Die Föderation jüdischer Gemeinden (FŽO) meldet in ihrem Bericht für das Jahr 2024 einen neuen Höchststand antisemitischer Vorfälle in Tschechien. Trotz verlangsamten Anstiegs werden die Taten schwerer, mit einer Rekordzahl an körperlichen Angriffen. Die FŽO warnt vor einer Normalisierung antisemitischer Ansichten.

Laut der Föderation jüdischer Gemeinden (FŽO) wurden im vergangenen Jahr 4694 antisemitische Vorfälle verzeichnet – 366 mehr als im Jahr zuvor, was einem Anstieg von rund acht Prozent entspricht.

Zahl der Vorfälle steigt seit Jahren

2020 wurden von der FŽO insgesamt 874 antisemitische Vorfälle registriert. Im Jahr 2021 waren es 1128, ein Anstieg von 29 Prozent. Die Zahl verdoppelte sich 2022 auf 2277 Fälle. 2023 setzte sich dieser Trend fort – mit 4.328 Fällen, was einem Anstieg von 90 Prozent im Jahresvergleich entspricht.

Während sich der Anstieg aus den Vorjahren etwas verlangsamt hat, nahm die Schwere der Vorfälle deutlich zu. Die FŽO führt dies insbesondere auf den Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauf folgenden Krieg im Gazastreifen zurück. Vergangenes Jahr verzeichnete die FŽO vier körperliche Angriffe, in den vorangegangenen vier Jahren waren es hingegen nur zwei.

Ein besonders schwerwiegender Fall: Im Januar 2024 gab es einen versuchten Brandanschlag auf eine Brünner Synagoge, bei dem jedoch die improvisierte Sprengvorrichtung versagte. Die Polizei stuft den Anschlag als einen versuchten terroristischen Akt ein, motiviert von islamistischer Ideologie.

Normalisierung von Antisemitismus im öffentlichen Raum

Petr Papoušek, der Vorsitzende der FŽO, spricht von einer „explosiven globalen Welle des Antisemitismus“ – ausgelöst durch die Ereignisse nach dem 7. Oktober. Bereits Ende 2023 setze seiner Einschätzung nach eine Normalisierung antisemitischer Einstellungen ein, die sich 2024 noch weiter gefestigt hat. Insbesondere die Dämonisierung und Delegitimierung des Staates Israel werde zunehmend gesellschaftlich akzeptiert und habe den öffentlichen Diskurs erfasst. 

Trotz der gestiegenen Anzahl an antisemitisch motivierten Vorfällen stuft die FŽO Tschechien immer noch als sicher für die jüdische Gemeinschaft ein. Antisemitische Gewalt in der Tschechischen Republik sei weiterhin außergewöhnlich. Gleichzeitig weist die Organisation darauf hin, dass die Anzahl der gemeldeten Vorfälle von der Bereitschaft der Opfer und Zeugen abhängt. Das Niveau der Berichterstattung sei oftmals aufgrund von Misstrauen gegenüber Institutionen, Sicherheitsbedenken oder Stigmatisierung, unzureichend.

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