Jahrhundertelang haben Menschen nach dem Ende der Welt gesucht. Unsere WanderBlog-Autorin Jana hat es auf einer ihrer Tschechientouren zufällig gefunden, und zwar bei Český Šternberk.

Jahrhundertelang haben Menschen nach dem Ende der Welt gesucht. Vergangenes Wochenende habe ich es durch Zufall gefunden: Es liegt mitten in Tschechien! Genauer bei Český Šternberk.

Burg Český Šternberk / Foto: privatDie Reise begann kurios: Am Bahnhof Pilsen schaute mich der Fahrkartenverkäufer amüsiert an und fragte mich, ob ich sicher sei: „Český Šternberk?“ Ich nickte bekräftigend. In Prag stieg eine Freundin hinzu, mit der ich die Wanderung zusammen angehen wollte. In Český Šternberk empfing uns eine mächtige Burg im winterlichen Sonnenlicht. Es war bereits Mittagszeit und der blaue Himmel strahlte uns an. Zügig erklommen wir den Burgberg. Von der dort ansässigen gräflichen Familie ließ sich niemand blicken. Alles lag wie im Winterschlaf. So zogen wir weiter.

Die Wanderung gestaltete sich dann jedoch unerwartet schwierig: Liegen gebliebener, angetauter und wieder eingefrorener Schnee verwandelte einen Teil der Strecke in eine einzige Rutschpartie. Wir kämpften uns deshalb abseits des Weges durch einen Dschungel aus dornigem Gestrüpp und alten Bäumen. Wir ließen uns aber nicht die Laune verderben und veranstalteten unser erstes Picknick der diesjährigen Wandersaison. Dort griffen uns wilde Bienen (im Februar!) an, die uns wohl um unseren Proviant beneideten. Die Natur schien aus dem Gleichgewicht geraten zu sein.

Weitere Überraschungen lauerten im kalten, dicht bewaldeten Tal bei Kolotoče. Wir fühlten uns von Bären verfolgt, denn es gab riesige Tierspuren im Schnee, die keinem Hund gehören konnten. Wilde Bäche sprudelten am Wanderweg entlang und wir glaubten im Sonnenlicht Krokodile im Wasser zu sehen. Schnell gingen wir weiter.

Nach einiger Zeit stießen wir auf das Dorf Drahňovice. Ein Einheimischer, der uns in Gummistiefeln im Matsch entgegenkam, betrachtete uns ungläubig und fragte: „Habt ihr euch verlaufen? Wisst ihr denn nicht: Hier ist das Ende der Welt!“ Meine Freundin und ich schauten uns verblüfft an und gingen lachend weiter. Das Ende der Welt? Hier in dieser schönen Landschaft?

Kino am Ende der Welt? / Foto: privatDoch als der Mann an uns vorbei war, waren wir aus dem Örtchen auch schon wieder heraus. Es war so klein, dass man es in wenigen Schritten durchqueren konnte. Wir kehrten zurück und setzten uns auf eine Bank, um das „Ende der Welt“ genauer betrachten zu können. Dabei stellten wir fest, dass wir uns genau vor das Feuerwehrhaus gesetzt hatten – mit angrenzendem Feuerwehrmuseum! Man muss nicht einmal hineingehen, sondern kann in einem Schaufenster die ausgestellten Gegenstände betrachten.

Schließlich gingen wir im schwindenden Sonnenlicht weiter, verfolgt von unsichtbaren Augen hinter den Fenstern von Drahňovice. Wütend bellende Hunde unterstrichen, dass wir hier nichts zu suchen hatten. Wir kehrten zurück nach Český Šternberk und stießen wieder auf eine weitere Kuriosität: ein sehr kleines Kino, dass im Sommer wieder Filme zeigt. Ich wage zu behaupten, dass es sich hier um das kleinste Kino der Welt handelt.

Insgesamt hatten mich an diesem Tag sechs verschiedene Schaffner kontrolliert und ich wusste, wir hatten heute tatsächlich eine erfolgreiche Expedition geschafft!

Streckendaten:

Distanz: 12 km

Laufzeit: 3,5 h

Höhenmeter: 300

Ausgangspunkt: Český Šternberk, Rundweg


WanderBloggerin Jana Heenen / Foto: privatWanderBloggerin JANA HEENEN:

Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.

Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!


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