Unsere WanderBloggerin stellt sich schon lange eine Frage: Ab wann spricht man von einer Wanderung und nicht mehr von einem Spaziergang? Mögliche Hypothesen für die Beantwortung dieser philosophischen Frage testete sie am Schlösschen Schönhof zwischen Pilsen und Saaz.
Schon lange quäle ich mich mit einer elementaren Frage, die ich bislang nicht zufriedenstellend beantworten konnte: Wann genau spricht man von einer Wanderung und wann nur von einem Spaziergang? Zu dieser Frage habe ich bereits viele Personen befragt, erfahrene Wanderer und Gelegenheitsspaziergänger. Die Antworten waren nicht eindeutig und auch nicht immer einleuchtend.
Liegt es an der Distanz, die man zurücklegt oder an den Höhenmetern? Liegt es vielleicht an der Planung im Vorfeld? Muss ich mich genauestens über die örtlichen Gegebenheiten, das zu erwartende Wetter und die Strecke informieren, um von einer Wanderung zu sprechen? Oder ist der Proviant ausschlaggebend? Auf einen Spaziergang nimmt man eher kein Essen mit – oder doch? Diese ganzen Fragen konnte ich nur beantworten, indem ich es auf eigene Faust austestete!
Das Versuchsobjekt war ein kleines Schlösschen zwischen Pilsen und Saaz (Žatec), mit dem Namen Schönhof (Krásný Dvůr). Aus Pilsen brach ich mit einer Freundin auf und um die oben aufgeführten Fragen zu testen, ging ich folgendermaßen vor: Im Internet informierte ich mich genauestens über die örtlichen Gegebenheiten des Schlosses und angrenzendem Schlosspark. Ich lernte das Wegenetz dort auswendig. Betrachtete das Höhenprofil und eventuelle kritische Wegpunkte. Packte genügend Proviant sowie Regenklamotten, Erste Hilfe-Set, Wanderstöcke und Stirnlampe ein. Und natürlich durften meine alpinen Wanderschuhe nicht fehlen. Es konnte losgehen.
Schönhof ist wirklich hübsch: Das Schloss leuchtete rosa in der Sonne, als wir dort eintrafen und der Schlosspark, der als englischer Garten angelegt ist, breitete sich vor unseren wanderlustigen Füßen aus. Wir überquerten ein paar romantische Brücken und stapften an jahrhundealten Bäumen und Bänken vorbei. Auf einer Tafel standen Namen berühmter Besucher dieses Parks – und es war kaum zu fassen: Goethe war unter ihnen! Ich wurde ihn einfach nicht mehr los. Selbst bei diesem eher harmlos anmutenden Terrain in diesem Park. Auch waren ein paar Kaiser und andere VIPs hier zwischen den Bäumen durchgestapft.
Nach einer Weile überkam uns schon der Hunger und wir setzten uns auf eine alte Bank unter einem riesigen Baum. Die ersten Eindrücke bestätigten: Wir wanderten! Es war kein Spaziergang.
Für den Anstieg zum Obelisken (41 Höhenmeter) griff ich zu meinen Wanderstöcken, um das richtige Gefühl für einen Anstieg zu finden. Es gelang uns problemlos, das Plateau zu erreichen und wir umrundeten den Obelisken. Weiter ging es zu einem gotischen Tempel sowie chinesischen Pavillon, die in der Landschaft ein traumhaftes Bild abgaben. Mit der Stirnlampe leuchtete ich in den verwunschenen Pavillon und die angrenzende Höhle, wobei ich außer ein paar chinesischen Teetassen nichts erkennen konnte.
Nach fünf Kilometern kamen wir wieder am Parkplatz an und setzen die schweren Rucksäcke ab. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und wusste: Dies war eine Wanderung gewesen! Es liegt nicht an der Distanz, auch nicht an den Höhenmetern. Es ist das Ganze, was das Wandern ausmacht: das Vorbereiten, Einpacken, Anziehen, Losfahren, Loslaufen, Orientieren, das Pausemachen, das Genießen. Eben ein Wandergefühl.
Streckendaten:
Startpunkt: Zámek Krásný Dvůr
Distanz: 5 km
Laufzeit: 1,5 h
Höhenmeter: 91 m
Wegpunkte: Panův templ, Obelisk, Gotický templ, Čínský pavilon
Anreise: mit dem Auto
WanderBloggerin JANA HEENEN:
Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.
Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!
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