Tschechien macht im Europapokal eine gute Figur, die Bohemka startet mittelgut, findet unser Autor Egbert Pietsch.
Zum Beginn der neuen Saison wollen wir uns zunächst den tschechischen Startern im Europapokal widmen. In der UEFA-Länderwertung hat die Tschechische Republik enorme Fortschritte gemacht und liegt aktuell auf Rang 9. Das bedeutet, dass der Meister für die Ligaphase bereits qualifiziert ist. Slavia steckt im Lostopf 3. Der Ligazweite, also in diesem Jahr Viktoria Pilsen, durfte in der 2. Runde der Champions-League-Quali am 22. Juli starten. Dort schalteten die Pilsener Servette Genf nach einem schwachen 0:1 daheim mit 3:1 in Genf aus. Danach hieß der Gegner Glasgow Rangers, der dann doch zu stark war: Nach einem 0:3 in Glasgow gab es am 12. August in Pilsen zwar einen 2:1-Sieg, jedoch reichte dieses Resultat leider nicht fürs Weiterkommen. Aber Pilsen (Plzeň) kann immerhin in der Europa League starten. Das hätte auch Sigma Olmütz noch schaffen können, aber Play-off -Gegner Malmö FF erwies sich als zu stark. Zwei deutliche Niederlagen, 0:3 in Malmö, 0:2 daheim sprechen eine klare Sprache. Das bedeutet Abstieg in die Euro Conference League. Sparta hat es dort geschafft, nicht besonders souverän, aber immerhin. Gegen den Riga FC gelang in Prag ein 2:0, auswärts reichte dann eine 0:1 Niederlage für die Qualifikation. Banik Ostrau dagegen schied gegen den slowenischen Vertreter FC Cilli/NK Celje aus. Einem 0:1 auswärts, das noch Hoffnung machte, folgte eine 0:2 Heimniederlage. Dabei hatten die Ostrauer eine Runde zuvor überraschend die favorisierte Wiener Austria eliminiert. Aber mit immerhin vier Vertretern startet die tschechische Liga aussichtsreich in den Europapokal-Herbst.
Wenig Zeit zum Durchatmen
Der Sommer galt lange als Leidenszeit für Fußballfreunde. Nichts los, nirgends. Gähnende Langeweile. Das ist seit einigen Jahren vorbei. Denn unterdessen hat die UEFA 55 Mitglieder, viele neue Kleinnationen sind entstanden oder wurden Mitglied, so dürfen auch die Meister aus z. B. San Marino oder Gibraltar teilnehmen. Dass Kasachstan bei der UEFA zu Europa gehört, mutet wiederum einigermaßen absurd an. Praktisch bedeutet das aber, dass schon Anfang Juli für die kleinen Nationen der Europapokal beginnt. Für viele Klubs sind das die Saisonhöhepunkte mit der großen Chance, mal das eigene Stadion zu füllen und den Bekanntheitsgrad zu steigern.
Auf dem Rückweg von Pilsen über Chemnitz nach Leipzig musste natürlich ein kleiner Abstecher in das Saazer Hopfenanbaugebiet unternommen werden. In Flöhau (Blšany) spielt der FK Chmel Blšany. In den Nullerjahren für ein paar Jahre Erstligist, heute in den Unterklassen verschwunden, hat der Verein eine hübsche Stadionanlage mitten im Dorf. Herrlich gepflegter Rasen, die Haupttribüne mit schöner Patina. Hier hat u. a. der spätere Nationaltorwart Petr Čech einst seine ersten Karriereschritte gemacht. Das Motorest am Dorfplatz erfreut mit solider böhmischer Küche.
