Die tschechische Regierung reagiert auf die stark steigenden Infektionszahlen mit strengeren Maßnahmen. Ab morgen müssen Gaststätten schon um 20 Uhr schließen, ab dem kommenden Montag dürfen keine kulturellen Veranstaltungen mehr stattfinden. Die Maßnahmen sollen für 14 Tage gelten.
„Ab dem kommenden Montag werden praktisch alle kulturellen Veranstaltungen abgesagt, Kinos und Theater geschlossen bleiben, damit wollen wir Freizeitaktivitäten für 14 Tage beschränken“, sagte der tschechische Gesundheitsminister Roman Prymula (parteilos, für ANO) nach einer kurzfristig anberaumten Sitzung der Regierung am Donnerstagnachmittag. Bereits ab Freitag bleiben Fitness- und Wellness-Center sowie Schwimmhallen für 14 Tage geschlossen. Sport darf damit nur noch an der frischen Luft mit bis zu 20 Leuten getrieben werden. Auch der Profisport muss pausieren, Ausnahmen gelten für internationale Sportwettkämpfe. Des Weiteren werden ab Montag neben Kinos und Theatern auch Galerien, Museen und Gedenkstätten sowie Zoos geschlossen, alle Mittel- und Hochschulen kehren zum Homeschooling zurück. In Kliniken und Seniorenheimen werden Besuche untersagt.
Restaurants und Gaststätten ab 20 Uhr geschlossen
Die neuen Maßnahmen betreffen auch die Gastronomie. Bisher mussten Restaurants und Gaststätten um 22 Uhr ihre Türen für Gäste schließen, ab Freitag gilt die Sperrstunde bereits ab 20 Uhr. Weiter eingeschränkt wird auch die Anzahl der Personen, die in Gaststätten gemeinsam an einem Tisch sitzen darf. Statt bisher sechs dürfen sich ab Freitag nur noch vier Personen einen Tisch teilen. Im Restaurantbereich von Kaufhäusern dürfen maximal zwei Personen an einem Tisch sitzen. Zudem darf in diesen Bereichen in Kaufhäusern und Malls kein kostenloses W-LAN mehr zur Verfügung gestellt werden, damit sich Menschen dort nicht länger als nötig aufhalten.
„Mit diesen Maßnahmen müssten wir die Kurve genug abflachen können“, sagte Gesundheitsminister Prymula. Einen Lockdown wie im Frühjahr und damit ein Herunterfahren der gesamten Wirtschaft möchte die tschechische Regierung vermeiden. Falls die Maßnahmen nach 14 Tagen nicht wirken sollten, müsse man aber auch einen Lockdown in Erwägung ziehen, so Prymula.
Mit den Maßnahmen will die Regierung vor allem dafür sorgen, dass die Krankenhäuser nicht mit COVID-19-Fällen überlastet werden. Das Institut für medizinische Informationen (Ústav zdravotnických informací) rechnet damit, dass bis Ende Oktober bis zu 1.000 Menschen intensivmedizinische Pflege benötigen könnten. Momentan nimmt die Corona-Infektion bei 354 Personen einen schweren Verlauf. Diese Zahl war zuletzt stark angestiegen. „Unsere Hauptaufgabe ist es, Platz in den Krankenhäusern zu schaffen für die Patienten, die diese Plätze benötigen“, begründete Prymula die Maßnahmen weiterhin.
An die Bürger appellierte Prymula, dass sie für die nächsten 14 Tage zuhause bleiben und – insofern möglich – aus dem Homeoffice arbeiten sollten.
Seit Montag gelten in Tschechien bereits der nationale Notstand und strengere Corona-Maßnahmen. Bei öffentlichen Veranstaltungen in geschlossenen Innenräumen sind maximal zehn Teilnehmer erlaubt, bei Außen-Veranstaltungen maximal 20.
Am stärksten wachsende Fallzahlen in Europa
Mit den neuen Maßnahmen reagiert die tschechische Regierung auf die sprunghaft wachsenden Corona-Infektionszahlen im Land. An zwei aufeinander folgenden Tagen wurden bei den täglichen Neuinfektionen neue Rekorde erreicht. Am vergangenen Dienstag wurden 4.457 Personen positiv auf das Coronavirus getestet, gestern waren es 5.335. Tschechien hat im europaweiten Vergleich die am stärksten wachsenden Fallzahlen. In den vergangenen 14 Tagen infizierten sich in Tschechien 374,6 Personen auf 100.000 Einwohner mit COVID-19, in Spanien waren es 303,3 und in den Niederlanden 285,4.
Aktuell sind in Tschechien 43.759 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 829 Menschen sind seit Ausbruch der Pandemie verstorben.