Konferenz der Landesversammlung im gro=en Saal des Außenministeriums - Foto: tra

Der jährliche Höhepunkt des gemeinsamen Veranstaltungskalenders der Verbände der Deutschen in Tschechien ist die Großveranstaltung der Landesversammlung im Oktober. Mittlerweile ist es auch schon gute Tradition, dass der kulturellen Vorstellung der Regionen eine Konferenz zur aktuellen Lage der Minderheit vorangeht. In diesem Jahr fand diese wichtige Tagung am 10. Oktober im großen Tagungssaal des tschechischen Außenministeriums statt.

 

 

 

In seiner Begrüßungsansprache würdigte Martin Dzingel, Präsident der Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, die Bemühungen der Minderheit um eine gute Kulturarbeit und die Vermittlung der deutschen Sprache auch in finanziell angespannten Zeiten.

Milan Pospíšil, Generalsekretär für nationale Minderheiten der tschechischen Regierung, betonte das Interesse der tschechischen Regierung an einer guten Zusammenarbeit mit der Minderheit und ging in der späteren Diskussion auch mit praktischen Ratschlägen auf aktuelle Probleme der Minderheit, wie etwa die mehrsprachige Ortsbeschilderung, ein.

Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, zeigte sich erfreut über die Jugendarbeit der Begegnungszentren, die sich nicht nur an die Deutschen in Tschechien richtet, sondern allen Interessierten offen steht. Man dürfe sich nicht nur auf die historische Minderheit in Tschechien konzentrieren, sondern müsse für neue Impulse offen sein. Positiv bewertete Koschyk auch die verstärkte Zusammenarbeit mit dem Kulturverband, die den Deutschen in Tschechien eine gemeinsame Stimme auch gegenüber der Politik gibt.

Der neue deutsche Botschafter in Prag, Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven, begrüßte die Gelegenheit, bereits so kurz nach seinem Amtsantritt die deutsche Minderheit bei ihrem Jahrestreffen näher kennenlernen zu können. Zusammen mit seinem österreichischen Amtskollegen Ferdinand Trauttmansdorff werde er die gute Kooperation mit den Deutschen in Tschechien fortsetzen. Trauttmansdorff pflichtete ihm in seinem Grußwort bei und erinnerte an die Verantwortung, die mit dem Recht auf das eigene Erbe einhergeht.

Historische Ungleichgewichte aufwiegen lernen

In einem einleitenden Vortrag gab die Ethnologin Sandra Kreisslová einen Überblick über die Geschichte der Deutschen in Tschechien nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Auswirkungen verschiedener Phasen der Vertreibung und innerstaatlicher Dislokation seien bis in die Gegenwart spürbar. Besonders der Verlust der direkten Sprachübertragung zwischen Eltern und Kindern mache das Deutsche in Tschechien heute zu einer Fremdsprache. Jüngere Generationen lernten die Muttersprache ihrer Vorfahren derzeit meist von ihren Großeltern.

Als besonderen Ehrengast konnte die Landesversammlung Ovidiu Gant vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien begrüßen. Er konnte von den Erfolgen der deutschen Minderheit in Rumänien berichten. Durch eine großzügige Minderheitenpolitik der dortigen Regierung und ein gesteigertes Interesse der Mehrheitsbevölkerung an Deutschland könne in Rumänien bereits seit Jahren ein deutsch-muttersprachliches Bildungssystem mit etwa 22 000 Jugendlichen betrieben werden, von denen nur etwa zehn Prozent zur Minderheit gehörten. Die gute Stellung der Deutschen sei aber auch darauf zurückzuführen, dass man früh begriffen habe, dass man Projekte nicht nur für die Minderheit machen könne, sondern die gesamte Gesellschaft mit ins Boot holen müsse. Es sei in Rumänien nun ganz normal, dass deutsch-stämmige Politiker im Parlament sitzen und nun einer von ihnen sogar Präsidentschaftskandidat ist.

In der Gesprächsrunde zum Thema „Die öffentliche Wahrnehmung der deutschen Minderheiten in der Tschechischen Republik und im Ausland“ war sich Gant mit seinen Diskussionspartnern einig, dass ein gutes Image bei der Mehrheitsbevölkerung nur entstehen kann, wenn diese ein aktuelles Bild von der Minderheit erhält. Damit könnten Vorurteile abgebaut und Erfolge herausgestellt werden. Derzeit seien die deutsche Minderheit und ihre kulturelle Arbeit in Tschechien aber weitgehend unbekannt. Man müsse Empathie auch bei den großen Medien im Land wecken und dort die komplette Geschichte erzählen, sagte der Soziolinguist Marián Sloboda von der Karlsuniversität in Prag. Die Tschechen seien kein kleines Volk, das Angst vor Fremdeinflüssen haben müsste, sondern einen Gewinn aus der Pluralität ziehen könne.

Karoline Gil, Leiterin des Bereichs Integration und Medien beim Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), wies auf die Notwendigkeit einer Präsenz der Verbände im Internet hin. Man müsse die neuen Medien nutzen, um auch die Jugend zu erreichen. Durch eine moderne Form der Selbstdarstellung könne man auch bislang vielleicht übersehene Zielgruppen ansprechen und so etwa bei neu Zugezogenen, sogenannten Expats, Interesse an der Arbeit der Minderheit wecken.

Einen großen Modernisierungs-Schritt vollzieht auch die LandesZeitung. In einer ersten Präsentation konnte die Chefredakteurin Alexandra Mostýn das neue Konzept für die Print-Ausgabe vorstellen. Demnächst können sich die LZ-Leser auf ein Magazin freuen, das der Minderheit ein noch besseres und bunteres Forum für deutsch-tschechische Themen bieten wird.

 

 

{AG}Bilderstrecken/Konferenz2014{/AG}

 

{flike}

 

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.