Die europäische Bürgerinitiative „Minority SafePack“ gewann über eine Million Unterstützer. Genug, um die Europäische Kommission mit einer Petition zu mehr Schutz nationaler Minderheiten in Europa aufzufordern. Die EU-Kommission wies die Petition aber in allen Punkten zurück. Die Initiatoren sind enttäuscht.
Am 14. Januar 2021 erteilte die Europäische Kommission der Bürgerinitiative „Minority SafePack – eine Million Stimmen für Vielfalt in Europa“ mit ihrem Ansinnen für mehr Schutz nationaler, ethnischer und sprachlicher Minderheiten eine Absage. Damit ignorierte die EU-Kommission knapp 1,2 Millionen Stimmen, die die Initiative in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ab 2017 gesammelt hatte. Die Initiative hatte der EU-Kommission insgesamt neun Vorschläge unterbreitet, die nationale und sprachliche Minderheiten besser schützen sowie kulturelle und sprachliche Vielfalt der Union fördern sollten. Unter anderem schlug die Initiative vor, Förderprogramme für kleine Sprachgemeinschaften und ein Zentrum für Sprachenvielfalt ins Leben zu rufen, Minderheitenmedien zu fördern oder die Forschung über den Mehrwert von Minderheiten in der Gesellschaft voranzutreiben. Auch die Gleichstellung der Roma-Minderheit spielte eine bedeutende Rolle. Die Kommission sieht laut ihrer Stellungnahme aber keinen Handlungsbedarf: In allen neun Punkten verweist sie auf bereits bestehende Programme oder EU-Initiativen und hält keine weiteren Rechtsakte oder gesetzgeberischen Maßnahmen für erforderlich.
Schätzungsweise leben in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union mehr als 50 Millionen Menschen, die nationalen oder sprachlichen Minderheiten angehören. Neben den 24 Amtssprachen verzeichnet die Europäische Union über 60 Regional- und Minderheitensprachen. Doch nicht in allen Staaten genießen die Angehörigen dieser Minderheiten den nötigen Schutz, um ihre Sprache, Kultur und Traditionen ausreichend ausleben und pflegen zu können und haben es schwer, ihre Gemeinschaft für die Zukunft zu erhalten. Das wollte die Bürgerinitiative ändern und die Rechte der Minderheiten vereinheitlichen. Doch nach der Ablehnung der Initiative ist keine grundlegende Änderung der europäischen Minderheitenpolitik in Aussicht.
Initiatoren und Unterstützer enttäuscht
Vincze Loránt, Präsident der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN), die die Bürgerinitiative 2013 auf den Weg brachte, und Abgeordneter des Europäischen Parlaments, zeigt sich enttäuscht: „Mit ihrer Entscheidung hat die Europäische Kommission den autochthonen Minderheiten, den Bürgern, die unterzeichnet haben, drei Viertel des Europaparlaments und vielen nationalen und regionalen Regierungen den Rücken zugekehrt“, schrieb er auf Twitter, nachdem die Kommission ihre Stellungnahme veröffentlicht hatte.
Auch Bernard Gaida, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten in der FUEN (AGDM), bedauerte die Entscheidung der EU-Kommission: „Wir haben so viel Energie in die Unterstützung dieser Initiative gesteckt. Minority Safepack hat zudem die volle Zustimmung des Bundestages und des Europäischen Parlaments erhalten. Am Ende dieses langen, mühsamen Weges lehnt die Europäische Kommission dies jedoch einfach ab”, sagte Bernard Gaida in einer Stellungnahme gegenüber dem Wochenblatt, der Zeitung der deutschen Minderheit in Polen. Laut Gaida wird sich in der europäischen Minderheitenpolitik dementsprechend in den nächsten Jahren also nichts Wesentliches verändern. Gleichzeitig müsse man in der FUEN nun aber darüber nachdenken, welche Schritte man gegen die Entscheidung der EU-Kommission vornehmen könne. „Es sollte nämlich nicht so sein, dass eine demokratische Initiative der EU-Bürger gegen die bürokratische Maschine verliert”, so Gaida.