Dagmar Heeg, Dolmetscherin und Übersetzerin mit Wurzeln im Braunauer Ländchen, widmet sich der Geschichte der Region und sprach mit LandesEcho über ihre Arbeit und Zusammenarbeit mit dem Heimatkreis Braunau.
Dagmar Heeg vermittelt seit einigen Jahren einem tschechischen Publikum Informationen über die ursprüngliche deutsche Bevölkerung von Braunau (Broumov) und den umliegenden Dörfern. Sie übersetzte unter anderem ein Buch über Märzdorf (Martínkovice) und gab im Mai dieses Jahres einen Katalog mit Fotografien des Löchauers Anton Schmitt unter dem Titel „Landschaften menschlicher Schicksale“ heraus.
LE: Sie stammen aus Chotzen (Choceň). Welche Beziehung haben Sie zum Braunauer Ländchen? Wann und wie trat Braunau in Ihr Leben?
Im Braunauer Ländchen wurde meine Mutter geboren, und ich verbrachte die Ferien in meiner Kindheit und Jugend oft bei meinen Großeltern. Barzdorf (Božanov) kenne ich wie meine Westentasche, ich erinnere mich an die Gegend entlang der Grenze als „das Ende der Welt“ vor der Öffnung der Grenzen, ich habe die gesamten Braunauer Wände, die Adersbacher Felsenstadt und andere schöne Orte in der Umgebung durchwandert. Das Braunauer Ländchen empfinde ich als meine zweite Heimat.
LE: Sie sind Übersetzerin aus dem Deutschen und konzentrieren sich auf Texte zur sudetendeutschen Geschichte. Tun Sie das mit einem bestimmten Ziel?
Mit der deutschen Geschichte der Sudeten habe ich mich erst während der Corona-Zeit intensiver beschäftigt, als mir von einem Tag auf den anderen Dolmetscheraufträge wegfielen und ich plötzlich mehr Zeit hatte. Ich stieß auf Publikationen des Heimatkreises Braunau und dessen Bücher über alle Dörfer der Region und ich bestellte mir einige davon, um sie nach und nach zu lesen. Damals waren sie nur im Braunauer Heimatmuseum in Forchheim erhältlich. Ein paar Tage später rief mich Hannelore Erber an vom Heimatmuseum an und stellte einen Kontakt zum stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins, Herrn Reichert, her. Damit öffnete sie mir im Grunde genommen die Tür zum Heimatkreis und schuf einen intensiven Kontakt zwischen mir und den deutschen Einheimischen. Für den Verein ist es sehr wertvoll, jemanden zu haben, der nicht nur Interesse an der deutschen Geschichte der Region hat, sondern auch beide Sprachen beherrscht.
Freude an aufwendigen Übersetzungsprojekten
LE: Wie schwierig ist es, an Informationen über die deutschen Einwohner des Braunauer Ländchen zu gelangen?
Viele interessante Informationen findet man im Depot des Braunauer Heimatmuseums in Forchheim, im Archiv von Nachod (Náchod) und in alten Matriken. Bisher habe ich immer vergeblich versucht, für die bisherigen Projekte Materialien aus dem Braunauer Museum zu beschaffen, da dort keine Unterlagen zur Geschichte von Märzdorf (Martínkovice) oder Wekelsdorf (Teplice nad Metují) verfügbar waren. Bei jedem neuen Projekt versuche ich zudem, die letzten lebenden Zeitzeugen zu kontaktieren, ihre Informationen aufzuzeichnen und in die vorbereiteten Texte einzubeziehen. Solche Übersetzungsprojekte ähneln oft eher Forschungsarbeiten und sind sehr zeitaufwendig, aber ich halte sie für sinnvoll und habe Freude daran.
LE: Im Mai erschien ein Buch mit Fotografien von Anton Schmitt, die das historische Löchau (Lachov) und Wekelsdorf zeigen. Können Sie uns mehr über Schmitt und das Buch erzählen? Ist es nicht schade, dass darin nicht mehr Begleittexte enthalten sind, die die Fotos in einen breiteren Kontext einordnen?
Die Glasnegative von Schmitts Fotografien befinden sich im Depot des Braunauer Heimatmuseums in Forchheim. Derzeit sind die Fotografien dort im Heimatmuseum zu sehen, doch aufgrund des Platzmangels können nur die größten Schätze gezeigt werden. Es wäre sehr schade, dem Publikum nicht auch die anderen sehr interessanten Schmitt-Fotografien zu zeigen. Schmitt war zwar nur ein Amateurfotograf, aber seine Aufnahmen sind nicht nur inhaltlich, sondern auch in ihrer fotografischen Qualität beeindruckend, weshalb ich zusammen mit dem Fotografen Jan Záliš aus den Glasnegativen ein Fotobuch vorbereitet habe.
Die Bildunterschriften zu den einzelnen Aufnahmen habe ich mit Unterstützung von Manfred Reimann aus Löchau und den Matrikenangaben zur Familie Schmitt erstellt, bei deren Recherche mir Miroslava Moravcová geholfen hat. Außerdem gelang es mir durch Umwege, die Spur von Schmitts Töchtern zu verfolgen und Kontakt zu seinen Nachkommen aufzunehmen. Diese bestätigten mir die Richtigkeit der Bildunterschriften zu Schmitts Kindern, aber detailliertere Informationen über Anton Schmitt sind in der Familienerinnerung nicht mehr vorhanden. Die Fotografien sprechen für sich selbst, daher halte ich es nicht für notwendig, sie in einen breiteren Kontext einzuordnen.
Bücher aus Erinnerungen deutscher Zeitzeugen
LE: Woran arbeiten Sie derzeit in Bezug auf das Braunauer Ländchen?
Ich übersetze aus dem Deutschen weitere sogenannte „Dorfbücher“, die aus den Erinnerungen deutscher Zeitzeugen zusammengestellt wurden. Im Jahr 2022 habe ich das „Dorfbuch“ über Märzdorf aus dem Deutschen ins Tschechische übersetzt, momentan wird die Übersetzung der Publikation über Wekelsdorf für den Druck vorbereitet, und bald werden auch Bücher über Barzdorf und Ottendorf (Otovice) erscheinen. Ich möchte nach und nach auch die neuen Webseiten des Heimatkreises ins Tschechische übersetzen.
LE: Planen Sie eine öffentliche Präsentation des Fotobuchs von Anton Schmitt?
Ja, das Buch ist seit Mai im Infocenter von Wekelsdorf und Braunau erhältlich, und im September dieses Jahres wird die Ausstellung von Schmitts Fotografien symbolisch auch für eine kurze Zeit nach Löchau zurückkehren. Am Mittwoch, den 4. September, um 17 Uhr können Sie sie im Löchauer Gasthaus Na Kačeří besichtigen, Informationen über die Entstehung des Fotobuchs erhalten und sich dort mit Landsleuten des Heimatkreises Braunau treffen. Im nächsten Jahr möchten wir die Ausstellung zusammen mit dem Buch auch in Braunau präsentieren.
Die einzelnen „Dorfbücher“ über die Gemeinden im Braunauer Ländchen können im Museum Braunau und im Infocenter in Wekelsdorf erworben werden. Auch das Buch „Anton Schmitt – Landschaften menschlicher Schicksale“ ist dort erhältlich.
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer September-Ausgabe erschienen.