Nördlich von Brünn, an der Stelle des Renaissanceschlosses Blanz, stand einmal eine Burg. Die Anlage wurde während der Hussitenkriege zerstört. Doch vor hunderten von Jahren lebte dort ein Ritter, dessen gesamte Familie von einem Einsiedler verflucht wurde.
Einst lebte in der Burg Blanz ein rigoros böser Ritter. Er plünderte, raubte und mordete Reisende, folterte und quälte seine Untertanen. Er war der Schrecken der ganzen Region. Jeder mied ihn, so gut es ging. Zugleich lebte in einer der vielen Höhlen der Gegend ein frommer Einsiedler, der sein Leben im Gebet verbrachte. Einmal, als er vor seinem Kreuz kniete, kam der Ritter auf einem Pferd vorbei.
Ein schicksalhaftes Zusammentreffen
Er hielt an und begann zu seinem eigenen Vergnügen mit dem Einsiedler zu sprechen: „He, hör auf, heiliger Mann. Du tust mir leid, wenn ich sehe, in welchem Elend du hier lebst. Ich habe etwas Besseres für dich. Komm mit mir in die Burg. Dort gebe ich dir ein weiches Bett, Fleisch, Wein nach Herzenslust, und ein goldenes Kreuz statt eines Hölzernen. Komm, du sollst mein Beichtvater und Gefährte sein. Ich bin dort traurig, du wirst mich aufmuntern.“ „Danke, Sir!“ erwiderte der alte Mann. „Ich habe kein Verlangen nach Komfort und gutem Essen. Ich bin hier glücklich in Not und Mangel. Und dass Ihr mich zum Beichtvater haben wollt, ist nur eine vorübergehende Laune. Lasst mich in Ruhe und geht weg.“„Wenn du nicht den guten Weg gehst, wirst du den schlechten Weg gehen“, knurrte der Ritter. Er befahl seinen Männern, den Einsiedler zu fesseln und ihn an den Schwanz seines Pferdes zu binden. „Chacha“, lachte er wild und gab dem Pferd die Sporen.
Des Einsiedlers Rache
Auf der Burg ließ er den halbtoten und blutüberströmten Unglücklichen in die Hungerkammer werfen. Dann setzte er sich selbst an den Tisch und füllte seinen Bauch mit reichlich Essen und Trinken bis in die Nacht. Er hörte nicht auf, bis er betrunken unter den Tisch gefallen war. Dann trugen ihn die Diener ins Bett. Er schlief tief und fest, aber nicht lange. Als der Ansager Mitternacht ankündigte, öffnete sich knarrend die Schlafzimmertür, bevor sie ein Windstoß heftig wieder zuschlug. Der Ritter stand aufrecht auf dem Bett, seine trunkenen Augen weiteten sich. Die Kammer war plötzlich hell erleuchtet, und der Einsiedler stand vor dem Bett. Sobald der Ritter ihn erkannte, ergriff er sein Schwert und schlug nach ihm. Doch das Schwert ging durch die Leere, die Gestalt stand weiter weg und war nun noch größer. Das Schwert fiel zu Boden und zerbrach in zwei Teile. Der Ritter erstarrte vor Schreck, ging in die Hocke und verhüllte in plötzlicher Angst sein Gesicht. Die Erscheinung sprach mit mächtiger Stimme: „Ich verfluche dich, Ritter, dich und deine ganze Sippe. Du und alle deine Nachkommen werden für deine bösen Taten bezahlen, wenn du stirbst. Du wirst im Grab keine Ruhe finden, sondern zu Stein verwandelt werden, zu einem Stein, der für deine bösen Taten denken und leiden wird. Verflucht seist du.“
Der Fluch ist in der Welt
Plötzlich wurde der Ritter nüchtern, schrie wie ein Wahnsinniger, sprang auf und stürzte die Treppe hinunter in die Hungerkammer. Die Waffenschmiede öffneten den dunklen Kerker, leuchteten mit ihren Fackeln hinein – dort in einer Ecke auf dem verrottenden Stroh lag ein Einsiedler, aber tot. Seine weit aufgerissenen Augen starrten den Ritter vorwurfsvoll an. Unfähig, den Anblick der toten Augen zu ertragen, drehte sich der Ritter um, rannte die Treppe zur obersten Zinne hinauf und stürzte sich mit einem Fluch auf den Lippen den Burgturm hinunter. Sie begruben ihn in der Krypta des Schlosses. Aber was für ein Wunder! Kaum war der Sarg an seinen Platz gestellt, sprang der Deckel auf, der Ritter erhob sich, ging mit schweren Schritten zur Nische und erstarrte dort zu Stein. Ein Stein, der stöhnte und ächzte! Alle Nachkommen des Ritters sollten sich daraufhin in ächzende Steine verwandeln, wenn sie starben. Der böse Fluch vertrieb alle Freude, und die prächtige Burg wurde zu einem trostlosen Ort.
Teil II lesen Sie im nächsten Monat!
Quelle: Die schönsten Sagen aus dem Sudetenland von Margarete Kubelka
Zusammengetragen von Irene Kunc