Drei Figuren der Heiligen Stiege sind wieder aufgetaucht. Inzwischen haben sie das eindrucksvolle Ensemble im Loreta-Komplex vervollständigt.
Manchmal lohnt es sich, in bestimmte Ecken gründlicher zu schauen. Das kann Klara Mágrová bestätigen, die Kulturmanagerin des Barockensembles Loreta in Rumburg (Rumburk). „Ich arbeite schon 13 Jahre hier und dachte, ich kenne alles“, meinte sie, um im gleichen Atemzug ihren Irrtum einzuräumen. Mitte Juli fand sie nämlich in einem Schrank drei bisher verloren geglaubte Holzfiguren.
Sie gehören zu der Heiligen Stiege, eine farbenfrohe Installation, die an eine Theaterkulisse erinnert. Eine steile, breite Treppe wird von Figuren spottender Juden flankiert. Die Treppe symbolisiert den Aufgang des Palastes von Pilatus, den einst Jesus gegangen war, um sein Todesurteil zu empfangen. Bislang war Mágrová davon ausgegangen, dass einige Figuren um 1900 an einen Antiquitätenhändler verkauft wurden. Das wusste sie aus alten Aufzeichnungen. Seit Mitte Juli ist alles anders. „Wir suchten eigentlich etwas anderes und stießen dabei auf die sehr gut erhaltenen Figuren zweier Händler und eines Hohenpriesters“, erzählt Mágrová. Wie alle anderen stammen sie aus den Jahren 1767 bis 1771. Offenbar war es am Ende doch nicht zum Verkauf gekommen. Die Pfarrei hatte ursprünglich die Anfertigung von Kopien geplant. Das ist nun nicht mehr nötig. Die drei Figuren sind Mitte September an ihren Platz an der Heiligen Stiege zurückgekehrt und können seitdem besichtigt werden.
Auslöser für den Fund waren Restaurierungsarbeiten an vier weiteren Figuren. Diese römischen Soldaten sind frisch restauriert Mitte Juli an ihren Platz am Fuße der Treppe zurückgekehrt. Die Restaurierung wurde aus Spenden deutscher Privatpersonen, Mitteln der Stadt Rumburg und des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds finanziert.
Dem spektakulären Fund war bereits eine unerwartete Entdeckung vor zwei Jahren vorausgegangen. Damals fand Mágrová im Zentralarchiv des Denkmalamtes bisher unbekannte Fotos. Sie stammten aus der Zeit um 1900 und gaben Aufschluss darüber, dass es noch mindestens eine Figur mehr gab, als die jetzt gefundenen. Von ihr soll nun eine Kopie hergestellt werden. Das wird aber erst im nächsten Jahr passieren. So lange müssen Besucher aber nicht warten, um die nun gefundenen Figuren besichtigen zu können. Sie werden bis Herbst restauriert.
Mit der Kopie im kommenden Jahr werden insgesamt 17 Figuren an der Heiligen Stiege stehen. „Wir wissen, dass es noch mehr waren, kennen aber nicht ihr Aussehen“, sagt Klara Mágrová. Die Figuren der spottenden Juden waren nicht unumstritten. Es gab mehrere Versuche, sie zu beseitigen. Bereits der aufgeklärte Kaiser Joseph II. ging gegen sie vor. Vorübergehend entfernt werden mussten sie aber erst um 1900 angeblich auf Druck von Protestanten aus dem nahen Sachsen. Also genau in der Zeit, in der auch ein Teil der Figuren abgegeben wurde bzw. in dem eingangs beschriebenen Schrank verschwand. Ab 1930 kehrten die verbliebenen Figuren nach und nach an ihren Platz zurück.
Die Heilige Stiege gehört neben der Heiligen Hütte (Loreta) und dem reich verzierten Kreuzgang zu den größten Attraktionen in dem Komplex, der Schritt für Schritt restauriert wird. 2018 wurde die Anlage von fast 15000 Menschen besucht. Geöffnet ist das ganze Jahr immer dienstags bis samstags.
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