Bisher reichte eine Bescheinigung vom Arbeitgeber. Ab Samstag verschärft das tschechische Innenministerium die Kontrollen, um Missbrauch und Ansteckungen mit dem Coronavirus zu vermeiden.
Arbeitspendler von und nach Deutschland und Österreich brauchen ab Samstag nicht mehr nur die Bestätigung des Arbeitgebers. Neu müssen sie ein Stempelheft mit sich führen, in das bei Ein- und Ausreise gestempelt wird. Es muss auf den Webseiten des Innenministeriums heruntergeladen werden. Damit wollen die Grenzer prüfen, ob es sich tatsächlich um Arbeitspendler handelt. Als Pendler gilt, wer mindestens drei Mal in der Woche hin und zurück pendelt.
Das tschechische Innenministerium greift auch zu moderner Technik, um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um Pendler handelt. Wie die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammer (DTIHK) auf ihren Internetseiten hinweist, müssen Pendler beim Grenzübertritt ihre Handynummer hinterlassen. Auf diese Weise kann die Polizei ihre Bewegungen verfolgen. „Wurden die 100 km überschritten und kehren die Pendler zurück, wird ihnen die weitere Ausreise verwehrt und eine 14-tägige Hausquarantäne angeordnet“, warnt die DTIHK. Es ist daher nicht möglich, von der Arbeitsstelle im Umkreis von 100 Kilometer von der Grenze Außentermine wahrzunehmen, die sich außerhalb der 100-Kilometer-Zone befinden.
Minister droht mit Abschaffung der Pendler-Ausnahme
Die tschechische Regierung möchte mit den neuen Maßnahmen den Missbrauch der Ausnahmeregelung verhindern. „Über die Grenze fahren auf diese Weise auch viele, die gar keine Pendler sind“, stellte Innenminister Jan Hamáček fest. Aber auch einige Pendler halten sich ihm zufolge nicht an die Regeln. Die besagen, dass sie nur zum Arbeiten fahren und die Arbeitsstätte zwischendurch nicht verlassen sollen. Hamáček bezeichnete die Pendlerregelung als „große Lücke in den Quarantänemaßnahmen“. Sollte der Missbrauch fortbestehen, könne die Ausnahme auch ganz aufgehoben werden, so Hamáček weiter. Noch deutlicher äußerte sich Premierminister Andrej Babiš auf Twitter nach einem Gespräch mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: „Am besten wäre, wenn nur noch Ärzte und Pfleger über die Grenze kämen.“ Derzeit pendeln vor allem Tausende Tschechen nach Bayern, Sachsen und Österreich. Einige Dutzend pendeln umgekehrt zum Arbeiten nach Tschechien.
Deutsche Arbeitnehmer in Tschechien sind verpflichtet, sich an die Bedingungen der seit Montag geltenden Ausgangssperre zu halten. Das bedeutet, dass die Arbeitsstätte auf dem kürzesten Wege erreicht werden muss. Pendler dürfen anders als Einheimische nicht für einen Spaziergang im Park hinausgehen, heißt es aus dem Innenministerium. Seit Donnerstag gilt zudem die Pflicht, außerhalb der Wohnung Mund- und Nasenschutz zu tragen. Wird ein Verstoß festgestellt, kann das bis zum Einreiseverbot führen.
Neue Einkaufszeiten für Senioren
Die neue Pendlerregelung ist nicht die einzige, die die Regierung erlassen hat. Nachdem erst vorgestern Senioren eine feste Zeit zum Einkaufen reserviert wurde, liegt diese nun neu zwischen 7 und 9 Uhr (statt bisher 10-12 Uhr). Für Apotheken gibt es keine extra Rentner-Zeit mehr. Außerdem verbot die Regierung vorübergehend Vätern, bei der Geburt ihres Kindes dabei zu sein.
Tschechien meldete Freitagmorgen 774 Corona-Infizierte, davon befanden sich 63 im Krankenhaus. Bei fünf Patienten nimmt die Krankheit einen schweren Verlauf. Seit am 1. März die ersten drei Corona-Infizierten gemeldet wurden, sind inzwischen vier Personen von der Krankheit geheilt.
Wenig Ansteckungen aus Deutschland
Mehr als die Hälfte der Infizierten hat sich in Tschechien angesteckt, 40 Prozent haben die Krankheit aus dem Ausland mitgebracht, davon 107 aus Italien und 60 aus Österreich. Lediglich neun Infizierte steckten sich in Deutschland an.