílá Hora (Weißer Berg) bei Pilsen, wo das Naturschutzgebiet Horní Berounka (Obere Beraun) beginnt. Der Fluss Berounka entspringt hier aus drei der vier Pilsner Flüsse: der Radbuza, Mže und Úslava und fließt dann irgendwann kurz vor den Prager Stadttoren bei Lahovice in die Vltava (Moldau). Während die Pilsner schon beim Abendessen saßen oder ihre Hunde spazieren führten, brachen wir auf eine vierstündige Tour auf, die uns über romantische Pfade, bizarre Felsen und an einer Burgruine vorbeiführte. Wir waren sprachlos von der Schönheit dieses eher nicht so bekannten Tals (selbst Einwohner von Pilsen teilten uns vorher mit, dass sie noch nie dort gewesen seien!). Die Burgruine aus dem 14. Jahrhundert liegt an einem kleinen Tümpel und wartet mit einer tollen Aussicht auf das Tal auf. Hier sollte jeder Pilsner einmal hingehen!
Die Tour schien perfekt zu laufen, bis ich eine Nachricht von einer Freundin auf dem Handy bekam, die mich besorgt fragte, ob ich auch in Pilsen evakuiert worden wäre. Und sie sendete mir einen aktuellen Bericht aus dem Internet, wo es hieß, dass 20 000 Menschen aufgrund einer Bombenentschärfung evakuiert worden wären, genau in dem Stadtteil, in dem auch ich residiere. Perplex lasen wir diese Zeilen und fragten uns, wie wir nur diese Ahnung gehabt hatten, aus der Stadt vorzeitig zu fliehen! Der Verkehr wäre zum Erliegen gekommen, die Polizei gehe davon aus, dass im Laufe des Abends aber alle Betroffenen in ihre Wohnungen zurückkehren könnten.
Ich atmete tief durch und wir sagten uns, dass bis zum Ende unserer Wanderung bestimmt alles schon wieder in Ordnung sein würde. Wir überquerten die Berounka kurz vor Chrást und genossen den Sonnenuntergang im Flusstal. Im Wald lauschten wir den Vögeln und verwirrten eine Wildschweinherde, die vor uns floh. Sie fragten sich bestimmt auch, was die Zweibeiner so spät im Wald machten. Doch wir waren gar nicht die einzigen, die vor der Stadt geflohen waren: Es gab Ausflügler an der Berounka, die dort ein Lagerfeuer machten.
Wir kamen um genau 22 Uhr in Bukovec an, einem kleinen Dörfchen bei Pilsen, wo uns der Busfahrer mit zurück ins Stadtleben nahm. Hier war von einer Bombenentschärfung nichts mehr zu sehen und zu spüren und wir konnten in unsere Höhlen zurückkehren.
Streckendaten:
Distanz: 15km
Laufzeit: 3,5 Stunden (nur 10 Minuten Pause!)
Höhenmeter: 300m
Ausgangspunkt: Bushaltestelle Bíla Hora – Pilsen
Wegpunkte: Bíla Hora, Malochova skalka, Věžka, Dolanský most, Bukovec
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