Am 30. März beginnt mit einer großen Eröffnungsfeier in Ostrau (Ostrava) der Deutsch-Tschechische Kulturfrühling. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Deutsch-Tschechischen Erklärung und des 25-jährigen Jubiläums des Nachbarschaftsvertrags zwischen beiden Ländern wird in diesem Jahr ab Ende März ein umfangreiches Kulturprogramm in Tschechien und Deutschland alte Verbindungen beleben und neue Zusammenarbeit fördern.
Große Richter-Retrospektive
Das jetzt schon vielbeachtete Highlight des Kulturfrühlings wird die große Gerhard Richter-Ausstellung in Prag sein. Die erste große Retrospektive mit 80 Werken eines der bedeutendsten deutschen Künstler der Gegenwart in Mittel- und Osteuropa zeigt die Nationalgalerie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Botschaft und dem Goethe-Institut im Palais Kinsky vom 26. April bis zum 3. September.
„Richter versteht die vielschichtige Welt, in der wir leben“, sagte die Milena Kalinovská, die Kuratorin der Ausstellung, bei der Vorstellung des Programms. Seine schönen Bilder zeigten darum auch nicht nur das Schöne. So beschäftigen sich die ausgestellten Arbeiten mit der Geschichte und dem gerade aktuellen Geschehen gleichermaßen und bieten einen Überblick auch über die deutsche Geschichte von den 1960er Jahren bis heute. Um Kunstinteressierten aus anderen Regionen einen Besuch der Ausstellung zu ermöglichen, sind zudem Zubringer aus größeren Städten geplant.
Bedrückende Geschichte
Einen besonders bedrückenden Teil der gemeinsamen Geschichte spiegelt die Kinderoper „Brundibár“ wider, die Hans Krása und Adolf Hoffmeister 1938 schrieben. Hans Krása konnte seine Partitur in das Ghetto Theresienstadt (Terezín) retten, in das er 1942 deportiert wurde. Hier wurde die Oper 55 Mal aufgeführt und gab den jungen Darstellern eine kurze Ablenkung. Der Komponist und die meisten seiner jungen Darsteller wurden jedoch 1944 nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet. Im Rahmen des Kulturfrühlings studieren nun Kinderchöre aus Prag und München die Oper ein und werden sie am 12. Juni im Ständetheater in Prag und am 8. Juli im Münchener Prinzregententheater aufführen.
Böhmen in Brandenburg (und anderswo)
Aber auch der tschechischen Kultur in Deutschland sind einzelne Programmpunkte gewidmet. So wird beispielsweise in sieben Performances auf die Flucht der böhmischen Protestanten nach der Schlacht am Weißen Berg erinnert. Als Ankerpunkt dient dabei Berliner Stadtteil Rixdorf, der durch den Zuzug der Auswanderer anwuchs und in Deutsch- und Böhmisch-Rixdorf geteilt wurde. Noch heute prangt im Wappen des Stadtbezirks Neukölln, zu dem das Böhmische Dorf jetzt gehört, der Hussitenkelch und erinnert an diese Zeit.
Regionalfokus mit der deutschen Minderheit
Die deutsche Minderheit in Tschechien beteiligt sich mit zwei großangelegten Projekten am Kulturfrühling. Zusammen mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) werden in Hultschin (Hlučín), Trautenau (Trutnov) und Gablonz (Jablonec nad Nisou) im Juni Kindertage veranstaltet. Zudem sind unter dem Titel „Bunte 20“ ganztägige Kulturfestivals in Reichenberg (Liberec) und Troppau (Opava) geplant, die genreübergreifend alle Bewohner der Region ansprechen sollen. Eingebunden werden dazu auch Schulen, Kindergärten, die Technische Universität und die Wissenschaftliche Bibliothek in Reichenberg.
Der regionale Fokus ist eines der Hauptmerkmale des Kulturfrühlings. Hansjörg Haber, Geschäftsträger der Botschaft, betonte bei der Vorstellung des Programms die starken regionalen Identitäten in Deutschland und Tschechien, denen man damit Rechnung tragen wolle. Kulturminister Daniel Herman sprach zudem von einem Fundament für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit. „Es sind immer neue Impulse nötig, um das Zusammenleben lebendig zu halten und alte Ressentiments nicht wieder aufkommen zu lassen.“
Eine Übersicht über das Programm des Kulturfrühlings gibt es auf den offiziellen Seiten (hier) und auf Facebook (hier).
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