Unsere WanderBloggerin weiß, was man tun muss, wenn man vor etwas Angst hat: sich den Ängsten stellen! Die Konfrontationstherapie, die unsere WanderBloggerin im Böhmerwald in Eigenregie durchführte, barg jedoch ungeahnte Komplikationen. Dafür winkte am Ende eine phänomenale Aussicht bis zu den Alpen als Belohnung.
Es gibt etwas, vor dem ich ziemlich Angst habe: Busfahren in Tschechien. Denn die Busfahrten außerhalb der Städte sind eine wahre Herausforderung: Die Busse sind alt und die Busfahrer donnern mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit durch die Landschaft. Die Haltestellen rauschen draußen vorbei und im Bus gibt es weder Durchsagen noch Anzeigen, wo man sich befindet. Schon einige Male bin ich am falschen Ort ausgestiegen. Deshalb sitze ich immer schwitzend im Bus und kann mich kaum an dem Ausblick auf die Natur erfreuen. Und erst das Kurvenfahren… Deshalb vermeide ich das Busfahren, so gut es geht.
Doch momentan gibt es Bus-Ersatzschienenverkehr im Böhmerwald und meine Sehnsucht nach diesen wunderschönen Berggipfeln musste wieder mal gestillt werden. Ich nahm all meinen Mut zusammen und machte mich auf in ein unbekanntes Abenteuer. Zunächst lief es noch einigermaßen gut, ich konnte mit dem Zug aus Pilsen fahren. In Neuern (Nýrsko) war dann Ende: Wir mussten alle in die Ersatzbusse. Panisch lief ich die Busse ab und kam beim letzten an, in dem noch Platz war. Ein altes Monstrum mit engen Sitzen. Ich atmete tief durch und nahm Platz. Dieser Bus wurde unfassbar voll. Wir fuhren knatternd und schwankend los.
Die böhmischen Hügel zogen an uns vorbei und ich schaute schon ängstlich aus dem Fenster, wann denn mein Ziel endlich kommen würde. Es kam nicht. Denn der Bus schaffte die Höhenmeter nicht, er gluckerte laut und im hinteren Bus riefen die Leute, dass es draußen brennen würde. Der Motor verstummte, es stank und wir flohen entsetzt nach draußen auf die Straße. Es war klar, dass dieser Bus nicht mehr fahrtüchtig war. Ich schaute auf mein Handy und beschloss, die Route zu ändern. Alles hat einen Grund. Wenn ich nicht dort ankommen sollte, was ich geplant hatte, dann musste ich umorganisieren.
Ich nahm den kürzesten Weg durch den Wald, bis ich im nächsten Ort, Eisenstraß (Hojsova Stráž), ankam. Dort bewunderte ich die erste Astronomische Uhr des Böhmerwaldes (Šumavský orloj), die der in Prag in keiner Weise nachstehen muss. Weiter ging es durch Wald und Wiesen hinauf zum Brückel (Můstek, 1 235 m), dem höchsten Gipfel des Panzerrückens. Von dort oben bietet sich eine geniale Aussicht: auf alle bekannten Größen des Böhmerwaldes und sogar bis zu den Alpen. Erst entgegenkommende Wanderer, die mit mir dort oben Mittagspause machten, erinnerten mich an die dramatischen Ereignisse von der Hinreise. Sie fragten mich nach meiner Route und ich erzählte ihnen von der Busfahrt. Und sie riefen mitleidig: „Ach, Sie waren in diesem letzten Bus! Wir sind in einem der vorderen gefahren.“
Und mir wurde bewusst, dass noch die Rückfahrt bevorstand. Schweren Herzens verließ ich den Panzerrücken und lief zur nächsten Bushaltestelle an einer Landstraße. Ich war die einzige Wartende und mit jeder Minute wuchs meine Angst. Dann brauste der Ersatzbus heran. Vorsichtig lächelte ich den Busfahrer an, doch der fuhr ignorant an mir vorbei! Für einige Minuten stand ich dort, erstarrt. War das ein Film? Fast kamen mir die Tränen und ich fragte mich verzweifelt, ob ich je aus diesem Wald herauskommen würde. Ich musste ins nächste Dorf. Wie in Trance lief ich los und da hörte ich hinter mir einen lauten Motor. Ein zweiter Ersatzbus! Ohne weiter zu überlegen rannte ich ihm entgegen – und er hielt! Erschöpft stieg ich ein und überbrachte dem Busfahrer keuchend mein Danke. Als ich erklärte, dass der erste Bus nicht angehalten hatte, schüttelte der Busfahrer ungläubig den Kopf. Er meinte beruhigend, dass ich mich doch einfach setzen sollte und schenkte mir ein väterliches Lächeln. Und ich sage es Ihnen: Ab diesem Moment war meine Angst geheilt!
Streckendaten:
Startpunkt: Landstraße irgendwo bei Hojsova Stráž
Distanz: 12 km
Höhenmeter: 415 m
Laufzeit: 4 h
Wegpunkte: Hojsova Stráž, Nad Silnicí, Můstek, Habr, Pod Můstkem
Anreise: mit dem Zug und Ersatzbus 🙂
WanderBloggerin JANA HEENEN:
Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.
Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!
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