Eine Linde im Altvatergebirge birgt Sagen über vergrabene Schätze, flüchtende Königsprinzen und gerettete Leben.
Wenn man von Bärn (Moravský Beroun) auf dem alten Verbindungsweg nach Bautsch (Budišov nad Budišovkou) reist und die Höhe hinter Alt-Liebau (Libavá) am sogenannten roten Berge erreicht hat, sieht man am Wege zwischen Basalttrümmern eine alte, vom Winde zerzauste Linde stehen, welche die „goldene Linde“ heißt: Über den Ursprung dieses Namen wird Folgendes erzählt:
Als 1758 das preußische Heer Olmütz (Olomouc) belagerte und unter den Belagerern Not an Lebensmitteln und Munition eintrat, wurde zur Verproviantierung ein großer, aus 4000 Wagen bestehender Material-Transport aus Preußen über Troppau (Opava) nach Olmütz dirigiert. Als dieser Transport sich zwischen Troppau und Giebau (Jivová) bewegte, wurde er durch die Generäle Laudon und Siskowitz zwischen Neudörfl (Nová Víska) und Domstadl (Domášov) angegriffen und zersprengt und es gelang einzelnen Fuhrleuten, in der Verwirrung von den Wagen, welche die Kriegskasse führten, Fässchen mit Gold zu erbeuten und in der Gegend zu verbergen. Mochten nun manche dieser klugen im Getümmel nachträglich umgekommen sein, oder andere die verborgenen Schätze nicht wieder aufgefunden haben, genug, es wurden nachher öfters von Bauern der Gegend beim Ackern auf abgelegenen Feldern oder bei Roden in den Wäldern größere oder geringere Mengen Gold- und Silbermünzen gefunden und manch wohlhabender Bauer soll sein Vermögen solch glücklichem Funde verdanken.
Der glückliche Bursche
Nun ging von Bärn und Umgebung früher alljährlich ein Wallfahrtszug zum Gnadenorte Albendorf (Vambeřice) in der preußischen Grafschaft Glatz (Kladsko). Als ein solcher Wallfahrtszug vor etwa hundert Jahren in einem preußischen Dorfe übernachtete, befand sich im Wirtshaus auch ein alter Invalide, der, als er hörte, dass die Wallfahrer aus der Gegend von Bärn kämen, weidlich auf diese Gegend fluchte, weil er dort nicht nur im Gefechte bei Domstadtl ein Bein verloren, sondern auch von seiner Verwundung dort einen Schatz verborgen habe, den er nur wegen seiner Krüppelhaftigkeit nicht mehr holen könne. Natürlich glaubten die Wallfahrer nur einen Aufschneider zu hören und beachteten die letzteren Angaben nicht. Nun ein Bursche, der Sohn eines Bärner
Wirtschafters, war aufmerksam und macht sich unbemerkt an den Invaliden, trank ihm fleißig zu und suchte von demselben den Ort zu erfahren, wo der besprochene Schatz vergraben sein. Der Invalide wurde auch nach reichlich genossenem Brandweine mitteilsamer und gab an, dass er ein Fässchen mit Goldstücken unter einer am höchsten Punkte des Weges zwischen Bärn und Bautsch stehenden, von großen Steinblöcken umgebenen Linde vergraben habe, und vermaß sich hoch und teuer, wenn ihn jemand dahinführen ließe, wollte er ihn reichlich belohnen. Als die Wallfahrer wieder in ihre Heimat zurückgekehrt waren, dachten die Wenigsten an die Aussagen des alten Invaliden und niemanden fiel es ein, die Rede desselben für wahr zu halten: Nur der Bursche, der die nähere Bezeichnung des Ortes sich genau gemerkt hatte, suchte darnach, fand auch richtig die Linde und nach längeren Grabungen auch den Schatz. Seitdem heißt die Linde am Roten Berge „die goldene Linde“.
Weitere Sagen um die „Goldenen Linde“ im Altvatergebirge:
Als eins ein fremder Königssohn, von Feinden hart verfolgt, gegen den Rotenberg flüchtete, kam er zu einer Linde. Rasch sprang er vom Pferde, erkletterte den dichtbelaubten Baum und verbarg sich in seinem Geäst. Vergeblich suchten ihn seine Verfolger. Als die Gefahr vorüber war, rief der Prinz aus: „O, du goldenen Linde, du hast mir das Leben gerettet.“ So kam die Linde zu ihrem Namen.
Eine ähnliche Sage berichtet, dass einst General Laudon unter dieser Linde sein Frühstück einnahm. Eine Kanonenkugel schlug in den Baum ein und Laudon sprang auf und rief: „O, du goldene Linde, du hast mich vor dem Tode bewahrt.“
Auch von goldenen verborgenen Schätzen, die im Roten Berge von Geistern behütet werden, erzählt der Volksmund. Nur am Palmsonntag, während der Priester die Leidensgeschichte unseres Herrn liest, ist die Schatzhöhle geöffnet.
Zusammengetragen von Irene Kunc
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 11/2024
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