Der Anteil an Personen, die sich im Laufe der letzten beiden Monate mit dem Coronavirus infiziert haben, ist gemessen an der tschechischen Gesamtbevölkerung gering. Das zeigen die ersten Ergebnisse der in den letzten Wochen durchgeführten Massentests.
Der Andrang war groß: Zu Beginn der Corona-Massentests kam es in einigen Städten zu Rangeleien und der gebotene Sicherheitsabstand von zwei Metern wurde nicht immer überall eingehalten. Doch die Lage beruhigte sich schnell und das Bild von Menschen, die geduldig in langen Schlangen stehen und Formulare ausfüllen, war in den betroffenen Städten zu sehen. Ausgewählt wurden mit Leitmeritz (Litoměříce), Olmütz (Olomouc), später Prag und Brünn (Brno) Orte mit besonders hohen Infektionszahlen.
Anteil der Infizierten im Promillebereich
Insgesamt 26 549 Menschen wurden im Rahmen einer repräsentativ angelegten Studie des tschechischen Gesundheitsministeriums zur kollektiven Immunität auf Antikörper durch eine Infektion mit Covid-19 getestet. Am Mittwoch veröffentlichte das Gesundheitsministerium die ersten, vorläufigen Ergebnisse der Massentests: Der Anteil von Personen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, ist demnach relativ gering. Insgesamt wurden nur 107 Personen positiv getestet, wodurch der Anteil der Infizierten an der Gesamtbevölkerung im Promillebereich liegen dürfte.
Unter Getesteten waren ca. 2400 Menschen mit chronischen Vorerkrankungen. In Littau (Litovel) und Mährisch Neustadt (Uničov) war der Anteil der Infizierten mit bis zu 3,33 Prozent am höchsten. Diese Gebiete waren besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen. Zu Beginn der Pandemie befand sich die ganze Stadt Littau in Quarantäne. Am wenigsten Infizierte wurden in Brünn festgestellt, dort hatten nur 0,22 Prozent der an den Massentests teilgenommenen Personen Antikörper ausgebildet. In Prag liegt der Anteil bei 0,4 Prozent. Bei etwa 27 bis 38 Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Personen zeigten sich keine Symptome.
Noch weit von Herdenimmunität entfernt
„Die wichtigste Schlussfolgerung der Studie ist, dass der Grad der Immunisierung der tschechischen Bevölkerung überaus gering ist“, resümiert Gesundheitsminister Adam Vojtěch (für ANO). Zugleich sei der geringe Anteil an Menschen mit Antikörpern ein zu erwartendes Ergebnis gewesen. „Das bedeutet, dass sich das Virus weiter in der Bevölkerung ausbreiten wird“, so Vojtěch weiterhin zu den Ergebnissen der Studie.
Eines der Ziele der Studie ist es herauszufinden, wie hoch die Dunkelziffer nicht entdeckter Infektionen ist, um abschätzen zu können, wie weit man noch von einer Herdenimmunität entfernt ist. Diese wäre dann gegeben, wenn bis zu 70 Prozent der Bevölkerung eine Immunität gegen das Virus ausgebildet hat – entweder infolge einer Infektion mit Covid-19 oder durch eine Impfung, die bislang aber noch nicht in Sicht ist.
Einen Anlass zur Änderung des Lockerungsplans der gegen die Pandemie erlassenen Maßnahmen bieten die Ergebnisse der Studie laut Vojtěch allerdings nicht. Man werde sich in Zukunft aber mehr auf lokale Ausbrüche konzentrieren und vor allem Risikogruppen schützen müssen. Dabei helfen soll vor allem die „smarte Quarantäne“.
Seit Ausbruch der Pandemie infizierten sich in Tschechien insgesamt ca. 8000 Menschen mit dem Coronavirus, ungefähr die Hälfte davon gilt inzwischen als geheilt. Etwa 3300 Infektionen sind momentan aktiv. Mehr als 250 Menschen sind infolge einer Infektion mit Covid-19 gestorben. Die Infektionsrate ist weiterhin gering und liegt unter 100 Neuinfektionen pro Tag. Die Reproduktionszahl liegt aktuell bei 0,8. Das heißt, ein Infizierter steckt statistisch gesehen noch 0,8 weitere Personen an. Stand: 07.05.2020.