Foto: Brieftaube

Wenn mal etwas nicht so richtig funktioniert in meiner tschechischen Wahlheimat, rege ich mich gern etwas auf. Meine einheimischen Freunde kennen das. Und jedes Mal, wenn ich mich am Telefon über irgendeine neue Schlamperei ereifere, fragen sie mich beruhigend: „Hansi, wie lange lebst Du schon hier? Ein Vierteljahrhundert? Und Du weißt noch immer nicht, wo Du lebst? Du lebst in Böhmen! Da passiert derlei schon einmal. Bleib ruhig, trink einen Schnaps, besser zwei. Und morgen ist bestimmt alles gut…“

 

 

„…oder auch nicht. Aber dafür lebst Du hier. Oder willst Du jetzt auf einmal nach Deutschland zurück? Wegen solch einer Kleinigkeit? Das meinst Du nicht ernst.“

Natürlich meine ich derlei nicht ernst. Aber es erstaunt mich dennoch immer wieder, was in der von mir geliebten Tschechischen Republik alles möglich ist.

Zum Beispiel dieses hier: Ruft mich neulich eine nette Call-Center Dame im Auftrag des Telefonriesen O2 an und erklärte mir wortreich, dass meine schon jetzt hyperschnelle Fiber-Leitung für Internet und das O2-Fernsehen demnächst noch sehr viel besser sein wird – und das auch noch für weniger Geld. Ich dachte, ich bin im falschen Film. Mehr Leistung für weniger Geld? In Tschechien? Ich bekäme in den nächsten Tagen, so die nette Dame weiter, per Post einen nagelneuen Router zugeschickt. Den müsste ich am Tag der Umstellung meines Wohngebietes auf die noch schnellere Leitung dann selbst installieren. Das sei ganz leicht, es gebe eine Anleitung, die jeder Mensch verstehe. Mehrfach erreichten mich in den Folgetagen SMS, in denen mir mitgeteilt wurde, wo sich mein Router auf dem Weg von 02 zu mir befinde. Tatsächlich fand der Router die richtige Route zu meiner Wohnung, ich musste das gute Stück noch nicht einmal extra auf der Post abholen, wie sonst jedes andere Paket.

Am Tag der Umstellung dann kam eine weitere SMS. Die Umstellung werde in der Zeit zwischen 10 und 12 Uhr vorgenommen, hieß es da. Also erledigte ich in Windeseile die nötigsten Sachen am Computer, weil ich dann erst einmal kein Internet haben würde. Meine Eile war jedoch völlig übertrieben. Ich konnte mich in aller Seelenruhe von meinen Facebookfreunden verabschieden, für den Fall, dass ich zu dumm wäre, den neuen Router zu installieren und künftig kein Internet mehr hätte. Zwei Minuten vor 12 Uhr war dann wirklich Schluss mit Internet.

Den Router zu installieren, war in der Tat kinderleicht. Das begriff selbst ich Technik-Atheist. Alle Lämpchen an dem neuen Teil aus dem fernen China blinkten fröhlich grün, nur das Lämpchen fürs Internet nicht. Das leuchtete rot. Als es gegen 14 Uhr Immer noch nicht grün blinkte, rief ich bei O2 an und fragte, was das zu bedeuten habe. Nun ja, sagte mir eine wieder freundliche Dame, es müsse jeder einzelne Anschluss jetzt neu gestartet werden, das dauere seine Zeit. Vielleicht hätte ich ja noch etwas anderes zu erledigen in der Zwischenzeit. Hatte ich nicht. Ich erledige nahezu alles über das Internet. Wenn es in zwei weiteren Stunden noch nicht funktioniere, sollte ich mich noch einmal melden. Die Zeit verging, meine Katze schlief tief und fest auf der von der Sonne beschienenen Terrasse. Ich dachte mir, es wird schon werden, und machte mich auf den Weg, um dem Besitzer einer nahen Vinothek den ersten Besuch in diesem Jahr abzustatten und ihm noch alles Gute zu wünschen.

Der Chef der Vinothek freute sich, mich nach ewigen Zeiten mal wieder zu sehen, wir plauderten über dies und jenes und vor allem über Fußball, Sparta Prag und Borussia Dortmund. Als ich ein paar Stunden später wieder zuhause war, hatte sich das rote Blinken wie durch ein Wunder in ein grünes Blinken verwandelt. Ich hatte wieder Internet, jubelte laut, kontrollierte die aktuellen Nachrichten, beantwortete drei Mails und meldete mich bei meinen Facebookfreunden aus dem Internet-Abseits zurück.

Eigenartig fand ich, dass mein iPhone sich nicht mit dem Router verbinden wollte. Das teure Telefon lehnte das neue Passwort des neuen Routers schlichtweg ab. Wer weiß, was das soll, sagte ich mir. Ich muss ja nicht per WLAN telefonieren, es gibt ja auch das normale Netz. Am Computer funktionierte soweit alles. Bis auf den Umstand, dass ich den Eindruck hatte, mein MacBook laufe deutlich langsamer als bisher. Aber ich hatte ja ein paar Gläser Wein getrunken und war somit technisch noch dümmer als sonst schon.

