Im schwäbischen Kaisheim hat die einst beliebte Kapelle eine neue Heimat gefunden.
Wer auf der B2 zwischen Weißenburg und Donauwörth unterwegs ist, erblickt bei der Abfahrt Kaisheim Nord auf der nördlichen Straßenseite das „vergoldete“ Zwiebeltürmchen einer kleinen Kapelle. Sie ist als Erinnerungsstätte an das Heidebrünnl im Altvatergebirge, nahe der österreichischen Markgrafenschaft Mähren, entstanden.
Das Heidebrünnl war ein berühmtes und markantes Wallfahrer- und Wandererziel im Altvater. Es ist leider am 30. Mai 1946 durch einen Blitzschlag in Flammen aufgegangen und restlos abgebrannt. Eine Sage erzählt, dass sich hier im frühen 14. Jahrhundert der Jäger Franz Niewall aus Reutenhau auf der Pirsch befand. Als ihm ein kapitaler Hirsch ins Schussfeld geriet, streckte er das Tier nieder und schleppte es zu einer nahen Quelle, um es dort aufzubrechen, wobei er die Wundstelle im Voraus zu reinigen versuchte. Urplötzlich sprang da der Hirsch auf und suchte mit hohen Sprüngen das Weite, was den Jäger gehörig erschreckte. Auch von einem Förster, der zu erblinden drohte, ist bekannt, dass er sein Augenlicht mit dem Quellwasser retten konnte. Als Niewall Jahre später mit seiner Familie an einer Hautkrankheit litt, träumte er, dass das wundertätige Quellwasser den Hirsch gerettet hatte. Das veranlasste ihn, zusammen mit seiner Frau und den Kindern zur Quelle zu pilgern, um dort vom Wasser zu trinken und sich damit zu waschen, was zu einer schnellen Gesundung führte. Zum Dank errichtete Niewall am Heilungsort ein steinernes Denkmal mit einer Bildtafel der fünf Wunden des Erlösers.
Viele Menschen pilgerten daraufhin zu diesem wundersamen, Heil versprechenden Ort. Da sich die Heilungserfolge rasch herumsprachen, war das damalige Heidebrünnl bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts ein bedeutender Wallfahrtsort, was dazu führte, dass hier zuerst eine Kapelle und später mehrere Nachfolgekirchlein gebaut wurden, deren letzte am 11. September 1927 von Bischof Dr. Norbert Klein, dem Hochmeister des Deutschen Ordens, geweiht worden ist.
1946 traf den damals 15-jährigen Ernst Seifert zusammen mit seiner Familie, die in Winkelsdorf im Tesstal, Kreis Mährisch-Schönberg, ihr Zuhause hatten, das Vertreibungsschicksal. Der Mutter Anna Seifert, geb. Praus, fiel es besonders schwer, die Heimat zu verlassen und sich als tiefgläubige Frau von der nahen Heidebrünnl-Kapelle, die sie in Freud und Leid oft aufgesucht hatte, zu trennen.
Ihr Sohn Ernst, dem der Kummer der Mutter sehr zu Herzen ging, gelobte ihr, in der zweiten Heimat eine neue Heidebrünnl-Kapelle zu bauen, sobald er es sich beruflich und finanziell erlauben kann. Fleiß und Tatkraft erlaubten es, dass der spätere Kaisheimer Neubürger die erträumte Existenzgrundlage schaffen konnte. Er erwarb daher im Vorgriff eine gut zwei Hektar große Magerrasen-Heidefläche zwischen Kaisheim und Gunzenhausen und bepflanzte sie mit mehr als 8000 Bäumen und Sträuchern. 1998 begann Ernst Seifert sein Versprechen einzulösen, wobei er das neue Bauwerk der vormaligen Kapelle nachgestalten ließ. Am 20. Mai 2004 zu Christi Himmelfahrt konnte das Bauwerk, das ca. 45 Personen Platz bietet, vom ehemaligen Augsburger Bischof Dr. Walter Mixa in einem festlichen Gottesdienst eingeweiht werden.
Bereits vor dem Baubeginn des Kirchleins legte Ernst Seifert auf dem Areal einen Waldlehrpfad an, von dem aus man über 200 unterschiedliche Bäume und Sträucher kennenlernen kann. Um dem Kapellennamen in der alten Heimat gerecht zu werden, ließ Ernst Seifert im Umkreis der Kapelle nach Wasser graben. Als die Suche von Erfolg gekrönt war, wurde hier eine Brunnenstube errichtet, die am 13. August 2006 gesegnet wurde.
Ernst Seifert hat es geschafft, seiner Heidebrünnl-Kapelle ein dauerhaftes „Heimatrecht“ fern der ehemaligen Heimat einzuräumen. Die Kapelle ist an Sonn- und Feiertagen von 14.00-17.00 Uhr geöffnet. Führungen bitte bei der Marktgemeinde Kaisheim erfragen.