Seit bald fünf Jahren trägt der größte Prager Flughafen den Namen „Václav Havel Airport“, seine Geschichte als Flughafen „Ruzyně“ ist aber viel älter. In diesem Jahr feierte Tschechiens wichtigstes Luftdrehkreuz den bereits achtzigsten Jahrestag seiner Eröffnung.
Ein Flughafen entsteht
Mit dem Bau des Flughafens Ruzyně begann man 1932 auf der „Langen Meile“ (Dlohá míle) im Nordwesten Prags, nachdem bereits 1929 die Planierungsarbeiten dort begonnen hatten. An die alte Bezeichnung der flachen Gegend westlich des Naturschutzgebiets „Divoká Šárka“ erinnert heute aber nur noch eine Bushaltestelle zwischen Feldern und Einfamilienhäusern in der Einflugschneise.
Ruzyně war nicht nur ein technisches Großprojekt, das den damals nicht länger zeitgemäßen Flughafen in Prag Kbely vom wachsenden zivilen Flugbetrieb befreien sollte. Die 570 000 Kubikmeter Erde, die beim Bau des neuen Flughafens auf 108 Hektar unter sehr begrenztem Einsatz von Maschinen bewegt wurden, dienten auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Vor achtzig Jahren
Am 1. März 1937, war der Flughafen Ruzyně, der nach den Plänen der Architekten Adolf Benš und Kamil Roškot erbaut wurde, endlich fertig. Insgesamt fünf Graspisten waren bei Inbetriebnahme für An- und Abflug vorgesehen, wobei die längste davon mit 1200 Metern für damalige Verhältnisse sehr großzügig angelegt war.
Am 5. April 1937 landete das erste Passagierflugzeug der „Československá letecká společnost“ (Tschechoslowakische Fluggesellschaft) auf dem neuerbauten Flughafen. Es kam aus Pistyan (Piešťany) und hatte auf seiner Reise Zwischenstopps in Brünn und Zlín eingelegt. Eine Stunde später begannen mit einem Air France-Flug von Wien über Prag nach Dresden auch die internationalen Verbindungen in Ruzyně.
Die zivile Luftfahrt zog komplett von Prag Kbely nach Ruzyně um und schon im Jahr seiner Fertigstellung durchliefen etwa 13 000 Fluggäste das einzelne Terminal des neuen Flughafens. Ihnen standen 12 Flugverbindungen innerhalb der Tschechoslowakei und 12 ins Ausland zur Verfügung.
Tschechiens Drehkreuz
Heute durchziehen drei moderne Start- und Landebahnen das ehemalige Wiesengelände, zwei davon werden aktiv genutzt. Die dritte Bahn dient als Abstellfläche für Flugzeuge. Überragt werden sie vom Kontrollturm, Hotels, Parkhäusern und der Zentrale der Gesellschaft „Český Aeroholding“, die sowohl den Flughafen selbst als auch die Fluggesellschaft „České aerolinie“ (international: Czech Airlines) betreibt.
Das Gelände des Flughafens ist auf 1000 Hektar angewachsen und mittlerweile werden die Passagiere in drei Terminals abgefertigt. Das ist auch nötig, da sich die Fluggastzahlen in den letzten Jahren bei etwa 11 bis 13 Millionen Passagieren eingependelt haben. Sie können vom Václav-Havel-Flughafen aus 111 Ziele weltweit direkt erreichen, auch mit dem Airbus A380 und der Boeing 747-8, die mit ihren Ausmaßen kleinere Flughäfen nicht ansteuern können.
Vorsichtige Zukunftspläne
Der mehrfach ausgebaute und modernisierte Flughafen hat seine Kapazität von etwa 15,5 Millionen Fluggästen pro Jahr noch nicht erreicht. Das liegt auch daran, dass derzeit hauptsächlich eine Start- und Landebahn benutzt wird und die zweite aktive Bahn nur in Ausnahmefällen geöffnet wird. Die Flugbewegungen sind so auf 46 bis 48 Starts und Landungen pro Stunde begrenzt. Das ist zwar in Europa ein Spitzenwert, doch dauerhaft nicht ausreichend.
Deshalb gibt es bereits seit geraumer Zeit Pläne für den Bau einer parallelen Landebahn, die gleichzeitig zur Hauptbahn betrieben werden könnte. Seit 2005 wurden wiederholt Gesetze dazu beschlossen, von Gerichten wieder verworfen, Beschwerden eingereicht und Auflagen erteilt. Die Flughafengesellschaft geht derzeit von einer Inbetriebnahme ungefähr im Jahr 2025 aus. Vielleicht klappt dann sogar eine Flugverbindung zum taufrischen Berliner BER.
Ebenso langfristig plant man den Ausbau des zweiten Terminals zum Hauptabfertigungsknoten mit weiteren Zugängen zu Flugzeugen in mehreren Etappen. Mit der Stadt Prag arbeitet man derzeit aber hauptsächlich an einem Nahverkehrskonzept, das der Stadtplanung angepasst werden kann. Im Klartext bedeutet das aber hauptsächlich: mehr Parkplätze am Terminal. Eine Anbindung an das Metro-Netz liegt derzeit in weiter Ferne, Pläne für einen Knoten des geplanten Schnellbahnnetzes sind eingedenk des Standes des Bahnausbaus vor 2020 unrealistisch.
Ein umfassendes, landesweites und vor allem durchführbares Verkehrskonzept mit Einbeziehung aller Wege fehlt in Tschechien noch. Für den „Václav Havel Airport“, der am 5. Oktober den fünften Jahrestag seiner Umbenennung feiert, kann das zukünftig zum Problem werden. Noch sind die Kapazitäten aber nicht ausgereizt und so wird erstmal gefeiert, was bereits geleistet wurde in den letzten achtzig erfolgreichen Jahren.
Václav-Havel-Flughafen Prag (Ruzyně):
- internationale Codes: LKPR (ICAO) und PRG (IATA)
- eröffnet am 5. April 1937 (offizielle Webseite zu 80 Jahren Flughafen Ruzyně auf Tschechisch: hier)
- 3 Start- und Landebahnen, davon 2 in Betrieb
- über 13 Millionen Passagiere im letzten Jahr
- über 71 000 Tonnen Luftfracht im letzten Jahr
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