Am nächsten Morgen war ich aber wieder völlig nüchtern. Und mein Internet, das so viel schneller sein sollte als bisher, war tatsächlich viel langsamer. Es dauerte vergleichsweise Ewigkeiten, bis sich eine Seite aufbaute. Für den Aufbau einer ganzen Zeitung, die ich per e-paper lese, brauchte es ernsthaft fast zehn Minuten. Früher, mit dem alten, unmodernen Router, ging das in maximal 20 Sekunden.

Was macht der ahnungslose Laie? Er ruft wieder an bei O2 und erläutert das Problem. Diesmal hatte ich keine nette Dame am anderen Ende der Leitung, sondern einen jungen Mann, der behauptete, die Technik voll zu beherrschen. Diese Behauptung zeugte zwar von Selbstbewusstsein, stimmte aber mit der Wirklichkeit nicht überein. Als er hörte, dass ich Apple-Produkte auf meinem Schreibtisch stehen habe, hörte ich ihn schwer stöhnen. „Sie haben Apple….hmmm. Das ist nicht gut. Da gibt es gern mal Probleme bei der Konfiguration. Ihr iPhone will das Passwort nicht? Na logisch, ist ja auch von Apple. Wissen Sie, Europa ist auf Apple technisch gar nicht richtig vorbereitet. Haben Sie nicht noch einen älteren Computer, nicht von Apple, mit dem sie arbeiten können?“ Ich habe darauf erwidert, dass ich froh bin, endlich einen vernünftigen Apple-Computer zu haben und nicht gewillt bin, den in die Ecke zu stellen, um mit einem alten Windows-Notebook zu arbeiten.

Außerdem könne es meiner Meinung nach nichts mit meinem Mac zu tun haben, dass das jetzt alles so langsam laufe. Bisher, mit dem alten Router, habe schließlich alles wunderbar funktioniert. Das wollte mein Gegenüber bei O2 aber nicht hören. „Sie müssen ihren Mac einfach mal per Kabel mit dem Router verbinden. In der Regel läuft es dann blitzschnell. Das WLAN macht gern mal Probleme.“

Ich, der Technik-Atheist, wagte einzuwenden, dass ein MacBook sehr sehr schmal ist. Viel zu schmal, um eine Buchse aufweisen zu können, in die ich das Kabel einstöpseln könnte. Das war dem Technik-Experten neu. Aber selbst wenn dies technisch möglich wäre, fragte ich naiv – wozu hat man WLAN, wenn man es nicht benutzen kann? Der Router stehe zudem in einem anderen Zimmer, beim Zweit-Fernseher. Mein Arbeitsplatz sei jedoch im Wohnzimmer und ich sei nicht geneigt, jetzt meine Wohnung komplett umzuräumen, bloß weil ein blöder neuer Router sehr viel schlechter funktioniere als der bisherige.

So gab ein munteres Wort das andere. Der Experte von O2 beharrte darauf, dass es mit Kabel besser gehen würde, ich sagte ihm immer wieder neu, dass das MacBook dafür gar keine Buchse habe. Schließlich räumte der Experte ein, dass er da jetzt auch nicht weiterwisse und empfahl mir, mich mit irgendeinem Freund kurzzuschließen, der vielleicht auch ein Apple-Gerät hat. Vielleicht könne der mir helfen.

20 Minuten haben wir so miteinander geplaudert – ohne Ergebnis. Die chinesische Neuheit auf dem Welt-Router-Markt ist einfach Mist, wenn sie nicht ordentlich mit einem (ebenfalls in China hergestellten) MacBook aus Amerika kommunizieren kann. Schneller ist der Router jedenfalls ganz entschieden nicht. Die Weltneuheit hört auf den Namen: VG-8054u Router v2. Falls Sie auch in Tschechien leben, das hyperschnelle Fiber-Datensystem von O2 benutzen, mit Apple arbeiten und sich nicht so ärgern wollen wie ich.

Das Schöne an meiner Situation: die Weltneuheit auf dem Routermarkt kostet mich nur eine einzige Krone, die mit bei der nächsten Rechnung aufgeschlagen wird. Mehr ist das technische Wunderwerk allerdings offensichtlich auch nicht wert. Aber hübsch sieht es aus mit seinen zwei Antennen. Der alte Router hatte bloß eine. Vielleicht sollte ich eine der zwei Antennen an dem neuen Stück kurzerhand abmontieren? Na, lieber nicht. Wer weiß, was dann passiert. Am Ende blinkt dann wieder ein Lämpchen rot. Und dann wäre ich Technik-Atheist noch mehr aufgeschmissen. Ich halte mich besser an die alte tschechische Regel: Nicht beschweren, es bringt eh nichts.

 

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