Ein Zug mit humanitärer Hilfe, bereit für die Abfahrt in die Ukraine. Foto: ČTK/Šimánek Vít

Spendensammlungen, Bahnfahrten und die Versorgung der Flüchtlinge – Abseits politischer Verhandlungen zeigt die breite tschechische Zivilgesellschaft große Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung.

Die Unterstützung der Ukraine in der Tschechischen Republik ist groß. Die Politik reagierte bereits vor der Invasion mit den Forderungen nach scharfen Sanktionen gegenüber Russland und beschloss Munitionslieferungen in die Ukraine. In den letzten Tagen versammelten sich zudem zehntausende Menschen, um gegen Putins Invasion zu demonstrieren. Die Solidaritätsbekundungen finden ihre Praxis auch außerhalb politischer Beschlüsse, große Teile der Zivilgesellschaft helfen, wo sie nur können.

Sammelaktion im Haus der nationalen Minderheiten

Eine der Hilfsaktionen konzentrierte sich um das Haus der nationalen Minderheiten in Prag, in welchem sich auch die Redaktionsräume des LandesEcho befinden. In Zusammenarbeit mit der ukrainischen Botschaft wurde eine Liste mit benötigten Sachspenden veröffentlicht. Auf dieser befanden sich vor allem kugelsichere Westen und Helme, aber auch diverse Medikamente, Sanitätsbedarf in Form verschiedener Arten von Bandagen, Schienen oder intravenöse Infusionssysteme. Für Frauen und Kinder an der Grenze konnten die Menschen Schlafsäcke und warme Decken, Kissen, Matten, Toilettenartikel, Batterien, Zelte oder Regenmäntel spenden.  Diese wurden im Haus der nationalen Minderheiten in Prag gesammelt und schließlich Richtung Grenze gefahren.

Im Haus der nationalen Minderheiten in Prag wird humanitäre Hilfe für die Ukraine gesammelt. Foto: Facebook/ Ukrainische Botschaft Prag

Im Haus der nationalen Minderheiten in Prag wird humanitäre Hilfe für die Ukraine gesammelt. Foto: Facebook/ Ukrainische Botschaft Prag

Die Spendenbereitschaft für die benötigten Materialien war groß. Firmen und Hersteller spendeten Teile ihrer medizinischen Bestände und vor dem Gebäude sammelten sich die Helfer. Zahlreiche Kisten wurden für die Menschen in der Ukraine gepackt und verladen. Doch nicht nur in den Sachspenden zeigt sich die Hilfsbereitschaft in Tschechien, so wurden bereits am Tag nach der Invasion große Geldspenden verzeichnet. Die gemeinnützige Organisation „Člověk v tísni“ (Mensch in Not) hat schon am 25. Februar 100 Millionen Kronen gesammelt, das entspricht ungefähr vier Millionen Euro.

Fluchthilfe in Bussen und Zügen

Die Hilfe zur Grenze erfährt auch in anderen Formen die große Solidarität der tschechischen Bevölkerung. So wird ebenfalls den Flüchtlingen mit aller Kraft geholfen, der Transport spielt dabei eine herausragende Rolle. Die Tschechischen Bahnen (České dráhy) helfen beispielsweise auf vielfältige Art und Weise. Die Züge zur ukrainischen Grenze werden voll beladen mit Hilfsmaterialien, um keine Fahrt nach Osten ungenutzt zu lassen und die humanitären Maßnahmen schnellstmöglich zu verschicken. Richtung Westen bringen die tschechischen Züge schließlich hunderte ukrainische Flüchtlinge in Sicherheit. Damit nimmt die Bahn eine zentrale Stellung bei der Fluchthilfe ein. Sie hilft aber nicht nur mit ihren koordinierten Fahrten an und von der Grenze. Bereits einen Tag nach dem Beginn der Invasion, am 25. Februar, beschloss die Tschechische Bahn, dass die Bürger der Ukraine kostenlos mit der Bahn fahren dürfen und keine Tickets benötigen. Sie müssen bei Kontrollen lediglich ihren Pass vorzeigen.

Doch nicht nur die Bahn organisiert Fluchthilfe von der ukrainisch-slowakischen Grenze. Viele Privatpersonen fahren mit ihren Autos los, um Flüchtende nach Westen zu bringen. Die Region Mittelböhmen erklärte sich bereit, bis zu hundert Busse für Flüchtlinge an die Grenze zu schicken. Je nach Bedarf sollen diese Menschen nach Tschechien bringen. Bisher wurden zwei Busse nach Osten geschickt, welche am Mittwochmorgen zurückkehren sollen. Diese werden schließlich in städtischen Unterkünften untergebracht. Auch private Transportunternehmen stellen Busse und Lastwagen für die Hilfe zur Verfügung.

Große Bereitschaft zur Bereitstellung von Unterkünften

Die Unterstützung bei der Unterbringung der Kriegsflüchtlinge ist bei der Zivilbevölkerung ungebrochen. Das Innenministerium registrierte bereits tausend kostenlose Wohnungsangebote in ganz Tschechien. Dabei handelt es sich sowohl um Massenunterkünfte als auch Privatwohnungen. Die Vermittlung einzelner Betten und Wohnungen übergaben die Behörden an gemeinnützige Organisationen. Die Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, ist groß. Die Charitas wird von Menschen aus dem ganzen Land kontaktiert, die Unterschlupf in Häusern, Wohnungen oder Freizeiteinrichtungen bieten können. Auch städtische und staatliche Unterkünfte werden für die Unterbringung genutzt. Momentan sind die Behörden noch auf der Suche nach weiteren Massenunterkünften, in denen mehr als zwanzig Personen unterkommen können.

So zieht sich die Hilfsbereitschaft durch sämtliche Bereiche der tschechischen Gesellschaft. Schüler helfen beim Dolmetschen, Anwälte bieten kostenlose Prozesshilfen an und zahlreiche Menschen unterstützen die Opfer der russischen Invasion mit Sach- und Geldspenden. Die tschechische Gesellschaft zeigt in diesem Moment der Krise ihre ganze Größe und die Bereitschaft, die Hilfe abseits politischer Beschlüsse auch ganz pragmatisch selbst in die Hand zu nehmen.


 Wenn Sie auch helfen möchten oder Hilfe suchen: Inzwischen gibt es eine zentrale Webseite zur Koordination humanitärer Hilfe für die Ukraine in Tschechien: https://www.pomahejukrajine.cz/

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