Der Tourismus in Prag läuft langsam wieder an. Allerdings bewegen sich die meisten Touristen bei ihrem Prag-Besuch kaum aus dem historischen Zentrum der tschechischen Hauptstadt hinaus. Unsere LandesBloggerin wagte dagegen einen Spaziergang durch ein Dorf in Prag 6, das abseits der touristischen Pfade liegt.
Prag 6 ist ein Stadtbezirk der tschechischen Hauptstadt mit knapp 120 000 Einwohnern, der sich am nordwestlichen Rand der Stadt befindet und bis in das historische Zentrum Prags hineinreicht. Der Großteil der Touristen kennt den Bezirk durch den Václav-Havel-Flughafen oder das viel besuchte Strahov-Kloster (Strahovský Klášter).
In den schmalen Gassen in Střešovičky kann man sich leicht verlaufen. Foto: Stephanie Bergwinkl
Dass Prag 6 vielmehr zu bieten hat, bleibt vielen Reisenden verborgen. Schon wenige hundert Meter vom Strahov-Kloster entfernt, wo man auch in der jetzigen Zeit einigen Touristen begegnet, taucht man völlig in die Welt der Einheimischen ein. Als ich an einem Samstagnachmittag die schmalen Gassen und angelegten Naturparks mit Fischteichen passiere, kommen mir die Straßen fast wie ausgestorben vor.
Ein Dorf in der Großstadt
Durch die sozialistische Wohnungspolitik in Prag ab den 1970er Jahren gab es immer wieder ruckartige Entwicklungen in der Stadtbebauung, die sich oftmals nicht organisch herausbildeten. Neue Stadtviertel wurden außerhalb der bisherigen Peripherie gebaut, weswegen heute ehemalige Randbezirke mitten im Stadtgebiet liegen. Es gab immer wieder Initiativen, die verhinderten, dass alte Dorfkerne zerstört wurden. Aus diesem Grund ist ein spezifischer Altbestand erhalten geblieben, den es so kaum in einer anderen europäischen Großstadt mehr gibt.
Die alten Häuser sind detailverliebt dekoriert und in Pastelfarben gestrichen. Foto: Stephanie Bergwinkl
Nachdem ich an einem Aussichtspunkt vorbeigekommen bin, der von wilden Blumen gesäumt ist, und den Blick auf viele Hochhäuser freigibt, betrete ich das Dorf Střešovičky. Ich gehe durch schmale Gassen, die liebevoll mit allerlei selbstgemachten Keramikfiguren und Windspielen dekoriert sind. Im Dorf sieht man alte, schmale Häuser in pastellrosa und gelbem Anstrich genauso wie wilde Natur, durch die man sich erst einmal den Weg bahnen muss. Man geht quasi um die Ecke und gelangt von der Hauptstraße ins Dorf. Und das Beste: Im Normalfall ist man ganz alleine und teilt sich den Anblick nicht mit einer Touristenschar.
Organisierte Stadtführung „Von Dorf zu Dorf“
Wer sich die Dörfer und geschichtlichen Ereignisse im Einzelnen erklären lassen will, der kann die individuelle Stadttour „Von Dorf zu Dorf“ von Günter Krumpak durch die verwinkelten Gassen wahrnehmen. Der gebürtige Wiener lebt seit mehr als zehn Jahren in Prag und ist freier Historiker und Stadtführer. Getreu seinem Motto „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten“, hat er sich sein geschichtliches Wissen größtenteils im Selbststudium angeeignet. Er führt die Touren ab zwei Personen durch, wobei ihm kleine Gruppen wichtig sind, da er mit seinen Führungen ein Gegenpol zum Massentourismus bilden möchte. Mehr Informationen zum genauen Programm und Terminen finden Sie hier.