Die deutsch-tschechische Industrie und Handelskammer (DTIHK) führte Anfang Mai eine Blitzumfrage durch, wie sich ein Lieferstopp russischen Gases auf die Geschäftstätigkeit von tschechischen Unternehmen auswirken würde. Die Ergebnisse sind besorgniserregend.
Das Industrieland Tschechien ist zu fast 100 Prozent von russischen Gaslieferungen abgängig. Laut einer Umfrage der DTIHK wäre dabei ein ganzes Viertel der befragten Unternehmen sehr stark oder gar existenziell bedroht, wenn Russland kein Gas mehr liefern würde. Bei dem produzierenden Gewerbe sind es sogar bis zu 40 Prozent. Die Unternehmen fürchten als Folgen des Gasausfalls am meisten den Ausfall von Warenlieferungen und Dienstleistungen (28 Prozent), den Produktionsrückgang (29 Prozent) und den Nachfragerückgang (28 Prozent). Zudem fühlen sich viele Unternehmen der Umfrage zufolge nicht ausreichend informiert.
„Gaslieferstopp kein Science-Fiction“
Knapp zwei Drittel fordern von der Regierung, so schnell wie möglich einen Plan für eine transparente Gas-Priorisierung vorzulegen. Auch Bernard Bauer, der geschäftsführende DTIHK-Vorstand, fordert Ähnliches: „Dass Russland von heute auf morgen die Gaslieferungen in wichtige europäische Abnehmerländer stoppt, ist kein Science-Fiction, sondern ein Szenario, das in Polen und Bulgarien bereits Realität ist. Die Regierung muss daher zügig einen Plan für eine transparente Gas-Priorisierung vorlegen, damit sich die Verunsicherung der Unternehmen nicht noch vergrößert“.
Das Tschechische Ministerium für Industrie und Handel sagt derweil aus, für dieses Szenario gebe es derzeit praktisch keine Lösung, es drohe eine teilweise „Abschaltung“ der für Tschechiens Wirtschaft systemrelevanten Industrie.
Unternehmen entwickeln Notfallpläne
Die Industrie hat in Tschechien mit fast einem Drittel den größten Anteil am Gasverbrauch, gefolgt von den Haushalten mit 25 Prozent. Besonders große Unternehmen wären bei einem Ausfall der Versorgung existenziell am stärksten gefährdet.
Einige Unternehmen versuchen, die Handlungsfähigkeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten sicherzustellen. So haben ein Drittel der Befragten bereits einen Notfallplan entwickelt oder bereiten ihn gerade vor. Des Weiteren bemüht sich ein Viertel der Unternehmen um einen Übergang zu alternativen Energiequellen wie Strom.
Die Umfrage wurde vom 5. Bis 10. Mai durchgeführt und von 65 Unternehmen beantwortet. Die ausführlichen Ergebnisse finden Sie hier.