Mit Mühe in die Mittelgruppe gerettet, punktgleich mit zwei Verfolgern – und trotzdem nicht abgestiegen. Ein Rückblick auf eine Saison bei den Bohemians 1905, die mehr durch Rechenspiele als durch Glanzleistungen auffiel.

Die Saison 24/25 war für uns eine entspannte Saison. Nach Abschluss der regulären Serie am 19. April stand fest, dass wir es mit Ach und Krach in die Mittelgruppe geschafft hatten. Wir wurden Zehnter! Punktgleich verwiesen wir die reichen Jungbunzlauer mit dem Škodageld im Rücken auf Platz 11: Denn zum Glück entscheidet in Böhmen nicht das Torverhältnis, wo wir traditionell schlecht abschneiden, dieses Jahr -10, sondern die direkte Begegnung. Und da lagen wir zum Glück vorn! Einem unterhaltsamen 2:2 im Herbst im Ďolíček folgte am 16. März der überraschende Auswärtssieg am 26. Spieltag. Es sollte der letzte Sieg der regulären Saison sein! Wie schon häufig ging der Bohemka zum Schluss die Puste aus. Eigentlich unfair, dass der Fußballgott uns für diese doch eher schwache Leistung mit der Mittelgruppe belohnte! Denn auch der Tabellenzwölfte, der FK Teplice, hatte 34 Punkte, genau so viel (bzw. wenig) wie wir. Bei einem Torverhältnis von -10 (genau wie wir) und auch exakt 32:42 Toren (genau wie wir) wäre es auch eng geworden. Aber auch in Teplitz (Teplice) landeten wir ja einen sehr schönen Auswärtssieg, daheim dann ein eher klägliches 1:1 – aber wir hatten die Nase vorn. Das Torverhältnis der Jungbunzlauer war sogar ausgeglichen, also 10 Tore besser als wir!

Foto: https://bohemians.cz/

Schwache Konkurrenz am Tabellenende

Woran liegt das? Zum einen konnten wir wirklich sehr entspannt zuschauen, weil der sichere Absteiger schon früh feststand. Ich kann mich nicht erinnern, ob es in Böhmen jemals eine schwächere Punktausbeute als die sehr mageren fünf Pünktchen der Budweiser Dynamos gab. Sie konnten nicht einen Sieg bejubeln. Auch die Abstiegsgruppe (11. bis 16.) macht da nichts mehr spannend. Im Gegenteil: Denn mit Dukla Prag und dem FC Pardubitz folgen mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit die beiden Teilnehmer an der Relegation, also den Ausscheidungsspielen gegen den 2. und 3. der „Národní Liga“, wie die 2. Tschechische Liga so hübsch heißt.

Zweitligisten mit großen Ambitionen

Auch diese verdient eine kurze Betrachtung: Auf den begehrten Plätzen 2 und 3 stehen derzeit, das heißt nach 25 von 30 Spieltagen, der MFK Chrudim und der MFK Vyškov. Beides Kleinstädte mit nicht erstligatauglichen Stadien, die eher besseren Sportplätzen gleichen, als echten Stadien. Ambitionierter Verfolger ist auf Platz 4 die Traditionsmannschaft des FK Žižkov mit dem sehr schönen Stadion hinter dem Prager Hauptbahnhof. Und der unglaublich sympathischen Anstoßzeit am Sonntag um 10:15 Uhr. Da kann also noch etwas passieren. Vyškov, im Mährischen gelegen, hat ca. 20 000 Einwohner! Chrudim hat 23 000, liegt bei Pardubitz (Pardubice). Als sicher darf aber gelten, dass der FC Zlin nächstes Jahr wieder in der ersten Liga spielt. Er führt die Tabelle der „Národní Liga“ souverän an.

Mittelgruppe: Zwischen Hoffnung und Rechenschieber

Aus dieser Gemengelage am Tabellenende der Gambrinus-Fortuna-Chance Liga geht hervor, dass es also auch ziemlich egal gewesen wäre, wenn die Bohemka auf Platz 11 in der Abstiegsgruppe gelandet wäre. Denn von wirklicher Gefahr waren wir immer weit entfernt. Statt vier hätte es dann noch fünf Spiele gegeben. Denn was bedeutet konkret die Mittelgruppe? Die Mannschaften auf den Rängen 7 bis 10 spielen in zwei Paarungen, immer 7. gegen 10. und 8. gegen 9. in Hin- und Rückspiel zwei Sieger aus, die dann eine Art kleines Finale austragen. Der Gesamtsieger hat dann noch die Chance, gegen den 4. oder 5. einen Platz für die Euro Conference League zu ergattern. Das wäre natürlich eine feine Sache! Ob 4. oder 5. hängt vom Ausgang des Pokalwettbewerbs ab.

Oben wird’s langweilig, unten bleibt die Hoffnung

Zwar ist es für den großen Saisonrückblick eigentlich noch zu früh, aber leider verspricht auch die Meistergruppe der ersten sechs keinerlei echte Spannung mehr. Slavia hat in dieser Saison so souverän gespielt, dass ihnen der Meistertitel kaum mehr zu nehmen ist. Sehr schwach präsentierte sich Sparta, die derzeit nur auf Platz vier dümpeln, weit unter dem eigenen Anspruch. Die Elf der Saison ist Baník Ostrava, derzeit Dritter. Aber auch die Zweitplatzierten Pilsner können Slavia nicht mehr wirklich gefährlich werden. Es geht eigentlich nur noch um die Verteilung der Europapokalstartplätze. Denn das sind die wahren Fleischtöpfe, gerade in kleineren Ligen wie der tschechischen.

Ein letzter Strohhalm: Europa ruft ganz leise

Für die Bohemka besteht also noch eine klitzekleine Hoffnung auf Europa. Am 4. und 10. Mai haben wir die Chance, in zwei Matches gegen Slovan Liberec, den Tabellensiebten, zu siegen. Dann würden wir gegen den Gewinner der Paarung Olmütz gegen Karviná spielen. Wenn wir das auch noch gewönnen, hätten wir das Entscheidungsspiel um die Europapokalteilnahme erreicht. Nach den zuletzt gezeigten Leistungen ist das zwar ein surreal anmutendes Szenario, aber das Schöne, wenn nicht gar das Wesen des Fußballs ist ja die Überraschung! Das Unvorhersehbare! Der Favoritensturz! David gegen Goliath! Aber ich schweife schon wieder ab…

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 5/2025

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