„Sie sind ein Gedicht“, sagt einer der Besucher am Abend des 19. Juli zu Friedrich Brandl. Der Oberpfälzer Lyriker hatte gerade im Prager Literaturhaus deutschsprachiger Autoren aus einigen seiner Gedichtbände gelesen, unter anderem auch aus seinem im April erschienenen Gedichtband „inmitten meiner grünen insel“ (Edition Lichtung).
Den 70. Geburtstag vor wenigen Wochen sieht man dem Autor nicht an. Mit flinken Bewegungen öffnet er den ersten Gedichtband, blickt interessiert in die Runde und beginnt mit ruhiger, angenehmer Stimme zu lesen. Das Hauptmotiv in seinem neuen Werk: sein Garten in der Heimatstadt Amberg. Doch nicht nur sein eigener Garten beschäftigt ihn. Er weitet die Gärten aus auf Landschaften, Landschaften auf Städte, reduziert Städte wieder auf ihre Gassen und Gebäude. Auch zwei Gedichte über Prag trägt er vor.
Immer wieder blickt Friedrich Brandl zwischendurch zurück auf sein Leben. Oft kommt seine Faszination am „zu Fuß gehen“ zur Sprache. Sie ist ein Grund für seine Wanderungen auf der „Goldenen Straße“, der Route zwischen Prag und Nürnberg. Auf diesem Weg entstanden nicht nur Gedichte für seinen neuen Band. Auch einige vorgetragene Stücke aus „Granit“, einem Teil aus seiner Stein-Trilogie, drei Gedichtbände gewidmet den Gesteinen Granit, Schiefer und Kalk entstanden während der zurückgelegten Wanderungen.
Die Sprache in seinen Gedichten ist klar und gerade heraus, er betrachtet die Dinge fast nüchtern. Deutlich wird das in Gedichten wie „Blick von Oben“ einem Sonettkranz aus 15 Teilen. Hier wechselt er die Perspektive, betrachtet Städte und Landschaften von oben. Von diesen Sonettkränzen finden sich drei auch in „inmitten meiner grünen insel“. Diese schwierige Art von Gedicht war eine neue Erfahrung für den Lyriker. „Es war ein Sonettkranz von Jan Wagner, der mich inspiriert hat, doch selbst einen zu schreiben.“, erklärt er den Zuhörern. „Es war eine Herausforderung, doch ich habe selbst in der fest vorbestimmten Form des Gedichts noch alle Freiheit für meine dichterische Fantasie gefunden.“
Während der Veranstaltung philosophiert Friedrich Brandl darüber, wo und ob es in der heutigen Zeit überhaupt noch Platz für Gedichte gibt. Nur im Privaten, im eigenen Garten? In der Schule? Oder auf langen Wanderungen durch die Natur? Einen Ort hat er gefunden: das Prager Literaturhaus.
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