Unsere LandesBloggerin Anna hat sich an einem ihrer letzten Tage in der schönsten Stadt auf ein unbekanntes Territorium gewagt: den großen grünen Fleck in Prag 7, den königlichen Wildpark (Královská obora) Stromovka.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass es mich an jenem Samstagmorgen in der Adventszeit in den hoch gepriesenen Schlosspark Troja zog – nur stellte sich heraus, dass dieser ab November, über die Wintermonate, geschlossen hat. Also warf ich einen Blick auf Google Maps und da stach mir der große grüne Fleck im Norden der Stadt ins Auge. So wurde es statt des Schlossparks Troja der Wildpark Stromovka.
Mit dem Fortbewegungsmittel Nummer Eins, der Tram, war ich nach wenigen Minuten an meinem Ziel. Am Ende der Straße konnte ich schon die Umrisse der südlichen Parkmauer erkennen und als ich durch das Tor trat, war ich überrascht, dass der Weg statt geradeaus nach unten führte. Leicht irritiert folgte ich meist Hundebesitzern den Weg bergab.
Ein winterliches Paradies
Nicht wenig zuvor lag zum ersten Mal in diesem Jahre richtig Schnee und im Gegensatz zu der Stadt und den Straßen waren auf den ausladenden Flächen des Parks noch vereinzelte Schneereste zu finden. Zu meiner Freude natürlich – auch wenn ich an diesem Punkt eine kleine Warnung aussprechen muss: Man sollte sich im Winter auf dem Weg bergab vor Glatteis hüten! Bei mir ist alles aber gerade nochmal gut gegangen. Heil im „Winterparadies“ angekommen, fielen mir direkt die künstlich angelegten, zugefrorenen Teiche auf. Schade, dass es definitiv noch nicht lange genug kalt war, als dass man sich aufs Eis gewagt hätte.
Die zugefrorenen Gewässer würden Mitte Dezember noch niemanden halten. Foto: Anna Treutlein
Auf den riesigen Parkflächen angekommen, traf ich Familien, Paare und Hundebesitzer auf ihrem morgendlichen Winterspaziergang. Ein Gedanke, der mir sofort in den Kopf schoss: Obwohl wir uns hier so gut wie mitten in Prag befanden, waren alle gleichermaßen ausgeglichen und stressbefreit. Auch für mich war die Natur eine schöne Abwechslung zur Stadt.
Ein Weg führt über einen der zugefrorenen Teiche auf eine leichte Erhebung, die ursprünglich als künstliche Insel angelegt wurde. Im Hintergrund ist das derzeit geschlossene Restaurant Šlechtova zu erkennen. Foto: Anna Treutlein
Mein Highlight
Ein lustiger Moment für mich als Besucherin des Parks fand an einem der Teiche mit einer kleinen Insel statt. Hier führte ein Seil von dem meinigen Ufer zum Inselufer, an welchem ein Holzfloß vertaut war. Der ganze Teich war, wie die anderen Teiche, zugefroren. Nur unterhalb des Seils war die Wasseroberfläche komischerweise nicht gefroren. Während ich also noch über dieses merkwürdige Konstrukt grübelte, stellte sich ein Pärchen auf das besagte Floß und zog kräftig am Seil. So bewegten sie sich gekonnt vorwärts Richtung Insel. Dieses Konstrukt schafft es tatsächlich, eine Brücke unnötig werden zu lassen!
Der „Brückenersatz“, der es einem ermöglicht, auf die Insel zu gelangen. Foto: Anna Treutlein
Ein zweiter schöner Anblick war für mich eine lebensgroße Steinstatue eines Pärchens. Es schaut sich auf einer Bank ergriffen und verliebt in die Augen. Die Statue fängt die Atmosphäre des Freizeitgeländes unheimlich gut ein, da sie tatsächlich einige der Besucher abbildet.
Die Statue zeigt ein verliebtes Pärchen, das sich in die Augen schaut. Foto: Anna Treutlein
Der „Central Park“ Prags
Spätestens nachdem ich das prächtige Schlösschen am Hang erblickt hatte, wollte ich mehr Wissen über die Geschichte des Parks. Schließlich heißt er ja auch noch „Königlicher Wildpark“. Im Zuge dessen stellte sich heraus, dass jenes Schlösschen das ehemalige Sommerhaus des Gouverneurs war…
Der Park wurde schon im 13. Jahrhundert als Wildreservat für genau dieses Schlösschen angelegt und als Jagdrevier genutzt. Das Wildgehege wurde erst 1804 in einen öffentlich zugänglichen Waldpark im Stil eines englischen Parks umgewandelt und wird seither als Landschaftsgarten gepflegt. Er wird sowohl als Naturdenkmal als auch als Kulturdenkmal geschützt.
Unglücklicherweise wurde Stromovka im August 2002 von einem Hochwasser beschädigt, wobei ein Drittel des gesamten Parks vernichtet wurde. Das Hochwasser beschädigte unter anderem ca. 200 Bäume, 200 weitere vertrockneten und 300 Bäume starben infolge des Sauerstoffmangels im Boden. Nach aufwändigen Renovierungen wurde der heutige Park, der eine Größe von ca. 95 ha hat und über mehrere Seen und Freiflächen verfügt, am 1. April 2003 wiedereröffnet. Auch aufgrund seiner Größe wird der Park heute nicht selten als „Central Park“ Prags angesehen.
Auch wenn ich an jenem Morgen nicht den Schlosspark Troja besichtigen konnte, wurde ich von meiner zweiten Wahl nicht enttäuscht! Und für mein nächstes Mal in Prag habe ich jetzt schon Pläne…
Alte Bäume neigen sich Richtung Wasseroberfläche und kreieren das Bild eines verwunschenen Parks. Foto: Anna Treutlein