Mit wie zum Gruß erhobener Hand thront er auf einem grauen Sockel über den Köpfen der Bewohner des Prager Stadtteils Bubeneč: Iwan Stepanowitsch Konew. Vor einigen Tagen aber war die Statue des sowjetischen Marschalls mit Farbe besprüht worden – wieder einmal. Über das Denkmal und die Rolle Konews ist man sich in Prag nach wie vor uneins.
Es ist in Prag mittlerweile fast schon zur Tradition geworden, den Feldmarschall ein bis zweimal jährlich mit Farbe zu begießen. Dieses Jahr hat es ihn aber besonders hart getroffen. Unbekannte besprühten ihn am 22. August 2019 mit roter Farbe. Auch den Sockel, auf dem die Statue steht, zierte einige Zeit lang die Aufschrift „Ne krvavému maršálovi! Nezapomeneme“ („Nein zum blutbefleckten Marschall! Wir vergessen nicht“). Daneben hatte man die „Schicksalsdaten“ gesprüht, die mit Konew in Zusammenhang stehen: ´45, ´56, ´61 und ´68.
In der Tat handelt es sich bei dem sowjetischen Marschall aus tschechischer Sicht um eine widersprüchliche Figur. Jahrzehntelang wurde er als Befreier der Stadt Prag gefeiert, doch nach 1989 stellte man seinen Ruf als solchen immer mehr in Frage. Diesen hatte Konew aufgrund der Tatsache erhalten, dass er als Befehlshaber der Roten Armee die sowjetischen Truppen bei der Befreiung Prags von der NS-Diktatur im Frühjahr 1945 anführte. Elf Jahre später, 1956, befehligte er hingegen die brutale Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstandes und war auch am Bau der Berliner Mauer 1961 beteiligt. Als ganz besonders schwerwiegend gilt unter den Tschechen jedoch die Tatsache, dass Konew an der Vorbereitung des Einmarsches der Truppen des Warschauer Paktes im Jahr 1968 beteiligt war.
Genau das trifft bei vielen Menschen hierzulande einen wunden Punkt. Mindestens ebenso umstritten wie der Marschall ist auch das ihm gewidmete Denkmal im nördlichen Prager Stadtteil Bubeneč: Im vergangenen Jahr bereits hatte man das Denkmal Konews, der in Russland als Kriegsheld gefeiert wird, mit rosa Farbe begossen, im Jahr davor wurde es angesprüht.
Das Denkmal des Marschalls steht seit dem 9. Mai 1980 an seinem Ort im sechsten Prager Stadtteil, an diesem Tag feierte man damals das 35-jährige Jubiläum der Befreiung der Tschechoslowakei. Es war errichtet worden, um die Verdienste Konews zu ehren, doch insbesondere in den letzten Jahren regten sich im Zusammenhang mit dem Denkmal auch immer wieder Proteste von verschiedenen Seiten. Bereits im Sommer vergangenen Jahres protestierten tschechische Kommunisten gegen die Anbringung der Gedenktafel, die Auskunft über die Helden- aber auch die Missetaten des Marschalls gibt.
Scharf kritisiert wurde die diesjährige Beschmutzung des Denkmals vor allem seitens der russischen Botschaft in Prag. Dort forderte man im Anschluss an einen Reinigungsversuch, den Laien vorgenommen hatten, eine gründliche Reinigung der Statue samt Sockel. Ondřej Kolář, Bürgermeister des betroffenen Stadtbezirks, schlug hingegen vor, das Denkmal auf das Gelände der russischen Botschaft umzusiedeln, um künftigen Beschädigungen vorzubeugen. Einige Tage später beschloss der Stadtrat des sechsten Prager Stadtbezirks, das Denkmal verhüllen zu lassen, nachdem dieses gereinigt worden war. Die Verhüllung hielt jedoch nicht lange an, Bürger rissen die an einem Gerüst rund um das Denkmal angebrachte Plane kurz darauf wieder herunter. Kolář hatte zudem wegen der Ereignisse um das Konew-Denkmal und damit zusammenhängender Droh-Nachrichten Polizeischutz bekommen.
Zuletzt protestierten erst am Montag rund 200 Menschen gegen die Verhüllung des Denkmals. Die Plane soll in den nächsten Tagen entfernt werden. Laut der Nachrichtenplattform idnes.cz sollen nun am 12. September Vertreter des Stadtbezirks über das weitere Schicksal des Denkmals entscheiden.
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