Vertane Chance gegen Slavia
Nun wird es aber Zeit, dass wir uns unserem Hauptgegenstand, der Prager Bohemka, nähern. Wir stehen nach fünf Spieltagen auf Platz 8, also solide im Mittelfeld. Zwei Siege, drei Niederlagen. Der Auftakt am 19. Juli gelang hervorragend gegen den Vorjahresdritten Banik Ostrau/Ostrava mit einem 1:0 Heimsieg. Unser wuchtiger Mittelstürmer Jussuf Hilal aus Bahrein schoss dabei ein sehr schön herausgespieltes Tor.
Die Woche drauf gab es gleich einen der Saisonhöhepunkte: Das V-Derby gegen Slavia. V steht hier für Vršovice (dt. Werschowitz), beide Vereine trennen nur drei Tramstationen. Die hochfavorisierten Gäste gewannen leider 2:0, aber gegen Slavia darf man verlieren. Die Leistung war gut, die erste halbe Stunde hatten wir Slavia erstaunlich gut im Griff und unser Václav Drchal hatte die 120-prozentige Chance auf das 1:0, nach einem hervorragenden Sprint hatte er nur noch den Torhüter vor sich, spielte auch den schulmäßig aus und – schwer fassbar – setzte das Leder dann nur an den Pfosten! Dabei war der Winkel keineswegs zu spitz. Es bleibt unerklärlich und der arme Mann wird lebenslänglich davon träumen. Dann schoss Provod das 0:1, die Gäste wurden stärker und gewannen verdient.
Bohemka startet ansonsten solide
Am 3. Spieltag erwartete uns in Teplitz (Teplice) unser erster Auswärtsauftritt. Letzte Saison, wir erinnern uns sehr gern, feierten wir dort einen 2:1 Auswärtssieg. Diesmal feierten zunächst die Teplitzer. Und zwar ihren 80. Geburtstag: Es gab Salutschüsse! Trotzdem verloren sich in der Riesenschüssel nur 5280 Zuschauer. Das Teplitzer Stadion ist einfach überdimensioniert. Leider mussten wir eine 0:3-Niederlage hinnehmen, obwohl wir mindestens gleichwertig waren. Es war wie fast immer: Wir spielen ganz schön, aber sind nicht gefährlich. Teplitz hatte leider unfassbares Schussglück. Von vier Schüssen aufs Tor gingen drei rein. Auch allesamt wirklich gut geschossen, kein Vorwurf an den Torhüter.
Am 10. August hatten wir dann die Gablonzer im Dolíček, die mit einer guten Mannschaftsleistung einen verdienten Auswärtssieg mit nahmen. Das einzige Tor schoss Jan Chramosta, der ja auch bei uns zwei Jahre verbrachte. Am 5. Spieltag, dem 17. August, endlich wieder ein Sieg!
In Karwin (Karviná) konnten wir drei Punkte holen, was eine schöne Überraschung war, denn der MFK Karviná ist sehr gut in die Saison gestartet, genau wie der Aufsteiger aus Zlin (Zlín). Ansonsten nicht viel Neues: Die beiden reichen großen Prager Vereine stehen oben: Sparta und Slavia. Über den 6. Spieltag sollte hier eigentlich auch noch berichtet werden, Heimspiel gegen den böhmischen VfL Wolfsburg, den FC Jungbunzlau/FK Mlada Boleslav, aber unser Spiel wurde abgesagt, weil bei uns sagenhafte 14 Spieler an einer Infektion der Atemwege leiden, die sie sich in unserer Kabine eingefangen haben. Dazu also später. Es wird jedenfalls Zeit, dass das Stadion renoviert wird!
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 9/2025
Das neue LandesEcho 9/25 ist da!
In der September-Ausgabe widmen wir uns vor allem den Frauen Tschechiens und der „anderen Hälfte der Geschichte“. Zudem beantworten wir die Frage, warum ein rätselhafter Umschlag des ersten Präsidenten der Tschechoslowakei gerade ganz Tschechien in Atem hält, und berichten von den diesjährigen Deutsch-Tschechischen Begegnungstagen in Pilsen. Darüber hinaus finden Sie im neuen LandesEcho wieder viele…
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