Ein Wahrzeichen verschwindet. Ob der Globus aufs Dach des Hauses am Hauptbahnhof in Aussig (Ústí nad Labem) zurückkehren kann, ist ungewiss.
Jetzt geht auch noch die Welt unter, mag sich manch Beobachter der spektakulären Aktion am Hauptbahnhof von Aussig (Ústí nad Labem) gedacht haben. Eine riesige Erdkugel wurde mit Hilfe eines Krans auf die Straße hinuntergelassen. Über 114 Jahre hatte der drei Tonnen schwere Koloss auf dem Dach des dem Bahnhof gegenüber liegenden Eckhauses die Reisenden begrüßt und war zu einem der Symbole der Elbestadt geworden.
Doch der charakteristische Dachschmuck drohte abzustürzen. „Die Abnahme erfolgte vorsorglich“, sagt Pavel Elias, der Eigentümer des Hauses. Untersuchungen hatten ergeben, dass sich die Erdkugel in einem schlechten Zustand befindet. Als der Globus nun ganz trist und reichlich zerbeult auf der Straße lag, sah man es auch. Da wo mal das blaue Meer sein sollte, war die Farbe abgeblättert. Der Rost hatte schon stark an den Rändern der beiden Erdhälften genagt, so dass sie schon fast auseinanderfielen. Ein teilweiser oder ganzer Absturz der Konstruktion war also tatsächlich nur eine Frage der Zeit.
Elias saniert das Haus seit Monaten und plant dort Büros und Wohnungen sowie im Erdgeschoss Geschäfte. Bisher standen mehrere Etagen des repräsentativen Gebäudes aus der Zeit Österreich-Ungarns leer. Im Erdgeschoss befand sich eine Spielothek.
Ob die Erdkugel zurückkehrt, kann Elias allerdings nicht versprechen. „Das müssen wir jetzt erst klären. Die Kugel ist wahnsinnig schwer“, sagt er. Offenbar ist es eine Frage das Geldes, ob die Kugel wieder auf das Dach gesetzt wird, oder nicht.
Kein Denkmalschutz
„Unser Ziel ist es, dass der Globus zurückkehrt“, betont Martin Krsek, Leiter der historischen Abteilung des Stadtmuseums. Das Museum hat Elias deshalb seine Unterstützung angeboten. Das Gebäude steht aber nicht unter Denkmalschutz. Weder das Museum noch die Behörden können Elias dazu zwingen, die Erdkugel auf das Dach zurückzugeben.
Das Gebäude war einst Sitz des Wiener Bank-Vereins. Foto: Archiv Stadtmuseum Aussig
Mit dem Jugendstilgebäude am Bahnhof wird ein einstiges Bankhaus saniert. Hier residierte die Filiale des Wiener Bank-Vereins, eines der größten Bankhäuser im damaligen Österreich-Ungarn. „Das zeigt einmal mehr, welche Wirtschaftsmacht Aussig in der Monarchie hatte“, stellt Historiker Krsek fest. „Die Konzentration von Bankhäusern war in Aussig damals sehr hoch und schon das repräsentative Jugendstilgebäude verrät, welchen Wert die Bank auf eine Filiale in der Elbestadt legte“, so Krsek weiter. Leider ist der Architekt des Gebäudes unbekannt. „Wir suchen schon seit Jahren danach, bisher ohne Ergebnis“, sagt Krsek. Er ist jedoch froh, dass nun so viel für den Erhalt dieses für das Stadtbild wichtigen Gebäudes getan wird. Bleibt nur noch, dass am Ende die Welt nicht untergeht, sondern tatsächlich an ihren gewohnten Platz auf dem Dach zurückkehren kann.