Der große Gewinner der Verleihung des Böhmischen Löwens (Český lev) am Samstagabend war der Film über den Langstreckenläufer Emil Zátopek. Doch auch dieser Abend stand vor allem unter dem Zeichen der russischen Invasion in der Ukraine.
Die Verleihung des tschechischen Filmpreises „Český lev“ war geprägt von den Farben gelb und blau. Die Bühne war blau-gelb geschmückt und die Reden, die auf ihr gehalten wurden, warfen das Scheinwerferlicht auf den Krieg in der Ukraine. Die meisten Preise hingegen gewann wie erwartet der Film Zátopek, der im vergangenen Jahr die Herzen der tschechischen Kinogänger eroberte.
Spenden und Solidaritätsbekundungen für die Ukraine
Die Organisatoren der Preisverleihung setzten alles daran, mit der Veranstaltung ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen. Neben der Gestaltung des Raumes in den Farben der ukrainischen Flagge halfen sie auch materiell und pragmatisch den Opfern der russischen Invasion. So verzichteten die Veranstalter auf das traditionelle Bankett zu Beginn der Zeremonie, um das eingesparte Geld zu spenden. Zudem wurden an diesem Abend 5,6 Millionen Kronen (rund 217.000 Euro) für die Ukraine und die Hilfsorganisation „Mensch in Not“ (Člověk v tísni) gesammelt.
Auch in den Reden kam die Solidarität mit dem Nachbarland der Slowakei zum Ausdruck. „Ich habe den Zweiten Weltkrieg und die russische Besatzung miterlebt, daher weiß ich, was Freiheit ist. Aber selbst im Traum konnte ich mir nicht vorstellen, dass nach der Revolution von 1989 die Freiheit oder Zukunft meiner Kinder und Enkelkinder noch gefährdet sein könnte“, erklärte der Toningenieur Jan Švankmajer.
Zátopek gewinnt acht Löwen
Der unbestrittene Gewinner des Abends ist allerdings der Film Zátopek. Dieser feierte seine Premiere bei dem Internationalen Filmfestival Karlovy Vary (Karlsbad) und war 2021 der wohl bekannteste tschechische Film 2021. Dabei handelt es sich um einen biografischen Film über den wahrscheinlich berühmtesten tschechoslowakischen Athleten. Der Langstreckenläufer Emil Zátopek (1922-2000) gewann bei den Olympischen Spielen in London (1948) und Helsinki (1952) Gold- und Silbermedaillen und stellte während seiner Laufbahn 18 Welt-, 3 olympische und 51 nationale Rekorde auf.
In dem Film des Regisseurs David Ondříček übernahm der Schauspieler Václav Neužil die Rolle des Spitzensportlers. Mit ihrem Werk überzeugten sie nicht nur das tschechische Kino-Publikum, sondern auch die Jury des Böhmischen Löwens. Sie gewannen die Preise für den besten Film, die beste Regie, den besten Schauspieler mit Václav Neužil, Kamera, Ton, Schnitt, Masken und Szenografie. Damit räumte der Film ganze acht Preise ab. Überraschend war hingegen, dass die Schauspielerin Martha Issová keinen Preis für ihre Verkörperung der Ehefrau von Emil Zátopek, Dana Zátopková, erhielt. Dana Zátopková war selbst Spitzensportlerin und gewann olympisches Gold im Speerwurf.
Drei Preise hingegen gewann ein Film, der von überraschender Aktualität ist. Das Werk „Okupace“ (Okkupation) wurde für seine Schauspielerin Antonia Formanová, die Drehbuchautoren Vojtěch Mašek und Marek Šindelka sowie die Musik von La Petite Sonja und Hank Mancini ausgezeichnet. Der Film spielt in der sowjetisch besetzten Tschechoslowakei nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. Im Fokus der Handlung steht der Konflikt eines sowjetischen Offiziers mit einer Theatergruppe, die in einer Bar ihre Premiere feiert und unerwartet zum Freiheitskämpfer gegen die sowjetische Besatzung wird. Ein Motiv, das mit der Invasion der Ukraine von erschreckender Aktualität ist.
Den Preis als bester Kurz- und Studentenfilm gewann das dreizehnminütige Werk „Dear Dad“, eine Abschlussarbeit der Studentin Diana Cam Van Nguyen. Ein persönlicher und poetischer Film über die gegenseitige Entfremdung und zugleich ein Liebes- und Trauerbekenntnis an den Vater.