In der mittlerweile zerstörten Burg Blanz, an der Stelle des heutigen Renaissanceschlosses, lebte einst ein Adelsgeschlecht, das unter einem bösen Fluch litt: Am Ende seines Lebens war jedes Familienmitglied dazu verdammt, sich in eine Steinstaue zu verwandeln.
Die Zeit verging, und Jahre nachdem die Familie verflucht wurde, lebte nur noch das letzte männliche Mitglied der Familie, der Ritter Bohouš, mit seiner Tochter Jitka auf der Burg Blanz, nördlich von Brünn (Brno). Sein ganzes Leben lang fragte sich der Burgherr, wie er den schweren Fluch, den ein abtrünniges Mitglied seines Adelsgeschlechts über die Familie gebracht hatte, wieder loswerden könnte.
Kein Entrinnen?
Schließlich fasste er den Entschluss, gemeinsam mit seiner Tochter den freiwilligen Tod zu wählen. Eines Abends setzten sie sich gemeinsam an einen Tisch in einem feierlich beleuchteten Rittersaal. Nachdem sie gegessen hatten, füllten sie zwei Kelche mit Wein und gaben Gift dazu. Dann knieten sie zusammen nieder, beteten und leerten ihre Kelche. Der Vater umarmte seine Tochter ein letztes Mal, und nach einer Weile fielen beide tot zu Boden. Sie wurden in der Familiengruft begraben, aber ihr Opfer war vergeblich.
Auch Ritter Bohouš wurde zu einer Steinstatue. Nur die Jungfrau Jitka war dazu bestimmt, als blasse Erscheinung durch das Schloss zu wandern, bis der Fluch vorüber war. Sie sah lebendig aus, sie war schön wie eine Lilie, aber sie sprach kein Wort.
Erlösung durch die Liebe
Viele Jahre später ritt ein junger Ritter vorbei. Am Abend überraschte ihn ein Gewitter in der Gegend bei Blanz (Blansko). Er sah ein Licht in der Burg, eilte hinauf und blieb im Hof stehen, verlegen. Eine schöne Maid kam ihm entgegen, winkte ihm zu und führte ihn die Treppe hinauf. Er öffnete die Tür und siehe da, sie befanden sich in einem wunderschönen Gemach. Das Feuer loderte im Kamin, und auf dem Tisch standen reichlich Speisen und Getränke. Auf Geheiß der schönen Maid setzte sich der Ritter hin und stellte dem Mädchen beim Essen Fragen – ohne Antwort zu erhalten. Nur aus ihren Bewegungen verstand er, dass sie entweder stumm war oder nicht sprechen durfte. So verzaubert war er von ihr, dass er seinen Blick nicht von ihr abwenden konnte. Er kniete vor ihr nieder, gestand ihr seine Liebe und bat um die Erlaubnis seiner Eltern, sie zu heiraten.
Ein Antrag in der Gruft
Daraufhin führte ihn das Mädchen in die Krypta hinunter. Der Ritter schrie entsetzt auf, als er die steinernen Figuren entdeckte, die ihn aus jeder Nische heraus anstarrten, doch der Anblick des schönen Mädchens beruhigte ihn. Er verneigte sich vor zwei Statuen, bei denen es sich um die Eltern des Mädchens handeln musste, und sagte mit fester Stimme: „Edle Dame, und tugendhafter Ritter, darf ich um die Hand dieses schönen und edlen Mädchens anhalten?“ Er erstarrte fast, als er sah, wie die Steinfiguren mit dem Kopf nickten. „Und du, Geliebte, was wirst du mir antworten?“ Er wandte sich an das Mädchen. Sie lächelte ihn an und setzte ihre Lippen zu einem Kuss an. Als er sich freute, machte sein Herz einen Sprung.
Er umarmte das Mädchen und drückte ihr einen feurigen Kuss auf die rosigen Lippen. Er fragte sich, welche Freude im Leben er ohne Sie verpasst hatte, und schloss für einen Moment die Augen.
Das Ende des Fluchs
Was war das? Er blinzelte, sah sich um und starrte erschrocken. Plötzlich war alles verschwunden, die Jungfrau und die Statuen. Er befand sich in einem vom Mondlicht hell erleuchteten Innenhof, und sein Pferd stand in einer Ecke unter einem Ahornbaum. Er rang um Fassung. Da hörte er eine fremde Stimme aus der Ferne: „Verzeiht, edler Ritter und nehmt tausend Dank an. Eure Liebe hat mich und meine ganze Familie von der schweren Last des Fluches befreit, den unser Vorfahre auf uns gelegt hat.“ Wie in einem Traum bestieg der Ritter sein Pferd und machte sich langsam auf den Weg. Von diesem Zeitpunkt an erschien das schöne Mädchen nie wieder in der Burg. Das Adelsgeschlecht ward vom Fluch befreit.
Quelle: Geschichten aus der Südmährischen Region / lusa.cz
Zusammengetragen von Irene Kunc
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Mehr…Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 5/2025
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